Frösche: Roman (German Edition)
willensstark ist vielleicht der richtige Ausdruck, brachte mein Gedächtnis auf Trab. War er es wirklich?
Die ärztliche Betreuung der Schwangeren in den ersten Monaten der Schwangerschaft kreist um den Gesundheitszustand der Mutter und des ungeborenen Kindes, um Ernährung und sportliche Ertüchtigung, um nur zwei wichtige Bereiche zu nennen. All diese Inhalte werden mit der Schwangeren und den Familienangehörigen sorgfältig kommuniziert.
Ich wollte meiner Frau liebend gern erzählen, was ich soeben entdeckt hatte, aber sie war mit der Broschüre beschäftigt. Sie blätterte darin und murmelte: »Das ist doch kein Krankenhaus! Wer kann es sich leisten, sich in so einem Krankenhaus behandeln zu lassen!«
Sie saß mit dem Rücken zu Xiaobi und dem Mann und hatte deren Kommen gar nicht bemerkt.
Als wären die Sessel zu rot, stand der Mann plötzlich auf und führte Xiaobi durch das Foyer dorthin, wo sich das Café befand. Dieser Bereich war nur locker vom Foyer abgetrennt, man hatte im Zentrum ein paar große Töpfe mit dem Köstlichen Fensterblatt und Philodendren aufgestellt, auch einen üppig grünen Bonsai-Banyanbaum gab es, der fast bis an die Decke der Halle reichte. Die Tapete im Café-Bereich hatte ein Backsteinmuster, in der Wand befand sich ein Kamin. An der Bar mit einem Weinregal hinter dem Tresen war ein gutaussehender Barkeeper, der eine Fliege trug, mit Kaffeekochen beschäftigt. Der Duft teurer Kaffeesorten mischte sich mit dem der Schnittblumen in den Vasen. Er wehte immer wieder zu uns herüber und benebelte uns.
Daneben bietet die Klinik noch eine Abteilung für die spezielle Betreuung der späten Schwangerschaftsphase, von der 28. Woche bis zur Geburt. In dem speziell dafür geschaffenen Zentrum zur Geburtsvorbereitung erstellen Ärzte und Schwestern gemeinsam einen Plan, zugeschnitten auf die individuellen Bedürfnisse und den speziellen Zustand der Schwangeren, und legen auch den genauen Geburtstermin fest. Außerdem werden für die Schwangeren Mami-Kurse angeboten, die den Informationsfluss gewährleisten, so dass die werdende Mutter Gelegenheit hat, ihre Bedürfnisse zu artikulieren, ihre Sorgen mitzuteilen und all ihre Zweifel ausräumen zu lassen ...
Er saß da mit einer Tasse in der Hand und war in ein Gespräch mit Xiaobi vertieft. Zweifellos war er es. Jemand kann sich eine andere Sprache zulegen, aber das Geräusch beim Niesen kann man nicht willkürlich ändern. Man kann sich auch die Hautfalte der Augenlider entfernen lassen und damit die Schlitzaugen loswerden, aber den Blick behält man, der ist nicht operabel. In gerade einmal zwanzig Metern Entfernung von mir saß er da, unterhielt sich entspannt, lachte. Er wäre wohl nie auf den Gedanken gekommen, dass ihn gerade ein Freund aus der Kinderzeit beobachtete. Doch für mich tauchte hinter der Gentleman-Fassade allmählich der früher einmal schlitzäugige, durchtriebene Xiao Unterlippe auf.
»Das kann ich mir abschminken!« Kleiner Löwe warf die Klinikbroschüre auf den Tisch zurück, streckte sich und sagte deprimiert: »Alles Mediziner, die in den USA promoviert oder in Frankreich studiert haben, Professoren der medizinischen Fakultät, ein Team von chinesischen Eliteärzten. Hier kann ich bestenfalls als Klofrau was werden ...«
Obwohl auch er viele Jahre in Peking gewohnt hatte, war er mir dort nie begegnet. Als er damals mit der Uni fertig war, lief sein Vater bei uns durch die Straßen und brüllte immerzu: »Mein Sohn hat einen Posten beim Staatsrat bekommen!« Später hatten wir gehört, dass er nach ein paar Jahren Verwaltungsarbeit im Staatsrat das Sekretariat eines Ministers übernommen habe, dann, dass er irgendwohin versetzt worden sei und den Dienst eines Vizeparteisekretärs angetreten habe. Dann erzählte man sich, er sei abgetaucht und habe als Geschäftsmann das große Geld gemacht, schließlich sei er als Pionier in die Immobilienbranche eingestiegen. Er habe hohes Ansehen erworben und sei ein Superreicher mit einem Vermögen von mehr als einer Milliarde Yuan geworden.
Die elegante junge Dame, die die beiden zu ihrem Platz geführt hatte, war zurückgekommen, sie hatte sie gesucht. Nun begleitete sie das Paar durch die Halle bis zu einer Tür, durch die sie verschwanden.
Ich klappte den Bildband zu. Auf dem Rückendeckel war der Bauch einer Schwangeren abgebildet, auf dem die Hände des Arztes und der Frau vertraut übereinander ruhten. Der Text dazu lautete:
Die zu uns kommenden Schwangeren mit ihren
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