Friesenschnee
einzufordern.
Die lieferte Pimmel postwendend nach. »Tja, Olli, ansonsten wirst du kaum noch ein Bad im Ganges nehmen können.«
Ein Bad im Ganges? Olli verstand die Anspielung nicht, und so fragte er vorsichtig nach. »Wozu soll ein Bad im Ganges für mich denn nützlich sein?«
Die Antwort klang vieldeutig. »Das kennst du nicht? Ein Bad im Ganges soll von Sünden reinigen, zumindest für die Inder.«
Das Rülpsen am Telefon verriet Olli, dass Immel sich inzwischen ein Konterbier eingetrichtert haben musste.
Arglos fragte Olli nach. »Ja, und? Sünde, das klingt doch nach Mittelalter. Wer ist schon frei von Sünde? Da kann ein Bad im Ganges doch kaum schaden.« Seine Hoffnung auf eine mildere Stimmung dieses Typen erfüllte sich jedoch nicht.
»Vermutlich. Für dich gilt das allerdings nicht, Olli. Wenn ich erfahre, dass du auch nur in irgendeiner Form für jemanden anderen arbeitest oder mit den Bullen verstrickt bist, dann werden höchstens noch deine Eier den Ganges erreichen, allerdings von mir höchstpersönlich von einem Silbertablett in den Fluss geschabt.«
Da Olli dazu keine passende Antwort einfiel, versuchte er, das Gespräch in seichtere Gewässer zu ziehen. »He, Patrick. Wem kann man im Leben denn schon vertrauen? Den verkackten Typen im Sozialamt, deinem gierigen Banker oder etwa einem der aufgetakelten Hühner, mit der du gestern in die Kiste gestiegen bist?«
Die Antwort von Pimmel war verblüffend. »Wieso nur eins der Hühner? Was meinst du denn, warum ich so kaputt bin?«
Olli durfte sich nicht aus der Fassung bringen lassen und musste seine Linie beibehalten. »Das ist doch alles Megascheiße, Patrick. Der Robert hat dir vertraut, und du ihm. Ihr habt euch gut gekannt, das war die Basis. Jetzt bietet Robert sozusagen posthum mich als Ersatz an. Warum sollte ich dich leimen? Meinst du denn, ich kann keine Knete gebrauchen?«
Die folgende Pause unterschied sich in der Bedrohlichkeit kaum von der vorherigen. Die knarrende Stimme erlöste ihn schließlich. »Dein Auftritt bei Lollo hat für Irritationen gesorgt, die ich bei meinen Geschäften nicht gebrauchen kann, Olli. Es ist eben alles keine Lustveranstaltung bei uns, aber das wird dir Robert ja auch schon berichtet haben.«
»Robert hat mich gebeten, Lollo aufzusuchen.«
Jetzt begann Immel, ihn zu beschwichtigen. »Ja, ich weiß. Lollo ist manchmal ein wenig zu dünnhäutig. Nichts für ungut. Ich habe vielleicht einen Job für dich. Halte dir morgen den Tag frei. Wir sehen uns nachher, da können wir uns jetzt das weitere Gesabbel am Rohr ersparen.« Mit diesen Worten würgte Immel grußlos das Gespräch ab.
Das war schon starker Tobak. Viel Zeit, darüber nachzudenken, hatte Olli jedoch nicht, denn wieder klingelte das Telefon. Es war Kommissar Hansen. Wollte der ihn etwa nochmals belämmern?
Nein, jetzt reichte es ihm. Um nichts in der Welt würde er sich heute Abend freiwillig in die Erika-Stuben begeben. Mit dem Bombenleger musste er keine Bekanntschaft schließen, und wer wusste schon, welche von Immels Leuten dort noch abhingen und ihm womöglich auflauerten?
Nein, im Gegenteil, er würde versuchen, sich elegant aus der Nummer herauszuziehen. Richtig. Sollten doch Hansen und Stuhr weiterhin ihr Glück versuchen. Olli beschloss, die Angelegenheit ganz einfach bei sich zu Hause auszusitzen und steif und fest zu behaupten, Patrick Immel nicht getroffen zu haben. Entschlossen stand er auf und schloss die Vorhänge. Dann sicherte er die Wohnungstür durch das bisher noch nie genutzte Kettenschloss und ein zweifaches Schlüsselumdrehen.
Der kurze Blick in den Kühlschrank verriet ihm, dass der Biervorrat für den heutigen Abend auskömmlich war. Er öffnete gleich eine der Flaschen und kehrte erleichtert in seinen Wohnbereich zurück, um seine kleine, heile Welt wohlwollend zur Kenntnis zu nehmen. Schnell schaltete er sein Telefon aus und nahm die glücklicherweise unversehrte Fernbedienung in die Hand, um die Flachglotze anzuschalten: Fußball, Handball, Motorsport. Er würde sich in den nächsten Stunden lustvoll durch alle Sportkanäle zappen.
Mit dem Patrick Immel würde er sich jedenfalls nicht anlegen. Der war ihm ein Kaliber zu groß.
Halbstark
Unsanft wurde Stuhr von unruhig trippelnden Schritten hochgeschreckt. Obwohl er noch etwas benommen war, wurde ihm bald klar, dass es sich nicht um Jenny handeln konnte. Aus seinen müden Augen konnte er zunächst nur mühsam eine Silhouette ausmachen, die sich
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