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Frischluftkur: Roman (German Edition)

Frischluftkur: Roman (German Edition)

Titel: Frischluftkur: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Rick
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Sie einfach Bella nennen. Ja, das passt zu Ihnen. Ich weiß, das Schicksal wird uns wieder zusammenführen. Leider muss ich jetzt zur Arbeit. Zur Raupenbahn – dort muss ich schuften, bis mir mein rechtmäßiges Vermögen endlich zugestanden wird.«
    Rocco nimmt ihre Hand, führt sie zum Mund und drückt einen Kuss darauf. Dann sagt er noch mal »Bella«, verdreht dabei merkwürdig die Augen und entschwindet.
    Ein Italiener, denkt Marlies. Sofort spielt in ihrem Kopf eine Melodie und eine Stimme singt: Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt ... Ach, mit diesem Mann möchte sie in einer lauschigen Bucht am Mittelmeer sitzen und Pizza essen. Ein Mann, mit dem sie reisen könnte, welterfahren, polyglott, charmant. An seiner Seite würde sie sich vielleicht sogar trauen, in ein Flugzeug zu steigen. Sie würden in grandiosen Hotels absteigen und dort, im luxuriösen Zimmer, nach einem Glas Prosecco ... Marlies mag gar nicht daran denken. Aber dort würde es bestimmt passieren.
    Im Festzelt thront der Ideenkreis Junger Landfrauen schon am rechten vorderen Tisch, direkt an der Tanzfläche. Petra, Tina und Hanna haben sich dazugesetzt und sehen aus wie ein Teil von Moniques Gefolge. Sie winken Marlies zu sich her.
    Auf dem Weg dorthin trifft sie Zitterkalle. Er hat ein Bier in der Hand und begrüßt sie mit einem donnernden: »Na, du bist aber groß geworden!« Marlies muss grinsen, denn das sagt Zitterkalle immer zu ihr, obwohl sie nachweislich in den letzten zehn Jahren nicht mehr gewachsen ist. Dann kramt er in seiner Jackentasche. Marlies weiß genau, was er sucht.
    Die jungen Landfrauen gucken missbilligend zu ihnen rüber. Sie finden Zitterkalle unmöglich.
    Er zieht einen zerdrückten Karamellbonbon aus der Tasche und gibt ihn Marlies. Sie muss geschickt zugreifen, weil seine Hand zappelt wie ein Schmetterling im Sturm. Seit sie ganz klein war, hat Zitterkalle ihr bei jeder Gelegenheit einen Karamellbonbon geschenkt. Und sie hat diese Bonbons seit jeher geliebt. Die anderen Mädchen sind immer kreischend weggerannt, wenn Zitterkalle anfing, in seinen Taschen zu graben. Marlies hat nie verstanden, warum. Sie wickelt den Bonbon aus und steckt ihn sich in den Mund. Zitterkalle und Marlies lächeln sich an, dann gehen sie auseinander, Zitterkalle zum Tresen, Marlies zum Landfrauentisch.
    Auf der Bühne spielt dieselbe Band wie letztes Jahr beim Feuerwehrball – die Schützen wollen mit dem Unterhaltungsprogramm auf Nummer sicher gehen. Auf dem Feuerwehrball hat man sich noch darüber unterhalten, ob die Stimme der Sängerin wohl echt ist. Inzwischen hat sich die Aufmerksamkeit ein Stückchen tiefer verlagert.
    »Die hatte damals nicht so große Bommeln«, tuschelt Tina und presst ihre eigene Oberweite möglichst vorteilhaft zwischen den Oberarmen zusammen.
    »Nee, die sind bestimmt gemacht«, zischt Monique und fügt hinzu: »Dabei ist das doch total out! Der Trend geht zum Naturbusen.« Als Inhaberin eines Schönheitssalons kennt sie sich natürlich mit solchen Dingen aus.
    Tina nimmt die Oberarme schnell wieder auseinander. Sie sucht wohl immer noch Anschluss an die Führungsriege. Petra und Hanna verdrehen die Augen.
    Tina bemerkt das und pustet schnell in die Luft. Das ist inzwischen ihr geheimes Zeichen für die Operation Frischluftkur. Petra, Hanna und Marlies machen es ihr nach. Sie werfen sich verschwörerische Blicke zu und fangen an zu kichern. Monique wundert sich. Warum lachen die, ich habe doch gar keinen Scherz gemacht? , fragt sie sich.
    Die Band spielt Xanadu. Marlies träumt von fremden Ländern und Rocco, und Monique gibt eine Runde »Roten« aus. »Wollen wir uns wieder vertragen?«, brüllt sie den traditionellen Landfrauen-Trinkspruch gegen die Musik an.
    »Ja, wir wollen uns wieder vertragen!«, brüllen die anderen zurück und stoßen miteinander an. Dabei haben sie sich vorher gar nicht gestritten. Aber in diesen intriganten Kreisen weiß man ja nie. Da ist es nie verkehrt, ein wenig Solidarität zu bekunden – ob die nun echt ist oder nicht.
    Marlies setzt das Glas ab. Vorsichtig sieht sie sich um. Warum eigentlich vorsichtig? Es beachtet sie sowieso keine der Landfrauen, außer hin und wieder Petra, Hanna und Tina. Da diese immer noch Anstalten macht, bei Monique zu punkten, wird sie von den beiden anderen nicht aus den Augen gelassen. Also kann sie jetzt verschwinden, ohne dass es deswegen größere Diskussionen gibt.
    Marlies geht raus aus dem Zelt, an den Bierbuden und dem

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