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Frischluftkur: Roman (German Edition)

Frischluftkur: Roman (German Edition)

Titel: Frischluftkur: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Rick
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nur noch schnell etwas Öl erwärmen.«
    Tina und Marlies pulen Siegfrieds holzwollene Innereien heraus, als Monique wieder hinter der Wand hervorgeschossen kommt. Sie verstecken sich schnell hinter dem Empfangstresen. Monique sieht sich suchend um. Entweder hat sie vergessen, was sie gerade tun wollte oder sie hat etwas bemerkt.
    »Was wollte ich noch?«, fragt sie sich selbst. In letzter Zeit, genauer gesagt, seit sie sich nachts häufig mit dem Flexi-Stab-Trainer trifft, ist zwar ihre Tiefenmuskulatur straff, ihr Gehirn jedoch wie ausgeleiert.
    »Gib Küsschen! Gib Küsschen!«, fordert Siegfrieds nun fast schlaffe Hülle hinterm Tresen. Tina hat schon wieder aus Versehen den Sprachmechanismus ausgelöst. »Öl!«, ruft Petra laut. »Du wolltest Öl holen!«
    »Ach, stimmt ja«, fällt Monique ein. Sie holt eine Flasche Salatöl aus einem Schrank und füllt den Inhalt in den Messbecher, den sie noch in der Hand hat.
    Sie läuft wieder zurück und befiehlt Petra: »Augen zu! Entspannen!«
    Tina setzt derweil Kamera und Mikrofon in Siegfried ein. Kaum ist sie fertig, zieht Marlies ein kleines Nähset aus ihrer Tasche und schließt mit beherzten Stichen die Bauchwunde. Tina sieht ihr anerkennend dabei zu, das hat sie ihrem Mauerblümchen gar nicht zugetraut. »Hab ich immer dabei«, flüstert Marlies.
    »Aber wohin jetzt mit der Holzwolle? Mit Siegfrieds Gedärm?« Ein Mülleimer ist nicht zu sehen.
    Marlies zeigt auf einen Kanister mit Dauerwell-Flüssigkeit. Tina stopft die Holzwolle hinein. Sie löst sich sofort auf. »Uuuuahhhh!«, wispert Tina bei dem Anblick der chemischen Reaktion.
    Siegfried guckt auch ein wenig komisch. Das eingesetzte Kameraobjektiv verleiht seinem Blick etwas Durchdringendes. Wenigstens sagt er nichts.
    Monique kommt wieder durch den Perlenvorhang, sie zieht Petra und Hanna hinter sich her, die aussehen, als hätten sie dringend drei bis vier Haarwäschen und jeweils eine neue Frisur nötig. Ihre Gesichter glänzen wie Speckschwarten, schmierige Schlieren überziehen ihre Kleidung.
    »So, und jetzt setzt euch und genießt die völlige Losgelöstheit«, befiehlt Monique. »Legt aber was drunter, nicht, dass ihr mir hier noch die Polster verschmiert!« Sie streckt Marlies und Petra Handtücher entgegen. »Ich werde euch inzwischen die Grundlagen des Bauchtanzes vorführen. Merkt euch die Schritte!« Sie schnappt sich die Fernbedienung für die Stereoanlage und drückt auf einen Knopf. Orientalische Klänge kämpfen sich durch die Duftschwaden. Monique kreist mit den Hüften, kommt dabei Siegfrieds verlassenem Trapez immer näher. Tina versucht, hinter ihrem Rücken den Vogel wieder zu platzieren, aber die Kamera darin hat seinen Schwerpunkt verändert, er kippt immer wieder nach vorn. Jedes Mal, wenn sie ihn fast aufgerichtet hat, vollführt die begeisterte Bauchtänzerin eine ekstatische Drehung genau in Tinas Richtung. Die Glöckchen an Moniques Kostüm bimmeln wie wild. Der Vogel beugt sich nach vorne, es sieht aus, als würde er beifällig nicken.
    »Ja, Siegfried, das gefällt dir, was?«, gurrt Monique. Sie scheint die Veränderung des Papageis nicht bemerkt zu haben. Noch nicht.
    »Komisch, warum sagst du denn gar nichts?«, fragt sie plötzlich. »Du sagst doch sonst immer was.«
    Verdammt, der Sprachmechanismus , denkt Tina. Den hat Marlies wohl irgendwie abgeschaltet. Sie packt Siegfried am Hals. »Hey, was machst du da mit meinem Süßen?«, fragt Monique.
    Die Musik geht aus.
    »Also, ich ...«
    »Sind meine Foliensträhnchen nicht bald fertig?«, meldet sich eine Stimme aus den Tiefen des Lounge-Bereiches. Monique und die Frischluftfreundinnen fahren erschrocken zusammen.
    Eine zierliche ältere Dame, Mitglied des Häkelkränzchens, sitzt halb versunken zwischen Polstern, Kissen und Diddl-Mäusen. Sie lässt das Lesezirkel-Exemplar von Meine Familie und ich sinken und guckt ein wenig vorwurfsvoll. Auf dem Kopf sieht sie aus wie ein Alien, mit lauter Antennen.
    »Ach ja, Frau Helmichs ... ja, so langsam, die Einwirkzeit ... Ich glaube, wir können jetzt mal das Ergebnis bestaunen«, stammelt Monique. Sie hat heute wirklich nicht ihren besten Tag.
    »Schatzi, Küsschen!«, muntert Siegfried sie auf.
    »Und bei euch wollte ich eigentlich noch eine Ernährungsberatung machen«, sagt Monique mit nachdenklichem Blick auf Hanna und Petra. »Ach, holen wir nach. Das macht dann erst mal fünfundsiebzig Euro. Sonderpreis, weil ihr es seid.« Hanna bezahlt widerspruchslos, sie will einfach

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