Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Titel: Frisch gepresst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
Vom Netzwerk:
Schlichtheit. Er bekommt, was er will. In kleinen Sachen kann ich großmütig sein.
    Seine Apfelsaftschorle. Jedenfalls fast. Apfelsaft habe ich leider nicht im Haus. Bei jungen Familien gehört er zur Grundausstattung, aber solange ich die Kästen persönlich hier in den 3. Stock schleppen muß, verzichte ich gerne auf Apfelsaft. Wenn wir erst fest liiert sind, kann er sich sein Lieblingssäftchen ja kistenweise mitbringen. Habe ich nichts dagegen. So bin ich, großzügig, ich weiß. Jetzt muß es Wasser pur tun. Oder Cola Light. Mögen die meisten Männer aber nicht. Obwohl ich die Antwort kenne, überlasse ich ihm die Auswahl. Er nimmt die Cola Light. Mit Zitrone und Eis. Oh, einer von der anspruchsvollen Sorte. Hält meinen kleinen Haushalt wohl für ein Drei-Sterne-Restaurant. Aber bitte. Die Zitrone in der Obstschale ist nicht nur ziemlich runzlig, sondern an dem einen Ende schon komisch weiß staubig. Angeschimmelt. Was er nicht weiß, macht ihn nicht heiß. So ein bißchen Schimmel wird ihn nicht umbringen. Ein Kerl, der von einem Hauch Schimmel krank wird, wäre sowieso nichts für mich. Zu anfällig. Ich schneide ein feines Scheibchen vom anderen Ende der Zitrone ab. Der Rest kommt unauffällig in die Mülltonne. Unter den alten Kaffeefilter. Sollte er nachher mal den Mülleimer öffnen, man weiß ja nie, beim Abräumen oder so, muß er das Schimmelende ja nicht sofort entdecken. Ja, ich gestehe, ich kann verdammt raffiniert sein.
    Der Abend kommt nur langsam in Gang. Ein wenig unbeholfen, wie zwei brünftige Maulwürfe, nähern wir uns an. Machen so eine Art freundliche Konversation. Mein Salat, der mit den Putenbrustscheibchen, schmeckt ihm. Sagt er jedenfalls. Höflicherweise äußerst er sich nicht zu der anderen Zutat. Es muß Sand sein. Bei jedem Biß knirscht es zwischen meinen Backenzähnen. Man darf sich halt auf nichts verlassen. Vorgewaschen. Bah. Von wem wohl? Einem mit mindestens 17 Dioptrien. Der leider seine Sehhilfe nicht dabeihatte. Oder ist es Erde? Egal, geschmacklich ist der Sand oder was auch immer jedenfalls einigermaßen neutral. Er spült tapfer mit Cola Light nach und ißt sein Tellerchen brav leer. »Noch ein bißchen Salat?« frage ich ihn. Sein Blick zeigt blanke Angst. Wahrscheinlich um seine Zähne. Er will sie sich wohl nicht komplett wegschmirgeln. »Nee, vielen Dank, ich muß Platz lassen für die Lasagne, die riecht vielleicht lecker, hmh«, lenkt er geschickt vom Sandsalat ab. Ich räume ab und präsentiere voller Stolz die Lasagne. Wie eine Mutter ihr Kind. Daß sie gar nicht von mir ist, habe ich verdrängt. Schließlich kommt sie aus meinem Ofen. Und hätte ich sie nicht auch anbrennen lassen können? Na also. Mit der Lasagne kommt auch sein Appetit wieder zum Vorschein. Er nimmt zweimal nach. War wohl doch noch Platz im Magen. Aber ehrlich gesagt, mir schmeckt sie auch besser als der Salat. Ich versuche, ihm wenigstens ein Gläschen Wein aufzuschwätzen. Natürlich aus rein kulinarischen Gründen. Den guten Pinot Grigio vom Aldi. Preisaktiv. Er ziert sich. Nimmt aber dann doch ein halbes Gläschen. Statt loszusüffeln, macht er an dem Glas rum, als wäre er auf einer Weinprobe. Will er rausschnüffeln, welchem Karton der Wein abstammt? Welche Regallage er hatte? »Aldi, nicht schlecht für 4,99. Man kann ihn jedenfalls trinken«, kläre ich ihn auf. Ein feiner Zug von mir, denn wenn der jetzt mit irgendwelchen Jahrgängen und sonstwas gekommen wäre, hätte ihn das ja als völligen Hochstapler enttarnt. Nein, so was darf nicht passieren. Der Mann soll sich ja wohl fühlen.
    Männer führen sich gern wie großartige Weinkenner auf. Ich finde dieses »Nase ins Glas, gurgeln und schmatzen« kann einem jede Lage und Rebe versauen. Ich lege mich langsam, aber sicher, richtig ins Zeug. Werfe die mühsam gefönten Spaghetti, die auf meinem Kopf, kokett hin und her, lächle charmant und heuchle irrsinniges Interesse für seine Juristenanekdötchen. Ehrlich gesagt, nicht wahnsinnig amüsant. Aber Männer reden nun mal gern. Und lieben es, wenn ihnen Frauen andächtig lauschen. »So viel Zeit muß sein, Andrea«, ermahne ich mich. »Du willst dir dieses staubige Aktengeschwätz ja nicht später beim Akt anhören.« Obwohl ich nicht mehr so sicher bin, daß es dazu kommen wird. Mein Opfer plaudert zwar angeregt, scheint aber für meine diversen Signale wenig empfänglich. Ich muß wohl deutlicher werden. Es gibt ja Männer, die erst merken, was die Stunde geschlagen hat, wenn man

Weitere Kostenlose Bücher