Frisch gepresst: Roman (German Edition)
Lasagne geliefert wird, kommt sie da rein. So ein leckerer Duft in der Wohnung macht Männern direkt Appetit. Sie fühlen sich wohl und ein wenig wie bei Mutti. In Gedanken spiele ich den kommenden Abend durch. Wie Christoph genüßlich Lasagne und Tiramisu genießt, begeistert von meinen Kochkünsten ist, voller Inbrunst mein Dekolleté anschmachtet und wie wir nach dem Nachtisch erst auf dem Sofa und dann unausweichlich, von Leidenschaft getrieben, im Schlafzimmer landen und phantastischen Sex haben. Selbstverständlich wird er sich rasend in mich verlieben, und wir werden die Vorzeigebeziehung schlechthin. Zwei, die einfach füreinander geschaffen sind. Mittlerweile ist es zwanzig nach. Wo bleibt die Lasagne? Diese Italiener. Immer: ja, ja und dann nicht beikommen. Ich lasse mir doch von einem Guiseppe nicht den Abend und damit meine komplette Zukunft versauen. Na, dem werde ich aber jetzt paar einschenken. Verbal. Als ich ihn anrufen will, klingelt es. Es ist leider nicht die Tür, sondern das Telefon: meine Mutter. Die hat mir jetzt gerade noch gefehlt. »Ich wollte nur mal hören, wie es gestern mit dem Gregor gelaufen ist«, quakt es aus dem Hörer. Für eine detaillierte Berichterstattung fehlt mir sowohl die Zeit als auch die Muße. »War prima, Mama«, speise ich sie ab. »So, da habe ich aber was anderes gehört«, tönt es streng aus der Ohrmuschel, »ich habe nämlich eben mit der Heidrun gesprochen, und die hat gemeint, daß der Gregor dich leider aus den Augen verloren hat, es aber eine tolle Party war.«
Hat der Arsch sich also ohne mich noch bestens amüsiert. Typisch. Super-Fettnapf, die kleine Schwindelei meiner Mutter gegenüber. Hätte ich mir ja denken können, daß sie längst mit Heidrun den Abend durchgehechelt hat. Im Eilverfahren und leicht geschönt kriegt sie meine Version der tollen Uniparty.
»Hattest du diese unvorteilhafte Siebziger-Jahre-Hose an, die deine Oberschenkel so fett erscheinen läßt«, fragt meine Mutter leicht gehässig. Nette Mütter würden ihr Kind bedauern, sich darüber aufregen, daß irgendwelche dahergelaufene Gregors mit grauenvollem Dialekt und widerwärtigem Benehmen ihr Kind stehen lassen, aber nein, meine Mutter denkt, der Abend wäre an meiner mißglückten Kleiderwahl gescheitert. Ihre dusselige Tochter hat die letzte Chance auf Erden, doch noch einen Kerl abzukriegen, verpatzt. Wegen falscher Kleidung. Was ist die Frau gestraft mit mir. Ihr Seufzer verrät alles. Idiotisch. Davon abgesehen, ist die besagte Hose ein echter Knaller. Sabine hat fast Neidpickel bekommen, als ich ihr das Teil vorgeführt habe.
Jetzt nur nicht aufregen, rede ich mir selbst gut zu. So ist sie halt. Die Mama. Sie hat ja auch gute Seiten, und außerdem geht die Lasagne jetzt vor. »Mama, ich hab’s gerade ein bißchen eilig, ich rufe dich später an und erstatte kompletten Bericht«, versuche ich, das Gespräch endlich zu beenden. Es ist mittlerweile halb acht. »Ich erwarte deinen Anruf«, kommt es leicht patzig zurück. »Bis später.« Uff, die habe ich erst mal aus der Leitung. Jetzt bin ich genau in der Stimmung, dem Pizzafritzen so richtig ein paar einzuschenken. Nur weil die das bißchen Lasagne nicht fristgerecht, wie versprochen, liefern, wird mein so akkurat geplanter Abend verkrotzt. Na wartet, ihr Guiseppes dieser Welt. Fast schon mit Schaum vor dem Mund wähle ich die Nummer. Besetzt. Das ist ja wohl das Allerletzte. Wahrscheinlich Mafiagespräche. Oder Mamagesülze. Ich drücke die Wahlwiederholung. Immer noch besetzt. Eine zehnköpfige Familie bestellt Pizza. Können die nicht warten, bis eine arme alleinstehende Frau wie ich ihre Lasagne reklamiert hat? Haben die nicht genug mit sich selbst zu tun. Können sich zehnköpfige Familien überhaupt leisten, für Mutti, Vati und die Kinder Pizza zu bestellen? Sollten die nicht sparen? Für die Ausbildung der Blagen. Oder was Ordentliches mit Vitaminen und so essen. Was Vollwertiges von Mutti handgekocht. Unglaublich, was sich so Leute einbilden.
Bei der achten Wahlwiederholung immer noch besetzt. Erzählen die ihre Lebensgeschichte, verwechseln Pizza-Guiseppe mit ihrem Haus- und-Hof-Therapeuten. Es klingelt. An der Tür. Na endlich. Guiseppe oder sein Laufbursche. Selbst ausfahren hat er ja nicht mehr nötig. Bald wieder. Wenn ich erst überall rumerzähle, wie er mir mein Leben ruiniert hat mit seiner vermaledeiten Lasagne. Ich setze mein Hexengesicht auf und reiße die Tür auf. »Na endlich«, grunze ich ihn wenig
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