Fröhliche Ferien am Meer
mir der Gentleman wieder ein, ich ging auf Zehenspitzen hinaus und klopfte sehr laut.«
Sie lachte. »Ich kann mir vorstellen, wie ich aussah. Kein Wunder, daß du auf Zehenspitzen hinausgingst.« Trotz aller guten Vorsätze war der Blick, den sie ihm schenkte, herausfordernd. Er schien es nicht zu merken und sagte: »Ich muß zum Stall hinaufgehen. Er ist in einem gräßlichen Zustand.«
Als Anna hereinkam, sprudelte es plötzlich völlig ohne Anlaß aus ihr hervor: »Stephen ist ein äußerst ärgerlicher Mensch. Man weiß nie recht, was er denkt.«
»Ja, er kann einen verwirren. Nach so langer Zeit verwirrt er sogar mich noch manchmal«, stimmte sie zu, und Angela dachte wütend, daß das wirklich eine Untertreibung war.
An diesem Abend sagte Stephen: »Ich wollte euch drei eine Lobrede halten. Ihr habt die Situation gerettet und wie die Wahnsinnigen gearbeitet. Ich danke euch herzlich.«
Anna sagte ruhig: »Das war wie in alten Zeiten, aber bei Angela mußt du dich bedanken. Sie hat die unangenehme Arbeit übernommen, und sie sieht heute abend müde aus.«
Er sah sie ernst an. »Ja, das stimmt — es war eigentlich nicht richtig, die Ferien zu unterbrechen und so das Wiedersehen mit Robert zu verpassen.«
»Ich werde darüber wegkommen. Ich bin noch nicht so sehr an das Familienleben gewöhnt, obwohl ich ihm einiges abgewinnen kann. Ich bin gerne gekommen, um zu helfen.«
»Dann laufe auch morgen nicht gleich weg. Ruhe dich erst ein paar Tage aus.«
Sie einigten sich, und die drei folgenden Tage verliefen recht glücklich. Anna und Standish nahmen schnell wieder ihre alte Gewohnheit an und unterhielten sich oder lasen, während Angela und Stephen die notwendigste Arbeit verrichteten, gemeinsam ausritten oder auf der Farm herumspazierten. Abends fuhren sie in die Stadt, einmal ins Kino, einmal in ein gutes Konzert, das von einem Künstler gegeben wurde, der großzügigerweise auch die kleineren Städtchen besuchte. Als sie an diesem Abend zurückkamen, sagte Angela: »Hier hast du wirklich das Beste von allem. Unterhaltung und Menschen, wenn du sie möchtest, — ein Konzert, und in einer halben Stunde bist du zu Hause, ohne um einen Bus kämpfen zu müssen. Ruhe und das Recht, ein eigenes Leben zu leben.«
»Mir gefällt es, aber einige Frauen würde es langweilen.«
»Mich nicht.« Die Worte waren ausgesprochen, bevor sie sie zurückhalten konnte. Sie bekam einen schamroten Kopf; es klang wie eine beabsichtigte Einladung. Hastig sprach sie weiter: »Freddie würde sicher eine Großstadt wollen. Sie hat das immer gehabt, und sie liebt viele Menschen. Ich bin ja nur gespannt, wie ihr die Krankenpflege gefallen wird. Besser sie als ich. Soviel Plackerei und Unannehmlichkeiten — und sie ist so fröhlich.«
»Das wird den Patienten gefallen. Sie werden sie auch gerne sehen.«
»Sie ist herrlich, nicht wahr? Und so mutig. Ich hätte nie tun können, was sie an jenem Abend mit dem armen alten Mr. Matthews getan hat. Natürlich hat sie unheimlich viel Kraft.«
»Ich glaube kaum, daß es dir daran fehlt.«
»Oh, aber ich bin nicht mit ihr zu vergleichen«; jetzt geriet sie ausgesprochen ins Plaudern und begann mit einer ausführlichen Analyse von Freddies Charakter und ihren Leistungen.
Als er ihr an ihrer Schlafzimmertür gute Nacht sagte, lächelte er sie verschmitzt an. »Na ja, über Freddie hast du mir nun bestimmt alles erzählt. Natürlich mag ich sie sehr gerne, aber es gibt andere Dinge, die ich lieber mit dir besprochen hätte.«
Sie lachte schelmisch. »Was für Dinge? Über Hammel oder über den Vertrag von Waitangi?« sagte sie, wünschte ihm dann fröhlich eine gute Nacht und ging in ihr Zimmer.
Sie fühlte sich jetzt besser.
16
Als Stephen sie nach acht Tagen auf die Farm zurückbrachte, blieb er über Nacht bei Anna und fuhr am nächsten Tag wieder nach Hause.
»Bevor ihr abreist, komme ich noch einmal. Inzwischen wird Andy wieder da sein, er kann natürlich noch nicht arbeiten, aber ich habe einen Nachbarn, dessen Sohn kommt. Jetzt gibt es nicht soviel zu tun, und es wird schon gehen, wenn Andy da ist, um ein Auge auf alles zu haben. Bis dahin muß ich hierbleiben und arbeiten. Also auf Wiedersehen und vielen Dank, Angela und Mr. Standish, ohne euch wäre ich in schrecklicher Verlegenheit gewesen.«
Das war alles. Kein vertraulicher Gruß für sie. Es wurde wirklich zu einer Geduldsprobe, dachte Angela, und nichts, was er tat, würde sie in Zukunft noch überraschen.
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