Frösche: Roman (German Edition)
stille Übereinkunft, die, wenn sie ihre Zauberkraft behalten sollte, nicht zerredet werden durfte.
Meine Frau war so eine, die nie Vernunft annehmen wollte. Nur so eine wagt es, Hao Große Hand zuzurufen, sie wolle zwei Jungen von ihm haben.
Wir erfuhren diese mystische Geschichte über Hao Große Hand allerdings erst, als Renmei längst schwanger geworden war. Wir hätten kein Tonkind mehr kaufen können, denn der Zauber hätte nicht mehr gewirkt.
Große Hand erwies mir eine große Ehre! Er ließ Yuan Backe los, der gleich sein Handgelenk rieb und mit Trauermiene zu klagen begann: »Ich dachte heute, als ich zur Tür heraustrat, gleich, was für ein Pechtag, denn eine Hündin hielt mir den Hintern hin und strullerte mir ihre Pfütze direkt vor die Nase. Es hat sich bestätigt. Ein richtiger Pechtag ist das!«
Große Hand bückte sich, klaubte die verstreut am Boden liegenden Scherben der Tonkinder auf und steckte sie in die Brusttasche seiner Joppe. Er war zur Seite getreten, um uns den Weg frei zu machen. Den Bart weiß von Raureif, machte er ein bitterernstes Gesicht.
»Was habt ihr bekommen, Junge oder Mädchen?«, fragte uns Backe.
»Ein Mädchen!«
»Nicht tragisch, das Nächste wird ein Junge!«
»Es gibt kein Nächstes.«
»Mach dir keinen Kopf! Wenn’s so weit ist«, Backe zwinkerte mir verschwörerisch zu, »sag mir Bescheid. Ich werd dir das Kind schon schaukeln.«
4
Am Neujahrstag im Jahr des Hundes wurde meine Tochter neun Tage alt. Bei uns ist es Brauch, den neunten Lebenstag prächtig zu feiern und alle Freunde und Verwandten einzuladen. Tags zuvor sagten wir Yuan Backe und Wuguan Bescheid, damit sie uns halfen, Tische und Hocker, Teekannen, Teeschalen, Reisschalen und Stäbchen bei den Nachbarn zusammenzuleihen. Grob überschlagen würden wir fünfzig Leute sein. In den beiden Seitengebäuden links und rechts unseres Haupthauses würden wir die Männer bewirten. Auf Mutters Kang im Westzimmer würden wir einen Tisch stellen und dort die Frauen bewirten. Die Gerichte stellte ich selber zusammen und trug sie in eine Liste ein. Es sollte für jeden Tisch acht Teller mit kalten Vorspeisen, acht heiß zu servierende Gerichte auf Platten und zum Abschluss eine Suppe geben.
Nachdem Backe die Liste durchgegangen war, gab er lachend zu bedenken: »Kumpel, so in diesem Stil ist das völlig unmöglich. Was du dir einlädst, ist eine Horde Bauern. Bauern futtern wie die Scheunendrescher. Mit dem bisschen Essen stopfen die sich gerade mal die Zahnzwischenräume. Hör auf mich! Lass den Firlefanz mit den vielen Gerichten und servier lieber Fleisch und Schnaps satt. Wenn das Fleisch und der Schnaps aufgetischt sind, rufst du zu Tisch. Ein gelungenes Festessen für Bauersleute funktioniert so und nicht anders. Bei einem feinen Essen, wie du dir das vorstellst, greifen sich die Bauern mit den Stäbchen einen Happen und schon ist alles weggeputzt. Hungrig und mit trockener Kehle warten die dann, was da kommen mag. Sollen die mit leerem Magen dasitzen? Wenn es so weit kommt, hast du dein Gesicht verloren.«
Ich gab zu, dass Backe Recht hatte, und ließ Wuguan auf dem Markt fünfundzwanzig Kilo durchwachsenes Schweinefleisch kaufen und zehn fette Bratpoularden, solche vier Kilogramm schweren Masthühner, wie wir sie hier mästen. Ich selber bestellte bei der Tofumeierei Wang Huan zwanzig Kilo Tofu und ließ Backe noch zehn große Köpfe Chinakohl, fünf Kilo Reisnudeln und zehn Liter Schnaps einkaufen. Meine Schwiegereltern schickten zweihundert Hühnereier.
Mein Schwiegervater kam vorbei, inspizierte, was ich vorbereitet hatte, und sagte zufrieden: »Das hast du gut gemacht, Schwiegersohn! Deine Familie ist immer dafür ausgelacht worden, dass ihr alle so geizig seid! Dass du dieses Mal großzügig bist und sich alle pappsatt essen werden, zeigt, dass du den Ruf deiner Familie ändern willst. Leute, die Großes leisten, brauchen Schneid!«
Als bereits die Hälfte der Gäste eingetroffen war, merkten wir, dass wir vergessen hatten, Zigaretten zu kaufen. Ich bat Wuguan, schnell Abhilfe zu schaffen. Er rannte zum Genossenschaftsladen, um welche zu besorgen. Nase und Galle hatten ihr Kind mitgebracht. Als sie zur Tür hereinkamen, trafen sie auf Wuguan. Der zeigte fröhlich mit dem Finger auf das Geschenk, das Nase in der Hand hielt: »Hättest du doch nicht kaufen müssen!«
Chen Nase hatte es in den letzten Jahren zu Reichtum gebracht. Er war im Dorf berühmt als einer, der jede Menge Geld auf der hohen
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