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Frischluftkur: Roman (German Edition)

Frischluftkur: Roman (German Edition)

Titel: Frischluftkur: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Rick
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und von seinem Vermögen, mehreren Inseln im Mittelmeer, die eigentlich ihm zustünden, es gäbe aber Probleme mit den Erbschaftsformalitäten. Er spricht von Italien, von seinem Weingut, davon, wie einsam er sich fühle und dass er spüre, dass sie die Richtige sei, seine Herzdame. Er sagt eigentlich genau das, was Marlies sich immer von einem Mann erträumt hat. Genau das, was die Männer in den Tiffany-Romanen auch sagen ... Lippen zusammen , reißt sich Marlies aus ihrer Träumerei, schließt den Mund und dreht sich zu Rocco –
    – der sie küsst! Dabei gehen die Lippen wieder auseinander, aber was soll's, das sieht er ja nun eh nicht. Erstens hat er die Augen geschlossen, und zweitens ist er gerade sehr damit beschäftigt, mit seiner Zunge in ihrem Mund herumzuwühlen. Marlies weiß nicht so genau, ob sie das noch romantisch finden soll, aber sie denkt, dass das wohl dazugehört.
    Nach ein paar Minuten gewöhnt sie sich daran. Sie hat herausgefunden, dass das Küssen leichter geht, wenn sie durch die Nase atmet. Ein Italiener, der französisch küsst, denkt sie. Ob das gemeint ist, wenn im Radio von Völkerverständigung die Rede ist?
    Vielleicht sollte sie jetzt einfach einmal spontan sein und ein bisschen zurückwühlen. Marlies nimmt innerlich Anlauf ... doch dann brüllt jemand: »Rolf, sofort wieder zur Arbeit!«
    Rocco springt auf. »Jawoll, Chef!«, ruft er und flüstert Marlies zu: »Um halb eins habe ich Feierabend, dann treffen wir uns wieder hier.«
    Marlies ist inzwischen schon nicht mehr so schüchtern, sie antwortet sogar. Natürlich mit: »Ja.«
    Rocco läuft Richtung Festplatz. Marlies bleibt noch sitzen und horcht in sich hinein. Sie erwartet, die Stimme der Leidenschaft in sich zu hören. Stattdessen merkt sie, dass sie Durst hat.
    Marlies geht zum Schützenfest zurück, direkt ins Zelt und die Sektbar. Dort kommt ihr Evelyn entgegen. »Tschüss, Süße, ich muss los, ich hab noch was vor«, sagt sie. »Pass auf dich auf! Und sei vorsichtig mit diesem Rocco!«
    Jaja, soll die nur reden , denkt Marlies.
    In der Sektbar ist super Stimmung, Monique und die anderen geben ein paar Runden Prosecco aus. Dann wird diskutiert, wer wohl Schützenkönig wird. Angeblich will keiner – das wäre eine Katastrophe! Im Nachbardorf ist das schon vorgekommen. So eine Schande!
    Tina versucht herauszufinden, wer alles eine Affäre mit ihrem Mann haben könnte. Hanna wundert sich, dass ihr Heinz freiwillig zuhause geblieben ist. »Nein, Schatz, das ist mir zu unzivilisiert. Du weißt doch, dass diese Alkoholexzesse nichts für mich sind«, hat er gesagt. Seit dem Seminar ist er wirklich ganz anders.
    Die Band spielt I' ve never promised you a rosegarden. Dazu schwofen die Damen des Häkelkränzchens Arm in Arm.
    Wer braucht schon einen Rosengarten , denkt Marlies, die sich das Leben auf einer Insel im Mittelmeer oder auf einem italienischen Weingut vorstellt. Dann bemerkt sie, dass sie immer noch den dritten Fahrchip in der Hand hält.
    »Und jetzt alle auf zur Raupenbahn«, befiehlt Monique, eine Flasche Prosecco über dem Kopf schwenkend. Sie führt eine Polonäse an, die erst aus der Sektbar und dann aus dem Festzelt heraustänzelt, Richtung Karussell. Marlies kommt sich ein bisschen blöd vor, macht aber mit.
    »Wisst ihr noch, wie das früher war?«, kreischt Monique. »Wenn einer von diesen knackigen Kerlen, die bei der Raupenbahn arbeiten, zu einem auf den Wagen springt, ist man die Königin. Also: Wer wird heute Königin? Ab in die Waggons aber einzeln!«
    Monique und ihre Getreuen springen in die Wagen. Marlies findet das Spiel zwar doof, macht aber mit. Hanna guckt ihr verblüfft hinterher, Petra lacht und Tina hebt anerkennend den Daumen. Die jungen Schützen am Rand rasseln eifersüchtig mit ihren Orden.
    Rocco sammelt die Fahrchips ein. Monique schafft es dabei, sein Knie zu berühren. Es sieht ein bisschen so aus, als wollte sie sich an ihm festkrallen. »Unerlaubtes Handspiel!«, ruft Tina vergnügt und wird puterrot, als ein strafender Blick sie trifft. Die Schützen beobachten die Szene angespannt.
    Monique drapiert sich siegesgewiss in ihrem Waggon und zieht ihren Rock so hoch, dass man die Farbe ihrer Unterhose nicht nur erahnt. Die anderen Landfrauen folgen ihrem Vorbild. Sie bieten sich an wie Hühnchenschenkel in der Frischfleischtheke.
    Marlies krallt ihre Finger in das mürbe rote Kunstleder der Sitzbank und denkt: Mund zu. Sie ärgert sich, dass sie statt Lipgloss nicht die

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