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Frikassee zum Frühstück (ISAR 2066) (German Edition)

Frikassee zum Frühstück (ISAR 2066) (German Edition)

Titel: Frikassee zum Frühstück (ISAR 2066) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miriam Pharo
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dann ist der Zugang zum Allerheiligsten offen. Mit einer weit ausholenden Geste und einem triumphierenden „die Quadriga!“ lässt mir Ivy Füchtjohann den Vortritt.
      Der Anblick, der sich mir bietet, ist weniger eindrucksvoll als erwartet: Der halbkreisförmige Raum misst rund dreißig Quadratmeter, die abgerundete Wand schimmert in einem changierenden Perlmutt und ein einzelner druckluftbetriebener Sessel harrt auf einer Schiene aus, die rundum entlang der Wand führt. Über unseren Köpfen befindet sich etwas, das wie eine überdimensionale Abzugshaube aussieht. Abgesehen davon ist der Raum leer.
      Ivy Füchtjohann erklärt mir die Funktionsweise. Die semipermeable, flexible Wand besteht aus Abertausenden von mikroskopisch kleinen Waben, die mit ebenso vielen Essenzen gefüllt sind. Die Oberfläche reagiert wie ein Schwamm. Berührt man sie, tritt Essenz heraus. Auf diese Weise hat Lionel seine Düfte komponiert. Einfach per Fingertipp. Gelang ihm eine Komposition, reichte es aus, sie über die Steuerkonsole in der Armlehne des Sessels zu speichern. Die „Abzugshaube“ in der Decke stellt sich tatsächlich als solche heraus. Die Luft in dem Raum wird täglich abgesaugt, durch ein Reinigungsfilter gejagt und wieder hineingeblasen.
      „Mit dem bloßen Finger?“, will ich wissen.
      „Ja. Ungewöhnlich, nicht wahr? Aber Lionel schwört … schwor auf die menschliche Epidermis als Untergrund für seine Mixturen. Er bezeichnete sie gern als Leinwand für seine Kreationen.“
      „Aber heißt es nicht immer, dass jede Haut anders riecht?“
      „Natürlich. Lionel hat am Ende des Verfahrens diese Komponente einfach wieder ausgesondert.“
      Während ich mich interessiert umschaue, lehnt sich Ivy zu mir herüber. Sie legt eine perfekt manikürte Hand auf meinen Arm und ich spüre ihren Atem auf meiner Wange.
      „Raten Sie doch mal, warum diese Duftorgel Quadriga heißt?“
      „Weil sie in vier Bereiche aufgeteilt ist?“
      Ich schätze, die Füchtjohann rollt hinter ihren dunklen Gläsern mit den Augen. „Natürlich ist sie in vier Bereiche aufgeteilt. Aber in welche?“
      „Vier Jahreszeiten?“, mutmaße ich.
      Angewidert rückt sie von mir ab und ich atme erleichtert aus. „Vier Jahreszeiten?“, echot sie in einem Ton, als ob ich eine Perversität von mir gegeben hätte. „Das hier war Lionel III. und kein verdammter Anfänger! Nur er war in der Lage, dem Künstlichen Natürlichkeit zu verleihen.“ Dann senkt sie ihre Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern. „Nein. Lionel hat seine Duftorgel in süß, salzig, sauer und bitter aufgeteilt.“
      „Aha.“
      „Das ist revolutionär, verstehen Sie? Es verhält sich nämlich so, dass Duftmoleküle retronasal eindringen, also über den Rachenraum bis zur Riechschleimhaut, wo sie an den entsprechenden Rezeptoren andocken und elektrische Signale auslösen. Sie erreichen das Gehirn über die Nervenbahnen“, steigert sie sich in ihren Vortrag hinein. „Gerüche wecken Erinnerungen an Orte und Stimmungen. Sie machen wach oder schläfrig, versetzen uns in die Kindheit zurück. Manche helfen uns, Ängste zu bewältigen. Außerdem sind sie …“
      Ivy Füchtjohann redet und redet. Während die Worte unbarmherzig auf mich einprasseln, lasse ich meinen Blick durch den Raum schweifen auf der Suche nach dem Kommunikator oder einem wichtigen Hinweis, der mir dabei helfen könnte, ihn zu finden. Vergebens. Überhaupt deutet nichts darauf hin, dass hier ein Mensch gearbeitet hat. Keine persönlichen Notizen, keine 3-D-Fotografien, nichts.
      „Hatte Lionel einen Spind oder ähnliches?“
      „Wie bitte?“ Meine unhöfliche Unterbrechung hat Ivy Füchtjohann anscheinend aus dem Konzept gebracht. Ich nehme an, hinter ihren Brillengläsern blinzelt sie.
      „Ob Lionel irgendwo sein persönliches Hab und Gut aufbewahrt hat?“
      „Nicht, dass ich wüsste, nein.“
      Als ich nichts darauf erwidere, redet sie weiter, als wäre nichts geschehen, während ich die Duftorgel des Wunderknaben bestaune. Ich horche erst wieder auf, als sie mir eine direkte Frage stellt.
      „Wie bitte?“
      Die dunklen Augengläser funkeln mich an. „Wussten Sie, dass Schnee ein halbes Dutzend verschiedener Aromen besitzt?“
      „Sie meinen, wenn sechs Leute reinpinkeln?“
      Zugegeben, dieser schlechte Witz könnte glatt von Elias Kosloff stammen, aber ich verspüre ein perverses Gefühl der Befriedigung, als sich eine eisige Maske auf Ivy

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