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Friesenschnee

Friesenschnee

Titel: Friesenschnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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gemeldet, aber ich bin belehrt worden, dass Saufen auf der Insel unter Volljährigen an sich nicht verboten sei, und solange die Schifffahrt nicht behindert wird, auch das offene Feuer nicht. Im Übrigen scheint es bei den Insulanern Tradition zu sein, auf alten Kultstätten einen zu heben. Vermutlich waren die Polizisten früher selbst bei diversen Saufgelagen dabei.«
    Stutzig fragte Stuhr nach. »Aber dein Haus ist doch keine Kultstätte, oder?«
    Angelikas Lachen klang bitter. »Nein, natürlich nicht, aber der Architekt hat leider bei der Gründung des Hauses übersehen, dass eine Ecke ein wenig den Rand eines der heidnischen Hügelgräber nebenan überdeckt. Kennst du nicht die Sage von Tribergen?«
    »Muss man die denn kennen?«
    »Ich glaube, normalerweise nicht. Sie ist schnell erzählt: Unter den drei Hügelgräbern sollen der Sage nach diebische Zwerge gewohnt haben, die ein tumber Bauernsohn allesamt nach der Einnahme von Zaubertropfen mit einem magischen Schwert erschlagen hat. Mit einem der prächtigen Rappen, die er bei den Zwergen fand, siegte er bei einem Ringreiterfest des dänischen Königs und bekam einen Pferdehof geschenkt. Neuerdings scheint das Reiterfest hier alle zwei Wochen stattzufinden.«
     
    Jetzt hatte Stuhr sie endlich verstanden. »Du meinst, die Halbstarken spielen das Ringreiterfest nach und wollen dich ärgern, weil dein Haus eines der alten Gräber kratzt?«
    Angelika nickte. »Sieht ganz so aus. Kannst du nicht wenigstens einmal mit dem Knüppel vor die Tür gehen? Ich glaube, dann hat der Spuk schnell ein Ende.«
    Warum nicht, dachte sich Stuhr. Wenn er die Jugendlichen vertrieben hatte, dann gab es keinen Grund mehr, sich anschließend nicht aus dem Staub zu machen. So nickte er zustimmend und machte sich auf die Suche nach seinen Klamotten, die verstreut im Zimmer lagen. Angezogen schlich er müde die Treppe hinunter und tastete sich im Dunkeln zum Kamin. Er bewaffnete sich mit einem mächtigen Knüppel.
    Als er aus der Tür schritt, erfasste ihn sofort die sensorgesteuerte Beleuchtung des Hauseingangs. Er wollte kurzen Prozess machen, und so richtete er sich auf und erhob schlicht die Faust. »Kommt, Jungs, macht einen Abtanz. Es gibt hier welche, die schlafen müssen. Die Insel ist schließlich groß genug für alle.«
     
    Trotz ihrer wilden Tanzgebärden hatten die Jugendlichen mitbekommen, dass sie offenbar störten. Obwohl sie anfänglich laut zurückpöbelten, schütteten sie schnell Sand auf das Feuer und zogen murrend ab. Als Stuhr die Tür wieder schloss, bemerkte er, dass Angelika ihm ins Erdgeschoss gefolgt war.
    »Die Halbstarken sind abgezogen. Du brauchst einen Mann, Angelika.«
    Sie schüttelte energisch den Kopf. »Falsch, Helge. Laura braucht einen Vater. So einfach ist das.« Angelika rückte näher und versuchte, sich wieder an ihn anzuschmiegen, aber Stuhr wehrte ihr Begehren ab. »Die Verrückten sind weg, du musst keine Angst mehr haben. Ich muss jedenfalls los. Ich habe noch einige Dinge zu erledigen.«
    Angelika blickte ihn durchdringend an. »Du kommst doch wieder, Helge? Nicht nur zur Unterschrift.«
    Stuhr wandte sich ab. »Ich brauche ein wenig Zeit zum Nachdenken, Angelika. Lass mir Luft, du kennst mich doch.« Die aufkommenden Tränen in ihren Augen verrieten ihm, dass sie eine andere Antwort erhofft hatte, aber er musste unbedingt heraus aus ihrem Bann. Flüchtig küsste er sie auf die Wange und verließ eilig das Haus.
     
    Sein alter, schäbiger Golf, der vor dem Steinwall parkte, kam ihm im Kontrast zu Angelikas durchgestyltem Domizil wie eine vertraute Heimstatt vor. Als er den Wagen aufschließen wollte, kam der ihm irgendwie flacher als sonst vor. Vermutlich lag das jedoch nur an seinen wackeligen Knien, denn der Motor startete tadellos. Allerdings konnte er sich nicht entsinnen, dass der Weg auf der Hinfahrt so uneben war, denn er musste heftig gegenlenken, obwohl die Straße vor Angelikas Haus schnurgerade verlief.
    Im Rückspiegel bemerkte er, dass ihm Angelika bis zur Steinmauer nachgelaufen war und heftig winkte. Er wollte nur noch weg.
    Er musste jetzt den Motor quälen, damit er überhaupt noch vorwärts kam. Stuhr vermutete, dass sich irgendetwas unter dem Fahrzeug verfangen haben musste. So hielt er wieder an, und es war ungewohnt beschwerlich, den Wagen zu verlassen. Dann bemerkte er die Bescherung: Die Halbstarken hatten ihm offensichtlich einen Reifen zerstochen. Nach der Umrundung des Fahrzeugs musste er konstatieren, dass

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