Frisch gemacht!
angesagt. Etwa fünf Minuten lang. »Kannst du der Tina die Jacke ausziehen?«, ist die nächste Unterbrechung. Ich kann. Jetzt soll Christoph aus dem Keller den Puppenwagen hochholen. Er kann zwar, aber er will nicht. Sie ist hartnäckig. »Wozu brauchst du denn jetzt den Wagen?«, versuche ich so was wie elterliches Feingefühl zu zeigen. »Ich und Tina gehen in den Zoo«, sagt unsere Tochter. »Dann trag sie
doch, die Tina will getragen werden«, brummt Christoph längst wieder im Halbschlaf. Clever. »Na gut«, willigt unsere verständige Tochter ein. Zehn herrliche Minuten lang ist Ruhe. Absolute Ruhe ist bei Kindern fast verdächtiger als alles andere. »Was macht die bloß?«, frage ich Christoph. »Egal«, findet er. Ich werde unruhig. Inzwischen klappern diverse Türen. Na ja, so ein Zoo ist groß und wenn man die verschiedenen Gehege abläuft …
Nach weiteren zehn Minuten rufe ich: »Claudia, Schatz was machst du denn?« »Ich und Tina sind im Zoo. Die Krokodile kriegen Essen.« Na denn. »Viel Spaß«, entspanne ich mich. Es ist doch wirklich phantastisch, ein dermaßen kreatives, phantasievolles Kind zu haben. »Die kann für ihr Alter doch echt toll alleine spielen«, bemerke ich. Neben mir keine Reaktion. Christoph ist komplett ins Hasenland abgetaucht. Dann ein Schrei. »Was ist denn?«, rufe ich. »Die Tiere wollen Tina fressen, ihr müsst sie retten«, kreischt unsere Tochter. Jetzt bin ich endgültig wach. Puppenrettung, welch eine schöne Beschäftigung für den Sonntagvormittag. Bis Christoph zur Besinnung kommt, ist die Puppe längst verdaut. »Mama kommt«, eile ich meiner Tochter heldinnenhaft zur Hilfe. Das Kinderzimmer ist leer. »Ich bin hier«, schallt es aus dem Badezimmer. Nicht nur sie ist im Bad. Auch noch alles, was sie an Stofftieren hat. Die liegen in der Wanne. Im Wasser und in irgendetwas Undefinierbarem. »Bist du verrückt, was soll denn das sein?«, schreie ich mein Kind an. »Das ist das Exotarium«, kommt die prompte Antwort. »Und ich bin der Pfleger, und jetzt beim Füttern ist die Tina reingefallen, ihre böse Mutter hat sie zu den Krokodilen geschubst.« Ich kann die
Mutter einen Moment lang sehr gut verstehen, und schlagartig wird mir auch klar, was das Merkwürdige im Wasser ist. Eier. Und Jogurt. Der gute aus dem Glas. Brombeer und Kirsch. Sie hat ihre Stofftiere gewässert und mit Jogurt-Eipampe übergossen. Banane ist auch drin. Eine Riesensauerei. Am liebsten würde ich Claudia noch dazuschmeißen, umrühren und mich wegbeamen. »Das ist das Letzte! Meinst du, Mama findet das schön, so eine ekelhafte Schweinerei, das ist die Badewanne, und wir sind hier nicht im Zoo«, meckere ich mein verstörtes Kind an. »Dann hole ich Tina eben allein raus«, ist sie auch noch beleidigt. Keinerlei Unrechtsbewusstsein. »Ich hab gesagt, dass ich Zoo spiele, und du schimpfst nur. Du bist schuld, dass Tina tot ist. Du willst immer nur schlafen. Du bist gemein. Ich will zu Papa. Papa ist nicht gemein«, sagt sie und versucht dabei in die Wanne zu klettern. Mit: »Verschwinde in dein Zimmer«, verschwindet so langsam alles, was ich je an Humor und Geduld hatte. Kinder können Primärtugenden jeder Art auf harte Proben stellen. Sie heult los und rennt zu Papa.
Ich stehe einfach nur da und starre auf meine Sonntagsmorgenbescherung. Am liebsten würde ich wieder ins Bett zurückkriechen und so lange ausharren, bis der Gnädigste aufsteht und den Mist hier beseitigt. Da ist er auch schon. »Warum weint die arme kleine Maus denn so«, fragt er mich verschlafen. Dann sieht er es. Er lacht. Und lacht. Sein einziger Kommentar ist: »Nächsten Sonntag darf sie fernsehen.«
Die Schweinerei beseitigen wir dann gemeinsam. Die Tiere kommen in die Waschmaschine, und Christoph sammelt
Eierschalen aus der Wanne. Eine herrliche Beschäftigung und ein Sonntagsfrühstück ohne Eier.
»Was steht an?«, fragt mich Christoph beim Frühstück. Sonntag halten wir es klassisch konservativ, Sonntag ist Familientag. Heute ist Großprogramm. »Vierzehn Uhr Flohmarkt im Kindergarten und danach Kaffeetrinken bei Birgit mit meiner Familie. Heute Abend sind wir bei Inge und Sebastian. Zum Grillen. Eva und Karl und Conny kommen auch.« Begeistert sieht er nicht aus. »Ich wollte mal wieder Sport machen«, nölt er. »Kindergartenflohmarkt ist Sport. Survivaltraining. Extremsport der Sonderklasse«, meine Antwort. Das lasse ich mir jetzt nicht eben mal aufs Auge drücken. »Du kannst jetzt joggen,
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