Frisch gepresst: Roman (German Edition)
an, Putenbrust, schon geschnitten, rein und ab und an wenden. Drüber kommt eine feine Fertigsoße. Salat muß sein. Der Mensch braucht Vitamine. Schließlich habe ich mit Christoph einiges vor, und das soll nicht an Vitaminmangel scheitern. Meine Freundin Sabine serviert an solchen Abenden, die sie First-Presentation nennt, gerne Speisen, die angeblich potenzsteigernd sind: Selleriesalat, hartgekochte Eier und ab und an bei wirklich lohnenden Objekten sogar Austern. Finde ich etwas platt. So überdeutlich. Aber bei ihrem Hang zu Männern, die demnächst ins Seniorenwohnheim übersiedeln, sicher sinnvoll. Ich finde, man schmeckt die Absicht zu deutlich raus. »Mir doch wurscht«, meint Sabine, »sie sollen ruhig wissen, was folgt.« Was bei mir auf Austern folgen würde, ist der Gang zum Klo. Es gibt ja wohl kaum Scheußlicheres. Muscheln sind schon ziemlich eklig. Aber Austern. Diese flüssige Salzwasser-Rotze. Die noch dazu sauteuer ist. Wenn die billig wären, würde sie garantiert kein Mensch essen. Ich habe Muscheln nie gemocht. Wo Muscheln quasi die Müllabfuhr der Meere sind. Alle Schadstoffe und so in sich aufnehmen. Seit wann zahlen Idioten für Meeresmüll auch noch ein Heidengeld? Sowieso: Austern in Frankfurt haben was schrecklich Dekadentes. Und Muschelvergiftung soll äußerst unangenehm sein. Ein Freund von mir, Karsten, hatte mal eine. Gott, war der grün im Gesicht. Was der gekotzt hat, unglaublich. Also, darauf kann ich echt verzichten. Ein Mann, der sich beim ersten Date nach einem gemeinsamen Mahl windet wie ein Aal, ist keine schöne Aussicht. Vor allem, wenn er sich wegen unerträglicher Magenkrämpfe windet.
Lasagne ist allgemein gut verträglich. Ich hatte noch nie Reklamationen. Die Frage ist nur, wie ich mit meinem Bänderriß zum Italiener hickeln soll. Noch dazu mit einer Form für Lasagne und einer für Tiramisu. Ein Anruf beim Stammitaliener Guiseppe an der Ecke klärt die vertrackte Situation. Guiseppe hat ein Herz für bänderrißgeschädigte Frauen. Vor allem für solche, die fast ihr halbes Monatseinkommen in seine Pizzabude tragen. Er verspricht mir, alles zu liefern. »Siebe Uhr is alles da, Signora Andrea, keine Problem, wir mache.« Na, phantastisch. Die Essensfrage wäre geklärt. Natürlich hätte ich auch meine Freundin Sabine fragen können. Aber die neigt ein bißchen zur Umständlichkeit. Und zur Unpünktlichkeit. Das hätte mir gerade noch gefehlt. Christoph ist längst da, und die Lasagne kommt ein halbes Stündchen später. Im Arm von einer neugierigen Sabine, die nur eben mal einen Blick auf mein männliches Opfer werfen will und dann nach drei Stunden vielleicht wieder verschwindet. Oder weil’s so gemütlich ist, den ganzen Abend mit uns verbringt. Nee, alles, was recht ist. Aber zwei Frauen beim ersten Date verschrecken die meisten Männer.
Mein Fuß pocht still vor sich hin. Nervige Sache. Auch die Körperpflege gestaltet sich mit Gips ein bißchen schwierig. Haarewaschen muß aber nach dem gestrigen Abend sein. Über die Wanne gebeugt, gehe ich ans Werk. Der restliche Körper wird am Waschbecken gesäubert. Hätte ich bloß einen Waschlappen. Wie Sabine. Das kommt davon, daß ich Witze drüber gemacht habe. Man wird wirklich für alles gestraft. So mit den Händen kübelweise Wasser überschütten ist nicht gerade praktisch. Das Bad sieht aus wie nach einer mittleren Hochwasserkatastrophe. Ordentlich Deo unter den Arm und fertig ist die lebende Versuchung. Mittels Schaumfestiger und Fön bekomme ich meine Spaghettihaare in Form. Schließlich lebe ich schon 30 Jahre mit diesem strähnigen Zeug auf meinem Kopf und habe selbstverständlich jede Frauenzeitschrift zum Thema »Wie zaubere ich Fülle in wenig Haar« gelesen. So frisch gefönt und gestylt sind sie fast eine Zierde. Wie immer ist die Klamottenfrage das schwierigste. Meine schwarze Standardkombination hatte ich ja nun schon gestern an. Nach den diversen Äpplern und dem Krankenhausaufenthalt ist sie auch geruchlich kein Highlight mehr. Vielleicht mal ein Kleid. Männer mögen bekanntlich Kleider. Gibt den Frauen so was Feminines, fast Mädchenhaftes. Ich habe so ein samtiges Teil, oben schmal mit geschicktem, runden Ausschnitt, unten lang und so glockig. Nicht super trendy, aber von der Sorte »immer tragbar«. Und mein Busen kommt gut zur Geltung. Um Viertel vor sieben bin ich fertig. Geschminkt und bereit für einen aufregenden Abend. Sogar ans Vorheizen des Backofens habe ich gedacht. Sobald die
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