Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frösche: Roman (German Edition)

Frösche: Roman (German Edition)

Titel: Frösche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
Vom Netzwerk:
mit Augen wie die Bohnen für die rote Bohnenpaste. Die Frösche seien wie eine Flutwelle auf sie zugerollt, ihr tosendes, wütendes Quaken sei von überallher gekommen, habe sie umzingelt.
    Gugu berichtete, sie habe spüren können, wie deren harte, spitze Mäuler ihr in die Haut schnappten. Als wären an ihren Füßen mit den Schwimmhäuten spitze Fingernägel gewesen, so habe es sich angefühlt, als sie sie gekratzt hätten. Sie seien ihr auf den Rücken gehopst, an den Hals, auf den Kopf, bis sie die schwere Last nicht mehr habe tragen können und bäuchlings auf den Boden gedrückt worden sei.
    Gugu meinte, das Furchterregendste sei gar nicht das Beißen und Kratzen gewesen, sondern dieses unerträglich ekelerregende Gefühl, wenn die kühle, klebrige Bauchhaut der Frösche mit ihrer Haut in Berührung gekommen sei.
    »Sie haben mich die ganze Zeit über angepinkelt! Vielleicht haben sie auch ihre Samenflüssigkeit auf mich abgespritzt.«
    Gugu sagte, plötzlich sei ihr das alte Märchen von den Fröschen eingefallen, die einen Menschen zum Narren hielten: Ein Mädchen aus gutem Hause war versehentlich am Fluss eingeschlafen und hatte geträumt, ein junger Mann in grünen Kleidern wäre erschienen und sie hätte mit ihm am Strand geschlafen. Und als sie erwachte, war sie doch wirklich schwanger. Aber was sie gebar, war ein kleiner Frosch!
    Als ihr das eingefallen sei, sagte Gugu, sei sie auf die Beine gekommen. Diese entsetzliche Vorstellung habe bei ihr enorme Kräfte frei werden lassen. Sie habe gesehen, dass viele an ihr klebende Frösche wie Matsch von ihrem Körper zu Boden gefallen seien. Aber etliche andere hätten sich noch in ihren Kleidern, in ihren Haaren festgeklammert. Zwei hätten sich sogar an ihren Ohrläppchen festgebissen wie ein Paar grässliche Ohrringe.
    Gugu war weitergerannt, die sie nach unten ziehenden Kräfte waren plötzlich fortgewesen. Sie hatte sich beim Rennen geschüttelt, hatte mit beiden Händen wild auf sich und um sich geschlagen. Wenn sie einen Frosch erwischt hatte, hatte sie schrill aufgeschrien, ihn gepackt und von sich geschleudert.
    Als sie die zwei Frösche von ihren Ohren abgerissen habe, sagte Gugu, sei es um ihre Ohren beinahe geschehen gewesen, denn sie hätten daran gehangen wie hungrige Säuglinge an den Brustwarzen der Mutter.
    Sie habe geschrien, während sie weitergerannt sei, aber die Frösche seien ihr dicht auf den Fersen und schwer abzuschütteln gewesen. Sie habe sich beim Rennen kurz umgewandt, und der Anblick habe sie völlig kopflos werden lassen. Tausende, Abertausende von Fröschen seien ihr wie eine Armee quakend, hopsend, rempelnd, drängelnd, wie ein dicker, schmutziger Strom rasend schnell gefolgt. Damit nicht genug seien immer weitere von beiden Seiten auf den Pfad gesprungen. Wie sei sie gerannt! Aber Trupps von Fröschen seien schon vor ihr gewesen und hätten versucht, ihr den Weg abzuschneiden, andere seien angriffslustig aus dem Schilf auf sie zugesprungen.
    An jenem Abend habe sie, so sagte Gugu, einen dicken schwarzen Seidenrock getragen. Er sei von den Fröschen, die sie hinterrücks überfallen hätten, in Fetzen gerissen worden. Wenn die Frösche ein Stück Seide abgerissen hätten, hätten sie es sofort verschlungen, sie hätten es sich ins Maul gestopft und hinuntergewürgt und dann einen Purzelbaum geschlagen, so dass man den weißen Bauch habe sehen können.
    Gugu erzählte weiter, sie sei dann zum Fluss gerannt. Als sie die kleine Steinbrücke im Mondlicht habe funkeln sehen, sei von ihrem Rock schon nichts mehr übrig gewesen. Sie sei so gut wie nackt gewesen, als sie auf die kleine Brücke gelaufen und dort mit Hao Große Hand zusammengetroffen sei.
    »Ich hatte in dieser Lage keinen Sinn für Peinlichkeit mehr. Mir war gar nicht bewusst, dass ich fast nackt war. Ich sah einen Mann mit Palmstrohcape und Bambushut auf der kleinen Brücke sitzen und mit der Hand einen silbern funkelnden Klumpen bearbeiten. Später erfuhr ich, dass er Tonerde geknetet hatte.«
    Um Mondlichtkinder zu machen, braucht man wohl Mondlichttonerde.
    »Ich konnte in jenem Augenblick gar nicht erkennen, wer es war, nur dass es ein Mensch war und meine Rettung.«
    Gugu erzählte, sie sei diesem Mann in die Arme gestürzt, habe sich wie von Sinnen unter das Palmstrohcape an seine Brust gewühlt, nur um an ihrer eigenen Brust die Wärme seines Körpers zu spüren und die frostige, nach Fisch stinkende Kälte der Frösche zu vertreiben. »Zu Hilfe, Bruder«,

Weitere Kostenlose Bücher