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Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Titel: Frisch gepresst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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gepflegt aus. Es wäre ihr nämlich extrem peinlich, wenn mich andere, womöglich Bekannte, in einem ausgewaschenen, verwachsenen Bademantel sehen würden. Was würden die denn dann denken? Obwohl, wenn man sieht, was hier so an Bademänteln über den Flur huscht, dann könnte mein oller wahrlich noch als Designerteil durchgehen.
    Claudia schreit wirklich gotterbärmlich. Mitleid steigt in mir auf. Das müssen sie sein, die mütterlichen Hormone. »Jetzt gibt’s yummy yummy Freßchen, mein Schatz, ganz ruhig … « Vorsichtig versuche ich, sie aus dem Gitterbettchen zu holen. Nur jetzt nichts kaputtmachen. Da paßt man 9 Monate auf wie verrückt, und dann rutscht es einem nachts um halb 2 aus der Hand. Das wäre ja nun mehr als ärgerlich. Das wichtigste bei Neugeborenen ist, den Kopf zu stützen. Sonst schlenkert der wie bei einer dieser Stoffpüppchen einfach so nach hinten weg. Ich habe sie. Auf dem Arm presse ich den kleinen warmen Körper gegen mein Herz. Soll ja beruhigen, der mütterliche Herzschlag. Claudia hat im Moment für solch sentimentale Dinge keinen Sinn. Sie will essen. Alarmstufe Rot. Mir rutscht die Brille und so ohne besehen, könnte sie glatt als Babyäffchen durchgehen. Ein wirklich haariges Etwas, meine Tochter. Aber wenigstens keine Nasenhaare, stelle ich mit Erleichterung fest. Das ist nun echt das Fieseste überhaupt. Nasenhaare. Christoph hat welche. Die schneidet er sich mit der Nagelschere. Aber dummerweise nicht regelmäßig.
    Claudia hat ein ausgesprochen ausgeprägtes Organ. Hat sie sicher von mir geerbt. Ich gehöre auch nicht zu den Menschen, die mehr hauchen als sprechen. Mich versteht man selbst im Altersheim.
    Kaum sind wir wieder im Zimmer, ist die komplette Belegschaft erwacht. Schwester Christel stellt das Bett hoch und ab geht’s. Die erste Fütterung. Wieder das Phänomen wie vorhin bei Konstantin Samuel David: Rein mit der Nahrung und das Kind ist still. Es ist schön, sie so zu sehen. Die Augen zu und mit Inbrunst nuckelnd. Wie leicht so kleine Wesen zufriedengestellt werden können. Ich streiche ihr sanft über die Wange. Ein bißchen zerdrückt ist der Kopf schon noch. Aber die Haut: 1a weich. Da kann man direkt neidisch werden. Konservative Verfechter der »Eine Frau hat nur eine wichtige Aufgabe im Leben«-Theorie wären verzückt. Zwei Mütter, Frau Tratschner und ich, die ergriffen ihre Kinder im Arm halten. Lebensziel erreicht. Und während ich noch denke: was für eine Klischeevorstellung, mache ich das Bild perfekt. Ein, zwei Tränchen kullern mir übers Gesicht. Glückstränen.
    »Ist sie nicht irrsinnig süß«, stammele ich in Richtung Frau Tratschner. Ich komme mir vor wie unter Drogen. »Ja, ja, fast so wie meine Melanie«, gibt sie zurück. Nie hätte ich für möglich gehalten, daß ich mich je so eins mit Frau Tratschner fühlen könnte. Wir lächeln uns hingebungsvoll zu und vertiefen uns dann in den Anblick unserer Töchter.
    Inge Müller-Wurz ist eingeschlafen. So sind sie, diese Alternativen. Sensibles Getue und dann in einem solch bewegenden Moment schnöde ratzen. Typisch.
    »All das verdanke ich quasi Gregor«, schießt es mir durch den Kopf. Hätte ich mich nicht auf diese peinliche Blind-Date-Aktion eingelassen, dann hätte ich Christoph niemals kennengelernt. Ja, und ohne Christoph hätte ich jetzt Claudia nicht. So kann es gehen.
    Vielleicht schicke ich Gregor eine Geburtsanzeige. Mit ein paar persönlichen Dankesworten. Obwohl der Abend damals grauenhaft begann.
    Schon um Viertel vor acht stand ich picobello fertig gerüstet in meinem Wohnzimmer. Nachdem ich mich etwa 17mal umgezogen hatte. Gerade wenn man mit einem Mann ausgeht, den man noch nie gesehen hat, noch dazu zu einem Fest, und keinen blassen Schimmer hat, in welchem Rahmen das stattfindet, spielen Klamotten eine entscheidende Rolle. Nichts ist blöder, als komplett verkehrt angezogen zu sein. Ich persönlich finde es peinlicher, overdressed zu sein. Lieber eine Nummer zu lässig. Aber auf einer Jeans- und Sweatshirtparty im kleinen Schwarzen mit der Perlenkette zu stehen ist ätzend. Da kann man sich gleich ein Schild umhängen: Hallo, hier steht die spießigste Tante der Nation. Das mit der Perlenkette kann mir jedenfalls nicht passieren. Ich habe gar keine. Bei uns Hessinnen gehört sie nun mal nicht zur Grundausstattung. In Hamburg gibt es höchstwahrscheinlich keine Frau, die nicht mindestens eine Perlenkette besitzt. Wird auch gerne in Kombination mit klassischem Halstuch

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