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Frösche: Roman (German Edition)

Frösche: Roman (German Edition)

Titel: Frösche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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trug sie ein Namensschild mit ihrem Foto. Über ihrer linken Schulter befand sich eine Sprechblase:
    Die Chinesisch-Amerikanische Mutter-und-Kind-Klinik ist für Sie die ideale gynäkologische Klinik für pränatale und geburtshilfliche Medizin höchster Ansprüche. Wir vermeiden eine kalte Krankenhausatmosphäre und begegnen Ihnen mit Wärme und Herzlichkeit. Sie treffen auf ein harmonisches Miteinander, Ehrlichkeit und eine familiäre Atmosphäre. Sie erfahren bei uns, was gehobener Service der ersten Klasse bedeutet ...
    Unter ihrer rechten Schulter gab es eine weitere Sprechblase:
    Wir halten uns streng an das Genfer Gelöbnis des Weltärztebunds, verabschiedet im September 1948. Wir praktizieren die ärztliche Kunst mit Gewissenhaftigkeit und Würde. Die Gesundheit unserer Patienten ist oberstes Gebot unseres Handelns. Die uns anvertrauten Geheimnisse unserer Patienten wahren wir auch über deren Tod hinaus. Wir halten mit allen unseren Kräften die Ehre und die edle Tradition unseres ärztlichen Berufes aufrecht ...
    Ich schielte zu meiner Frau hinüber und bemerkte, dass sie beim Durchblättern der Klinikbroschüre die Stirn runzelte.
    Ich schlug die nächste Seite auf und blickte auf einen Sicherheit ausstrahlenden, Vertrauen erweckenden Gynäkologen, der dabei war, den Bauchumfang einer Schwangeren zu messen. Ihr hoch aufragender Bauch war glänzend und makellos, ihr Gesicht mit einem hohen Nasenrücken und langen Wimpern, verführerischen vollen Lippen und einem rosigen Teint ließ nichts erkennen von der für Schwangere typischen Abgespanntheit. Eine Sprechblase mit einer Textzeile besagte:
    Wir behandeln das Leben vom ersten Tag der Schwangerschaft an mit dem allergrößten Respekt .
    Ein mittelgroßer Mann mit spärlichem Haar in Markenfreizeitkleidung kam mit schnellen Schritten in die Lobby. An seinem selbstbewussten Blick und dem leicht vorgewölbten Bauch konnte ich erkennen, dass er einen hohen Status haben musste. Wenn er kein hoher Kader war, so doch jemand mit hohem Einkommen, oder auch beides, von hohem Rang und mit hohem Einkommen. Mit seiner Linken umfasste er leicht ein junges Mädchen. Sie trug ein gelbes Seidenkleid mit schwingendem Rock und ging mit wiegenden Schritten, eine hochgewachsene Schöne mit weichen Formen und schlanker Taille.
    Das Herz stockte mir, denn plötzlich erkannte ich sie. Es war Xiaobi, die Büroleiterin des Froschzuchtunternehmens und Bildhauerin Yuan Backes. Wir hatten sie bei Backe und meinem Cousin kennengelernt.
    Erschrocken senkte ich den Kopf und hielt mir die Klinikbroschüre vors Gesicht.
    Ich blätterte weiter. Rechts neben einem makellosen, hoch aufragenden Schwangerenbauch gab es ein Foto von fünf nackten Babys. Sie schauten alle nach links, als hätte jemand von dort mit ihnen Späßchen gemacht. Das Profil ihrer runden Gesichtchen, die runde Stirn, die runden Bäckchen waren herzallerliebst. Obwohl man nicht ihr ganzes Gesicht sehen konnte, sah man ihr unschuldiges Lächeln. Drei von ihnen hatten ein wenig Haarflaum, zwei schon etwas mehr Haare, zwei von ihnen hatten schwarzes, eines hellblondes und zwei mittelblondes Haar. Alle hatten große Ohren, große Ohren bedeuten ja Glück!
    Wessen Foto in dieser Broschüre auftauchte, der war mit Sicherheit ein Glückskind und vom Schicksal begünstigt. Die Babys waren vermutlich fünf Monate alt, sie konnten soeben sitzen. Aber sie saßen noch wackelig und hielten den Rücken nicht richtig gerade. Die Kleinen waren durchweg dicke Moppelchen, unter ihren angewinkelten Ärmchen sah man die runden Bäuchlein aufragen. Ihr Po war plattgedrückt. Die Ritze zwischen den beiden Pobacken sah ganz allerliebst aus. Links von den Babys gab es auf der weiß gebliebenen Fläche wieder eine Sprechblase:
    Eine auf die Familie ausgerichtete Geburtshilfe legt besonderen Wert auf eine gute Kommunikation zwischen der werdenden Mutter während Schwangerschaft, Niederkunft und Wochenbett und dem ganzen Ärzteteam. Vorsorge und Aufklärung der werdenden Mutter haben für uns Priorität.
    Der Mann und Xiaobi standen an der Rezeption und besprachen Verschiedenes, dann wurden sie von einer eleganten jungen Dame in den Wartebereich links von der Lobby geleitet, wo sie in weinroten Sofasesseln mit hoher Lehne Platz nehmen sollten. Auf dem Beistelltischchen stand eine Vase mit dunkelroten Rosen. Da saßen sie nun. Der Mann nieste. Seine Art zu niesen erschreckte mich so, dass ich fast aufgesprungen wäre. Diese besondere Art zu niesen,

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