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Fritz Neuhaus 03 - Nichtwisser

Titel: Fritz Neuhaus 03 - Nichtwisser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Senf
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in das Auspuffrohr und justierte ihn mit dem Klebeband. Dann rollte ich den Schlauch aus und führte ihn durch das Beifahrerfenster in das Wageninnere, bis sein Ende vor den Gesichtern von Poulet und Betty leicht schwankend hing. Ich kurbelte das Fenster hoch und dichtete es mit dem Klebeband ab. Ich wandte mich den beiden Figuren zu. Poulet rollte furchtbar mit den Augen. Betty stöhnte und atmete schwer.
    »Ich lasse jetzt den Motor an und lenke die Abgase hier ins Wageninnere. Ich setze diese Gasmaske auf. Mir wird nichts passieren. Ihr könnt mir alles sagen. Wenn ihr nichts sagt, werdet ihr sterben. Es dauert etwa 10 Minuten. Es wird aussehen wie Selbstmord. Ein verzweifeltes Pärchen auf seiner letzten Fahrt.«
    Ich setzte die Gasmaske auf und startete den Motor. Nach etwa 30 Sekunden traten die Abgase aus dem Ende des Gartenschlauches ins Wageninnere. Ganz dünne, aber gut sichtbare Wölkchen verbreiteten sich. Wurden dichter. Ich schaute auf die Uhr. Eine gute Minute war verstrichen. Ich wollte meine Drohung nicht wahr machen. Sicher aber war ich mir nicht. Ich war in einem Zustand, der ekstatisch wurde. Ich wollte Freezing, den Aufprall, die Lösung. Last Exit Tunnel.
    Ich trug immer ein winziges Aufnahmegerät bei mir. Es war hochempfindlich. Ein Unikat, das ein Bastler für mich gebaut hatte. Man musste es nur in die Spalte des Hemdkragens schieben, wo sonst die Kragenspanner saßen.
    »Spüren Sie schon was?«
    Meine Stimme klang in der Gasmaske geisterhaft. Eine weitere Minute verstrich.
    Dann ergaben sie sich. Poulet strampelte und grunzte laut. Betty hüpfte auf ihrem Stuhl, soweit die Fesseln das zuließen, rauf und runter. Ich stellte den Motor ab. Ich riss Poulet das Klebeband von den Ohren und dem Mund. Er schrie laut. Das Abziehen des Klebebandes tat weh. Betty behielt ihres noch. Ich wollte nur ihn hören. Ihr Gegacker kam später dran.
    Ich kurbelte das Fenster nicht hinunter. Der Gestank sollte zur Erinnerung bleiben. Sie würden ihn verkraften. Poulet war erschöpft von der langen Fesselung. Das war gut. Erschöpfte Menschen waren keine Heroen.
    »Alles von Anfang an. Und keine Fisimatenten!«
    Ich ließ das Aufnahmegerät laufen.
    Poulet musste sich mehrmals räuspern, ehe er sprechen konnte. Seine Stimme klang rau. Erst erzählte er stockend. Mit großen Pausen. Als käme gleich sein großer Bruder und rettete ihn. Ich ließ den Motor an. Das half ihm auf die Sprünge.
    »Der BND hat hier ein Zentrum für Folterforschung eingerichtet. Ein ganz kleiner Kreis nur ist damit befasst. In Schlabbach und im Fort Hackenberg werden Experimente durchgeführt. Erforscht werden sollten neue Foltertechniken. Die Projektleiterin Martha Klein nannte es den präzisen Folterschnitt, nach dem Vorbild chirurgisch präziser Lenkwaffen. Der Delinquent sollte unter dem Einfluss von Drogen gefoltert werden. Mit diesen Drogen wurde hier experimentiert. Nach der Folterung sollte der Gefolterte alles vergessen haben. Auch schwerste Folterungen. Er würde sich nicht beschweren, falls er die Folter überlebte. Wo es keine Beschwerden gibt, gibt es auch keine Folteropfer. Dieses Folterprogramm soll Deutschland unabhängig machen von Informationen der CIA und der amerikanischen Regierung, die weltweit geheime Foltergefängnisse betreibt, in denen Agenten des BND auch Vernehmungen durchführten. Der amerikanische Präsident Bush hat die Existenz solcher geheimen Foltergefängnisse mit harten Verhörmethoden mittlerweile, Anfang September 2006, offiziell eingestanden. Das Folterprogramm ist natürlich höchst geheim. Im Falle eines Scheiterns oder einer Panne haben die Verantwortlichen keine Rückendeckung durch Regierungsstellen. Ich weiß nicht, wer überhaupt alles eingeweiht ist. Es gab eine Panne. Es gab Tote. Als Versuchskaninchen dienten Flüchtlinge aus dem Lager in Schlabbach. Aber nicht nur das. Martha Klein, und deswegen wurde sie mit der Leitung des Folterprogramms beauftragt, verfügte über alle Techniken, Flüchtlinge mürbe zu machen. Sie wurden zermürbt, bis sie bereit waren, sich dem Programm zur Verfügung zu stellen. Ihnen wurde das Paradies in Deutschland in Aussicht gestellt. Einbürgerung, Jobs, Autos. In Wahrheit sollte das gesamte Lager in einen Zustand kollektiver Depression versetzt werden. Man wollte die Menschen im Zustand schwerer Traumatisierung studieren. Man wollte diese Studien auf den ganzen Landkreis ausdehnen. Ahnungslosen Menschen in Gaststätten wurden Drogen verabreicht. Der CIA

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