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Frösche: Roman (German Edition)

Frösche: Roman (German Edition)

Titel: Frösche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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waren. Er und meine Tante sind verfeindet. Deswegen kann man ihm keinen Glauben schenken. Er sagte mal zu mir: »Dein Großonkel hatte da wohl einen ungesunden Hang zum individualistischen Heldentum, er hielt sich nicht an Anordnungen der Einheit, sondern ließ seine schwerverletzten Krankenhauspatienten im Stich, um sich mit aus Pataten gebranntem Fusel den nötigen Schneid für seine Heldentat anzusaufen. Mit dem Ergebnis, dass er in die Minenfelder der eigenen Leute lief.«
    Xiao Oberlippe bleckte die gelben Zähne. Mit Schadenfreude bedeutete er mir: »Deinen Großonkel und sein Muli hat es in tausend Stücke zerrissen. Zwei Körbe voll haben sie aufgesammelt, so haben sie ihn zurückgebracht, Arme, Hufe alles kreuz und quer reingeschüttet in einen Sarg und fertig. Aber der Sarg war nicht schlecht. Den hatten sie bei einem Großbauern in Lancong konfisziert.«
    All das verriet ich meiner Tante, die riss ihre hübschen Mandelaugen auf und stutzte: »Wart’s ab, ich werde diesem Bastard eigenhändig die Eier abhacken!«, und mir zugewandt, keinen Zweifel duldend, fuhr sie fort: »Und wenn du niemandem mehr was glaubst, mein Kind, aber eins steht fest, dein Großonkel ist ein Held des antijapanischen Widerstands und Märtyrer der Revolution!«
    Er ist auf dem Märtyrerfriedhof vom Yinglingshan-Berg begraben, in der Gedenkhalle haben sie sein Skalpell und seine Halbschuhe ausgestellt – englische Lederschuhe –, die ihm Henry Norman Bethune auf dem Sterbebett schenkte.

3
    Sugitani-san,
    die Geschichte meines Großonkels habe ich nur flugs erzählt, aber über meine Tante möchte ich in Ruhe berichten.
    Meine Tante, ich nenne sie Gugu, wurde am 13. Juni 1937 geboren, nach dem Mondkalender am fünften Tag des fünften Mondes. Als kleines Kind wurde sie mit Kosenamen Duanyang gerufen, als Schulmädchen hieß sie bei allen Wan Herz. Der Großonkel hatte ihr ihren Namen gegeben, zum einen zollte er damit unseren Bräuchen Respekt, zum andern hatte der Name noch einen tieferen Sinn. Gleich nachdem mein Großonkel sein Leben fürs Vaterland gegeben hatte, erkrankte meine Urgroßmutter und starb in Pingdu. Unser dortiger Militärbezirk konnte meine Großtante und Tante nur mittels seiner Agenten und unter größten Anstrengungen aus den Fängen der Japaner befreien. Nachdem beide wieder in die durch die Kommunisten befreiten Gebiete gebracht worden waren, kam meine Tante in die Kangri-Grundschule und meine Großtante in die Näherei, von der sie Stoffschuhsohlen zum Nähen mit nach Haus bekam. Nach der Befreiung hatten Kriegshinterbliebene wie meine Tante, zumal wenn die Gefallenen, wie mein Großonkel, Märtyrer des Volkes waren, enorme Möglichkeiten. Sie konnten Karriere machen, studieren, konnten weg vom Land in die Stadt ziehen. Gugu machte jedoch keinen Gebrauch davon, denn sie wollte ihre Mutter, die es nicht übers Herz brachte, aus der Heimat fortzugehen, nicht allein zurücklassen. Die leitenden Kreiskader fragten Gugu, was sie werden wolle, und sie erwiderte: im gleichen Beruf wie ihr Vater arbeiten und ihres Vaters Werk weiterführen. Deshalb durfte sie unsere staatliche medizinische Fachschule in Gaomi besuchen. Mit sechzehn hatte sie bereits ihren Abschluss und begann als Ärztin in der Krankenstation unseres Gesundheitsamts zu arbeiten. Als vom Gesundheitsministerium auf Kreisebene ein Kursus Moderne Entbindungsmethoden angeboten wurde, wählte unsere Krankenstation meine Tante für die Kursteilnahme aus. Der Kursus wurde zum schicksalhaften Wendepunkt, das heilige Hebammenhandwerk sollte von nun an ihr gesamtes Leben bestimmen. Sie habe insgesamt 10 000 Säuglinge auf die Welt geholt, sagte sie, den ersten am 4. Neujahrstag 1953, den letzten zu Neujahr des vergangenen Jahres. Die Babys, die sie gemeinsam mit einer Kollegin auf die Welt geholt habe, habe sie bei dieser Rechnung nur halb gezählt. Lieber Freund, diese Zahl hat sie Ihnen auch persönlich genannt. 10 000 Babys sind vermutlich leicht übertrieben, aber 7000 oder 8000 sind es in jedem Fall. Sieben Lehrlinge hatte sie. Darunter ein Mädchen, das auf den Spitznamen Xiao Shizi hörte, was »Kleiner Löwe« bedeutet. Sie hatte krauses Haar, eine platte Nase, einen eckigen Mund und das Gesicht voller Pickel. Sie vergötterte meine Tante so sehr, dass sie, wenn Gugu ihr befohlen hätte, ein Kind zu töten, ohne viel Federlesen das Messer gezogen und zugestoßen hätte.
    Ich erwähnte schon, mit welch vehementer Ablehnung die Landfrauen bei uns im

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