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Friesenwut - Kriminalroman

Friesenwut - Kriminalroman

Titel: Friesenwut - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hardy Pundt
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Marsch, auf der
anderen die scheinbar unendliche Weite des Wattenmeeres. Händchen haltend
hielten sie immer wieder an, um sich zu küssen. Und obwohl sie das eine oder
andere Mal sagte, dass sie eigentlich nicht genau wisse, ob sie sich so stark
binden wolle, war er überzeugt gewesen, es habe nun gefunkt. Und zwar so
richtig. Das konnte nichts und niemand mehr auseinanderbringen.

     
    Sein Kopf meldete
sich wieder. Ab und zu dröhnte er geradezu. So war es ihm erst kürzlich
gegangen, an dem Abend, als dieser Unfall passierte. Was hatten sie bloß alles
getrunken? Rainer wusste es nicht mehr. Irgendwann, daran erinnerte er sich
dunkel, war der Bann gebrochen gewesen. Er traf noch ein paar Kumpel, es wurde
super Musik gespielt. Der DJ, selbst nicht mehr ganz jung, brachte die ganzen
Stücke von früher, Supertramp, Jethro Tull, Genesis, zuletzt sogar
In-a-gadda-da-vida von Iron Butterfly. Jeder schmiss einige Runden. Kurze waren
auch dabei gewesen. Rainer wurde fast schlecht. Er wusste, dass er Schnäpse
nicht vertrug. Nix dazugelernt, in Jahrzehnten! Schon als sie als Jugendliche
auf Partys dem ›Schweinetreiben‹ gefrönt hatten, einem vergleichsweise simplen
Würfelspiel, bei dem man bei bestimmten Zahlen, die von einem Mitspieler vor
dem Würfeln bestimmt wurden, einen Kurzen trinken musste, wenn sie tatsächlich
kamen, hatte er oft zu spät aufgehört. Mit entsprechenden Folgen. Und diesmal
hatte er sich erneut total fertig ins Auto gesetzt. Richtig bescheuert. Sie
würden ihn früher oder später auf irgendeinem gottverlassenen Weg in der
Krummhörn doch schnappen. ›Herr Manninga, haben Sie Alkohol getrunken? Pusten
Sie mal, bitte. Oder sollen wir Sie gleich zur Blutprobe mitnehmen?‹ So würde
es kommen. Doch dieses Mal war es noch einmal gut gegangen … Er erinnerte sich
bruchstückhaft an die nächtliche Fahrt. Dieses Arschloch, das ihn plötzlich
überholte, ja, den Wagen kannte er nur zu gut. Den hatte er ein bisschen gejagt
… Dann war er schließlich in den kleinen Feldweg nach Hause abgebogen. Von
hinten ins Dorf sozusagen. Ob der andere wusste, wer hinter ihm war? Dass es
Rainer Manninga war, sein größter Konkurrent, sein Feind? Wohl kaum. Und
›Feind‹, das war etwas übertrieben. Gegner – das war sicher – und
kein Freund. Rainer hatte noch die Bremsleuchten gesehen, als der andere, von
ihm ein bisschen gehetzt, an der Kreuzung scharf bremsen musste, um dann nach
rechts abzubiegen, auf die Landstraße nach Pewsum …
    Oder war er doch
weitergefahren, hinter dem anderen her? Wenn er nur nicht so besoffen gewesen
wäre. Nein, der Dreck an seinem Wagen ließ darauf schließen, dass er über den
Schleichweg gekommen war. Wie schon so oft, wenn er wusste, dass er zu viel
getrunken hatte, um noch zu fahren. Und am Hof von Marten Sommer, hatte er dort
nicht angehalten? Sein Bekannter war immer für einen Schlummertrunk gut, selbst
wenn er schon pennen sollte. Lebte allein auf seinem Hof. Rainer konnte sich an
nichts mehr richtig erinnern. Allenfalls an Bruchstücke.

     
    Dann dachte er wieder
an seine große Liebe. Wie hatte sie ihm nur den Laufpass geben können? Was
hatte er falsch gemacht? Wieso hatte sie sich diesem anderen, diesem
schleimigen Typ, an den Hals geworfen?

     
    Als er im Dorfkrug
vor längerer Zeit mal wieder seinen Kumpels erzählte, dass es aus sei zwischen
ihm und ihr, klopften sie ihm auf die Schultern.
    »Ach, Frauensleut …, lass dich
nicht kaputt machen von der!«, machten sie ihm Mut. »Wenn die nun mal mit
diesem wichtigtuerischen Bankmenschen zusammen sein will, dann lass’ sie, da
machste nix gegen. Vielleicht checkt sie es irgendwann und kehrt reumütig
zurück. Der ist für dich kein Gegner!«
    ›Eben doch‹, hatte Rainer gedacht.

     
    Das alles trug bei
Rainer nur dazu bei, noch mehr zu trinken. Der Gedanke daran, dass sie nun mit
Alex Aldenhoff zusammen war, schien schier unerträglich. Am Deich hatte er mit
ihr gesessen, die sinkende Abendsonne im Blick, die das Wattenmeer in eine sich
leicht bewegende, orangerot-golden-türkisgrüne Farbkulisse verwandelte. Wie kleine
Kinder versprachen sie sich die ewige Liebe. Aber das hatten schon viele vor
ihnen getan. Und wie bei so vielen vor ihnen, war die Ewigkeit mit einer klaren
zeitlichen Begrenzung versehen gewesen. Versprechen hin, Versprechen her.
    »Freya«, flüsterte er, und seine
Schläfen pochten umso stärker. Obwohl er mutterseelenallein in seiner Wohnung
saß, wiederholte er laut: »Freya!«

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