Friesenschnee
fragten vorhin nach meiner Leiche im Keller? Nun, wegen der Länderhoheit und der langwierigen Formalien habe ich sozusagen polizeiprivat die Ermittlungen etwas beschleunigt und lasse einen jungen Mann in Hamburg vor Ort ermitteln.«
»Polizeiprivat?« Fingerloos ließ das Wort genüsslich auf der Zunge zergehen, bevor er nachhakte. »Schließt das eine das andere nicht aus?«
Kommissar Hansen bemühte sich, dem zweifelnden Spurenermittler Paroli zu bieten. »Mensch, Fingerloos. Ich habe doch nichts anderes getan, als einen guten Bekannten zu bitten, die Lage bei dem Hamburger Künstlervölkchen zu ergründen, bevor die ungeölte Hamburger Polizeimaschinerie anläuft. Gut, das mag der nicht sonderlich geschickt angestellt haben, weil die Theatergruppe sich in der Folge bespitzelt gefühlt hat. Die verängstigten Hungerkünstler vom darstellenden Gewerbe haben daraufhin ihre Kollegen von der Schwarzen Kunst in Kiel entdeckt, und nun haben wir den Salat. Was soll denn ausgerechnet ich dabei verkehrt gemacht haben?«
»Vielleicht, dass Sie einer Privatperson einen Auftrag erteilt haben.«
Kommissar Hansen erschien es zweckmäßiger, sein Handy zum Leben zu erwecken, als auf die Einlassung von Fingerloos einzugehen oder noch mehr von dem Gespräch mit der Bester preiszugeben.
Fingerloos orderte zwei weitere Biere. »Hansen, Sie haben vorhin gesagt, dass Sie mich kaum kennen. Stimmt sicherlich, aber Sie halten auch mit der Wahrheit hinter dem Berg. Was hat die Bester denn noch gesagt?«
Hansen vertiefte sich in die Fummelei an seinem Handy und antwortete zunächst nicht.
Fingerloos nippelte am Bier, bevor er nachsetzte. »Unter uns, Hansen. Ich denke, dass ihr Kommissare es eigentlich besser habt. Ihr könnt in aller Ruhe vor Ort mehr oder weniger tun und lassen, was ihr wollt. Rätselhafte Leichen schiebt ihr einfach zur Gerichtsmedizin ab. Wir dagegen müssen bei Wind und Wetter zwischen Unrat und Hundescheiße nach irgendwelchen Fitzelchen suchen. Die Stecknadel im Heuhaufen, die müssen wir finden. Glauben Sie mir, da ist wenig Spaß drauf. Erzählen Sie mir, warum Sie wegen der Bester so alarmiert sind.«
Hansen entschloss sich, die Hosen herunterzulassen. »Petra Bester hat mir soeben offen angedroht, einen Keil zwischen mich und Magnussen zu treiben. Wenn ich nicht mit ihr paktiere, dann würde sie mich ins Visier nehmen, hat sie gedroht. Jeden aufgedeckten Schmutz wird sie letztendlich dazu benutzen, um Magnussen hochgehen zu lassen. Sie scheint keinerlei Probleme damit zu haben, mich als Königsmörder ans Kreuz zu nageln. Das meinte ich vorhin mit dem Nageln.«
Fingerloos teilte jetzt aus. »Tja, wenn man im Triumvirat von Magnussen die einarmige Geige neben einem stocklosen Trommler spielt, dann darf man sich nicht wundern, wenn man bald in die Mitte der Zielscheibe gerät, selbst unter den Kollegen.«
Natürlich war diese Aussage von Fingerloos erschreckend, zumal er mit hochgezogenen Augenbrauen eine Antwort einforderte. Sicherlich, Hansen hatte befürchtet, dass seine neuen, unerwartet guten Beziehungen zu Polizeidirektor Magnussen schnell das Geschwätz in der Direktion beleben würden, aber diese Geschwindigkeit war schon beeindruckend. Hansen versuchte, leidenschaftslos zu wirken, als er Fingerloos antwortete. »Sie spielen darauf an, dass mich Magnussen in seinen Beraterstab berufen hat?«
Fingerloos nickte. »Ja, sicher, und diese unheilige Allianz mit unserem Büroleiter Zeise, die hat die Kollegen noch mehr verstört. Zumal Zeise gerade, dem Flurfunk nach, eine Liaison mit dem Fräulein Schönerstedt haben soll, der Vorzimmerdame von Magnussen.« Fingerloos zwinkerte ihm zu.
Dass Zeise mit der Schönerstedt seit geraumer Zeit eine heftige Liaison nachgesagt wurde, war Hansen nicht entgangen, aber es interessierte ihn herzlich wenig. So versuchte Hansen, den Klatsch abzubiegen. »Schnack, schnack, schnack.«
Fingerloos wurde noch vertraulicher. »Unterschätzen Sie mir nicht das Fräulein Schönerstedt. Sie hat eine gute Figur. Ihr Spitzname ist übrigens Owi.«
»Owi?«
»Ja, Owi. Die Schönerstedt wirkt auf den ersten Blick vielleicht ein wenig schüchtern, aber Zeise ist absolut nicht der Erste in der Direktion, den sie mit ihren Fingern in Behandlung hatte. Immer, wenn sie ihr Ziel erreicht hatte, soll sie gerufen haben: ›Oh, wie schön er steht.‹ Deswegen Owi. Owi Schönerstedt.«
Hansen war baff. Dachten denn in der Polizeidirektion alle außer ihm nur an Sex? Vorsichtig
Weitere Kostenlose Bücher