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Frischluftkur: Roman (German Edition)

Frischluftkur: Roman (German Edition)

Titel: Frischluftkur: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Rick
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jetzt: Welcome to the darrrrrkness!« Knarzend schließt sich das Verdeck über Marlies. Im Wagen riecht es nun etwas muffig, nach altem Zelt und Staub und Dachboden ... aber auch nach verbotenen Küssen, heimlichen Berührungen, unterdrückter Leidenschaft. Was wohl Rocco gerade macht?
    Das Verdeck geht wieder auf, und Marlies sieht ihn am Geländer stehen. Er spricht mit Evelyn, ihrer Kollegin. Meiner , faucht Marlies lautlos. Finger weg!
    Als die Raupenbahnfahrt vorbei ist, klettert sie aus dem Wagen und geht zu Evelyn. Keine Spur von Rocco.
    »Hallo, Marlies, da bist du ja!«, begrüßt ihre Kollegin sie. »Der Typ da eben wollte ganz viel über dich wissen. Er hat uns wohl beide bei Knurres gesehen. Der ist spitz auf dich! Aber pass auf, irgendwas stimmt mit dem nicht.« Spitz , denkt Marlies, was für eine ungehobelte Ausdrucksweise. Aber von Evelyn kann man wohl nichts anderes erwarten. Trotzdem fühlt Marlies sich geschmeichelt.
    Der Lautsprecher kündigt die nächste Raupenbahnrunde an, und Marlies sieht, wie Monique auf Rocco zustöckelt und sich von ihm in einen Wagen helfen lässt, ihn dabei anschmachtet und dann auch noch so tut, als würde sie das Gleichgewicht verlieren, nur, um sich an ihn lehnen zu können.
    »Ey, Schmierlappen, lass die Finger von unseren Mädchen«, grölen die Schützen aufgebracht.
    Blödes Pack, denkt Marlies, mein Rocco ist kein Schmierlappen. Was ist das überhaupt für eine Beleidigung? Was wollen die damit sagen?
    Rocco sammelt ungerührt von Moniques Baggerversuchen und den Anfeindungen der Schützen weiter Chips ein und geht dann zu Marlies. »Bella«, flüstert er ihr ins Ohr, »ich muss dich unbedingt alleine sehen. Um halb elf habe ich Pause. Treffen wir uns am Wohnwagen, meine Schönste?«
    Marlies nickt. Ja, sie will ihn wiedersehen.
    Sie steigt zum zweiten Mal in die Raupenbahn, wieder in den roten Wagen. Rocco nimmt ihren Chip und zwinkert ihr zu. Im Wagen davor – der gelb ist wie der Neid, wie Marlies triumphierend feststellt – tuscheln Monique und zwei weitere junge Landfrauen, die sich mit auf die Bank gequetscht haben. In den Waggons hinter ihr bespritzen sich die Schützen gegenseitig mit Bier.
    Die Raupenbahn rattert los. »Du kannst nicht immer siebzehn sein ...«, klingt es aus den Lautsprechern, »Liebling, das kannst du nicht ...«
    Als das Verdeck sich über ihr schließt, stellt sie sich vor, wie Rocco sie küsst. Vielleicht, ganz vielleicht, wäre sie diesmal sogar noch einmal bereit, bis zum Äußersten zu gehen. Schließlich ist sie keine siebzehn mehr. Sie ist achtundzwanzig. Und langsam wird es Zeit für sie. Doch als sie sich gerade durch tiefes Ein- und Ausatmen darauf vorbereitet, ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen, klappt das Dach über ihr schon wieder zurück.
    »Schlampe«, zischt Monique ihr zu, als die Fahrt vorüber ist und sie an den jungen Landfrauen vorbeigeht, die wieder am Geländer lehnen.
    Marlies geht ein wenig spazieren. Mit dem Lärm des Jahrmarktes, der langsam hinter ihr verebbt, verschwindet auch die flirrende Anspannung der letzten halben Stunde. Sie merkt, wie sie wieder ganz ruhig wird, und schlendert weiter. Über den Friedhof, an der Gärtnerei und an der Opel-Handlung vorbei. Im Schaufenster von Moniques Schönheitssalon wird für Brazilian Waxing geworben, aber Marlies versteht nicht ganz, was das genau sein soll. Irgendwas mit Kerzen aus Brasilien? Egal.
    Schließlich kommt Marlies am Wohnwagen an. Sie setzt sich auf die Deichsel und wartet auf Rocco. Und wartet. Und noch ein bisschen. Die innere und äußere Ruhe wird langsam etwas zu ... ruhig. Nur Oma Ellerbrock kommt irgendwann vorbeigeschlurft und lächelt sie an. Marlies lächelt zurück. Sie mag die alte Frau. Die versucht nie, ihr ein Gespräch aufzuzwingen, wenn sie sich begegnen. Und das passiert mindestens einmal am Tag. Manchmal denkt Marlies, Oma Ellerbrock muss mindestens drei eineiige Schwestern haben, weil sie immer überall zu sein scheint. Gibt es so etwas überhaupt, eineiige Vierlinge? Einen Moment lang gibt sich Marlies dem Gedanken hin, mit Rocco Kinder zu haben. Den dafür nötigen Zeugungsakt blendet sie großzügig aus.
    Dann, nach einer gefühlten Ewigkeit, ist es endlich so weit: Aus der Dunkelheit löst sich seine Gestalt. Er sieht wirklich noch besser aus als alle Pappaufsteller, die Tchibo je geschickt hat.
    Rocco setzt sich neben sie, legt den Arm um ihre Schulter und fängt an zu reden. Davon, wie schön sie sei und wie einzigartig

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