Frösche: Roman (German Edition)
gewachsen sein.
»Na gut«, sagte ich lachend, »wenn es dir zu Hause zu langweilig ist, geh dorthin, um dir die Zeit zu vertreiben. Aber ich denke, es wird keine Woche dauern und du lässt dich da nicht mehr blicken.«
7
Sugitani san, lieber Freund, obwohl ich mich wegen dieser Froschfarm zunächst gesträubt hatte, war ich im Geheimen froh darüber, dass Kleiner Löwe sich Arbeit gesucht hatte. Vom Typ her bin ich nämlich ein Einzelgänger. Ich gehe gern allein in der Stadt bummeln, guck mir die Schaufenster und die Leute an und bin dabei mit meinen Erinnerungen beschäftigt. Wenn ich nicht an Vergangenes denke, versenke ich mich in die Sphären des Nichts.
Mit meiner Frau spazieren zu gehen, empfinde ich als Verpflichtung. Es quälte mich, wenn ich sie einmal nicht erfüllen konnte, trotzdem musste ich mich bei den pflichtgemäßen Spaziergängen verstellen und ihr den Fröhlichen vorspielen.
So dagegen hat sich alles zum Guten gewendet. Jetzt geht sie frühmorgens aus dem Haus zur Arbeit auf der Froschfarm. Sie fährt mit ihrem neuen Elektrofahrrad, das angeblich mein Cousin für sie gekauft hat. Ich sehe ihr durchs Fenster hinterher, wie sie gesittet auf ihrem Elektrofahrrad sitzt und den Weg am Fluss hinunterfährt, still vorwärts gleitend. Sobald sie aus meinem Blickfeld verschwunden ist, gehe ich auch.
Drei, vier Monate lang war ich täglich unterwegs und habe mir alle Viertel am Nordufer des Flusses angeschaut. Ich war im Wald, in den Baumschulen, bei den Gartenbauern, in verschiedenen Supermärkten und Tante-Emma-Läden, im Massagesalon, den die Blindenhilfe betreibt, im Fitness-Studio, beim Damenfriseur, in verschiedenen Apotheken, bei den Toto-Lotto-Annahmestellen, in Billigwarenhäusern, in Möbelläden, auf verschiedenen Bauernmärkten, wo die Bauern ihre Produkte direkt verkaufen, überall bin ich gewesen. Jedes Mal habe ich Fotos mit meiner Digitalkamera gemacht, wie ein Rüde, der jede Ecke markiert.
Ich bin auch durch die noch nicht für die Landwirtschaft erschlossenen Äcker gestromert, habe mir Baustellen angeschaut, auf denen im großen Stil gerodet und gebaggert wird. Auf einigen Baustellen waren die Hauptgebäude bereits fertiggestellt und kündeten schrill von der Versessenheit auf Neues. Bei manchen sah man nur riesige Baugruben, Stützen und Stahlträger. Ich erriet nicht, was daraus einmal werden sollte.
Nachdem ich mir das Nordufer gründlich angesehen hatte, verlegte ich mich aufs Südufer. Ich konnte die in schwindelnden Höhen mit ausgebreiteten Flügeln aufgehängte Schrägseilbrücke nehmen oder ein Bambusfloß, um an den etwa zehn Kilometer flussabwärts gelegenen Anleger der Familie Ai zu gelangen. Ich entschied mich immer für die Brücke, weil ich das für sicherer hielt.
Eines Tages beschloss ich, weil es auf der Brücke zu einer Karambolage gekommen war und der Verkehr sich staute, das Floß zu nehmen und meine Erinnerung an früher wieder aufleben zu lassen.
Den Staken betätigte ein Junge, der ein chinesisches Hemd mit Knotenknöpfen trug. Er sprach nur Mundart, benutzte jedoch ständig neumodische Wörter. Er hatte für sein Floß zwanzig Reisschalen starke Stangen aus Moso-Bambus zusammengefügt. Vorne hatte er einen holzgeschnitzten, bunt bemalten Drachenkopf angebracht und in der Mitte des Floßes zwei kleine Plastikschemel befestigt. Er händigte mir zwei Plastikbeutel aus, die ich mir über die Füße streifen sollte, damit Schuhe und Strümpfe trocken blieben.
Er lachte und erzählte, es kämen viele Städter, die würden Schuhe und Strümpfe lieber ausziehen. Die hübschen Frauen aus der Stadt steckten dann ihre nackten, zierlichen Füße ins Wasser, schneeweiß wie Salangidae-Stinte, und planschten damit herum. Daran habe er jedes Mal sehr viel Spaß.
Ich zog Schuhe und Strümpfe aus und gab sie ihm. Er packte sie in einen Blechkasten und sagte mit einem Augenzwinkern: »Das kostet aber einen Yuan Lagergebühr!«
»Meinetwegen«, entgegnete ich. Dann warf er mir eine backsteinrote Weste zu: »Onkel, die müssen Sie überziehen, sonst behält mir mein Chef was vom Lohn ein.«
Als der Junge begann, das Floß mit dem Staken vom Steg abzustoßen, brüllten drei am Ufer hockende Flößer: »Plattschädel! Wenn das mal nicht schiefgeht! Den Kopp unter Wasser und ersaufen musst du!«
Geschickt schwang er den Staken: »Das wär schlimm. Wenn ich absaufe, muss euer Schwesterlein Witwe werden!«
Als das Floß ins Fahrtwasser kam, ging es wie der Wind
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