Frösche: Roman (German Edition)
Renmei hob das Tuch hoch, das wir ihr um den Kopf geschlungen hatten, und fragte Gugu grollend: »Warum setzt du mir ohne mein Einverständnis eine Spirale ein?«
Tante deckte sie mit dem Tuch wieder zu: »Schwiegertochter, behalte das Tuch schön um den Kopf, damit du dich nicht erkältest. Das Komitee zur Geburtenplanung hat den unumstößlichen Befehl erteilt, dass gleich nach der Geburt eines Kindes jeder Frau eine Spirale eingesetzt werden soll. Wenn du einen Bauern geheiratet hättest und das erste Kind ein Mädchen geworden wäre, könntest du dir nach acht Jahren die Spirale herausnehmen lassen und ein zweites Kind zur Welt bringen. Du hast aber meinen Neffen geheiratet. Er ist Armeeoffizier. Die Bestimmungen in der Truppe sind noch viel strenger als die auf Kreisebene. Bei einem überzähligen Kind muss man richtig Federn lassen. Sie schicken denjenigen sofort zurück aufs Land an seinen Heimatort, wo er wieder Feldarbeit verrichten muss. Deswegen ist für dich das Kinderkriegen in diesem Leben vorbei. Mach dir da keine Hoffnungen. Die Frau eines Soldaten zu sein, hat seinen Preis.«
Renmei begann nun herzzerreißend zu weinen.
Ich hielt das fest in einen Mantel eingepackte Kind auf dem Arm, sprang auf den Trecker und rief Wuguan zu: »Es kann losgehen!«
Der Trecker spuckte schwarzen Qualm und ratterte über den holprigen Sandweg. Renmei lag eingerollt in eine Bettdecke im Wagen. Der Hänger hopste gefährlich, ihr Weinen brach ab, sprang wieder an, der Ton hüpfte wie der Karren hin und her. »Wer gibt ihnen das Recht, mir ohne mein Einverständnis, ohne mich zu fragen, eine Spirale einzusetzen ... Wer gibt ihnen das Recht, mir vorzuschreiben, dass ich nur ein einziges Kind bekommen darf? Wer gibt ihnen das Recht, mir zu verbieten, jemals wieder ein Kind ...«
»Hör auf zu heulen«, sagte ich genervt. »Das ist die Politik unseres Staates!« Sie weinte noch heftiger und streckte den Kopf zur Bettdecke heraus. Leichenblass war ihr Gesicht, blau angelaufen waren die Lippen. Im Haar steckten ihr ein paar Strohhalme. »Von wegen Staatspolitik. Das ist die Bauernpolitik deiner Tante. Im Kreis Kiautschou handhaben sie das nicht so streng. Deine Tante will doch nur eigene Verdienste anhäufen und befördert werden. Kein Wunder, dass die Leute auf sie schimpfen ...«
»Halt den Mund!«, fuhr ich sie an. »Falls du was zu sagen hast, dann mach das, wenn wir zu Hause sind. Hast du keine Angst, dass die Leute dich auslachen, wenn du den ganzen Weg über so brüllst?«
Mit Wucht schlug sie die Bettdecke weg, setzte sich auf und starrte mich mit Riesenaugen an: »Wer wagt es, sich über mich lustig zu machen?«
Auf dem Weg kamen uns ständig Fahrradfahrer entgegen und fuhren an uns vorbei. Steif blies ein eiskalter Nordwind. Weit und breit war alles mit Raureif überzogen, während eben die rote Sonne aufging. Der warme Atem aus den Mündern der Menschen erstarrte auf den Augenbrauen und auf den Wimpern sofort zu weißem Raureif.
Renmeis trocken aufgesprungene Lippen, ihr wirres Haar und ihr starrer Blick erweichten mich. Ich konnte es nicht mehr mit ansehen und tröstete sie: »Ist schon gut, keiner lacht über dich. Leg dich schnell wieder hin und deck dich zu. Mit einer Krankheit im Wochenbett ist nicht zu spaßen.«
»Ich habe keine Angst, krank zu werden! Ich bin eine Föhre vom Gipfel des Taishan! Wenn ich eisiger Kälte widerstehe, gegen den Schneesturm kämpfe, scheint die Morgensonne in meiner Brust!«
Ich lachte bitter: »Ich weiß, wozu du fähig bist. Du bist eine Heldin! Du willst doch noch ein zweites Kind? Wenn du deinen Körper erst ruiniert hast, wird daraus nichts werden.«
Ihre Augen begannen sofort zu strahlen, und aufgeregt fragte sie mich: »Erlaubst du mir, dass ich noch ein Kind bekomme? Das hast nun aber du gesagt und nicht ich! Wuguan, du hast das auch gehört, nicht wahr? Du bist mein Zeuge!«
»Okay! Ich bin dein Zeuge!«, brummelte Wuguan vorne.
Renmei legte sich fügsam wieder hin, griff sich die Steppdecke, zog sie sich über den Kopf. Ich hörte sie unter der Bettdecke reden: »Renner, du wirst mich aber nicht anlügen, sondern dein Wort halten. Wenn du dein Wort nicht hältst, kämpf ich mit dir bis aufs Blut.«
Als der Einachstrecker die Brücke am Dorfrand erreicht hatte, verstellten uns zwei Streithähne den Weg, die sich auf der Brücke gegenüberstanden und einander anbrüllten. Bei dem einen der beiden handelte es sich um meinen Grundschulklassenkameraden Yuan
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