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Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Titel: Frisch gepresst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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splitterfasernackt vor ihnen steht und schreit: Tu es, tu es. Dieser Schritt wäre momentan aber doch verfrüht. Ich will ja nicht, daß ihm nach dem Sandsalat noch die Lasagne schwer im Magen liegt. Also wird der Kerl erst mal aufs Sofa gelockt. Mein Bänderriß muß mal wieder herhalten.
    »Wollen wir uns nicht rübersetzen, meinem Fuß wäre es lieber«, rege ich einen kleinen Ortswechsel an. Quer über den Eßtisch zu fingern, bringen halt nur wenige. Kleine Hilfestellung, damit er gleich richtig loslegen kann. In seinen Augen sehe ich auch schon so eine Art Blitzen. »Und was ist mit dem Nachtisch?« fragt er verstört. »Ich bin der Nachtisch, du Trottel«, will ich ihn anschreien. Mein Gott, ist der schwer von Begriff. Hat Angst um seine Portion Tiramisu. Der wird jetzt abgefüttert und dann darf er heim. Verdauungsschläfchen machen. So nötig habe ich es ja nun auch nicht. Soll ich mir vielleicht ein Schild umbinden: Bitte, bitte werde zudringlich. Nicht, daß ich es mag, wenn mir ein Mann schon zur Begrüßung die Pranken auf den Hintern legt, jedenfalls dann nicht, wenn’s die erste Verabredung ist. Aber ewig hat man mit 30 auch nicht mehr Zeit. Ich möchte noch vor dem Umzug ins Seniorenwohnheim Spaß haben. Können wir die Tiramisu nicht mit ins Bett nehmen und 91/2 Wochen für Anfänger spielen? Mascarpone oben ohne. Holla. Natürlich habe ich nicht den Mumm, genau das zu sagen, sondern mache einen auf braves Mädchen. »Laß uns das Tiramisu doch auf dem Sofa essen«, schlage ich einen versöhnlichen Ton an. Seine Miene heitert sich sichtlich auf. Der würde das Tiramisu glatt auch auf dem Klo vernaschen. Er räumt noch wohlerzogen seinen Teller ab und bewegt sich dann voller Vorfreude Richtung Sofa. Wer schön hört, bekommt auch seine Belohnung. Ich reiche ihm sein Schälchen mit Nachtisch und setze mich mit meinem neben ihn. Lustvoll und andächtig genießen wir. Guiseppe ist ein unzuverlässiger, mieser Zuspätkommer, aber Tiramisu kann er. Muß man ihm lassen. Unauffällig rutsche ich ein bißchen näher. Lege mein Bein hoch. Ist besser für meine Bänder. Essen und flirten scheint für die meisten Männer schwierig. Liegt wahrscheinlich an ihrer mangelnden Hirnvernetzung. Eins nach dem anderen, nach der Devise geht auch Christoph vor. Kaum hat er sein Schüsselchen leer, startet er seinen Charmeangriff. Ist ein völlig neuer Mensch. Wahrscheinlich war sein Blutzucker im Keller und die Portion Tiramisu einfach lebensnotwendig. So Lange, Dünne sind ja oft ein bißchen unterzuckert. Er faselt was von seidigem Haar, Augen mit einer unbeschreiblichen Tiefe und bewundert meine offensichtliche Vitalität. Die mir diese irre Ausstrahlung verleiht. Wollte ich diesen Mann noch vor 10 Minuten heimschicken? Aus meiner Wohnung schmeißen? Bin ich geisteskrank? Endlich erkennt einer mein wahres Ich, und ich wollte ihm nicht mal ein Schälchen Tiramisu gönnen. Hätte ich es mir doch fast wieder selbst versaut. Mit meiner Ungeduld. Bei Männern muß man ein wenig Langmut zeigen. Fordernde Hektik führt da zu nichts.
    Jetzt rückt er näher. Ertastet die Seidenhaare. Zieht meinen Kopf zu sich heran. Ja, er küßt mich. Und ich habe Glück. Er kann’s. Beim Küssen zeigen sich die Meister. Ich hasse die Echsentypen. Die einem ihre Zunge bis zu den Mandeln schieben und in meinem Mund so was wie experimentelles Zungentheater aufführen. Jeden Backenzahn mit Akribie liebkosen. Was zuviel ist, ist zuviel. Ich bin ja nicht beim Zahnarzt, sondern beim Knutschen. Mundgeruch hat er auch nicht. Er schmeckt nach Tiramisu und sonst nichts. Ich hatte mal einen, der hatte Probleme mit dem Magen. Übersäuert. War beim Küssen nicht gerade stimulierend. Dieses säuerliche Aroma.
    Unsere Zungen mögen sich. Sind sich auf Anhieb sympathisch. Weiche Lippen hat er. Wirklich ein geschickter Küsser. Kein Techniker. Eher gefühlvoll fordernd. Seine Hände, die mir ja auch gleich gefallen haben, diese vielversprechenden, arbeiten synchron. Wir legen ein 1a-Sofa-Petting hin. Und das mit Bänderriß. Irgendwann wird es auf einem Sofa zu unbequem. Dieser Wechsel – »Wollen wir nicht ins Schlafzimmer? Mein Lattenrost brennt darauf, dich auch kennenzulernen« – ist oft der heikle Punkt. Bis man sich vom Sofa zum Bett bewegt hat, ist die Leidenschaft verglüht, und zwei leicht derangierte Menschen stehen sich peinlich berührt gegenüber. Nach dem Motto: »Was treiben wir hier eigentlich?« Trotzdem. Wozu habe ich mein Bett frisch

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