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Frohes Fest!

Frohes Fest!

Titel: Frohes Fest! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jeschke (Hrsg)
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Jahrhunderte der Regentschaft des Weihnachtsmanns hinweg. Während ich mich noch umschaute, ertönten von draußen Schritte. Ich öffnete einen massiven Ofen und schlüpfte hinein, gerade noch rechtzeitig, um den Blicken eines Elfs in Dienstkleidung zu entwischen. Er war wohl der Butler.
    Er schritt rasch über den gekachelten Fußboden zu einer Tür im Hintergrund der Küche. Mich juckte es in den Fingern, die Tür meines Ofens etwas zu öffnen, um herauszufinden, was er tat, aber ich traute mich nicht und hörte daher nur, wie er die Hintertür öffnete, wobei ein leises Gespräch an meine Ohren drang. Einzelne Worte verstand ich … »Verraten!« – »Hätte ich nicht im Traum …« – »Wir müssen’s riskieren!«, aus denen ich schloß, daß ich es hier mit der Revolte einiger Elfen innerhalb der Revolte zu tun hatte.
    Ich fragte mich, ob sie etwas von dem wußten, was ich gerade in Erfahrung gebracht hatte – aber ich bezweifelte es. Elfen sind loyal bis zum Geht-nicht-mehr. Es erfordert ganz schön viel schmerzhaften Druck, um sie zu dem zu bringen, was sie gerade unternahmen.
    Ich hatte das im Hinterkopf, als ich die Ofentür öffnete, über die Fliesen ging und einige kleine Gestalten überraschte, die sich im Schutz des großen Kohlehaufens in der Nähe der Tür zusammengedrängt hatten. Der Butler drehte sich auf dem Absatz um, während sich seine Hand einer Palette von Messern näherte, die an der Wand hingen.
    Aber ich schüttelte den Kopf. »Ich bin kein Feind von euch. Oder von denen, gegen die ihr euch verschworen habt, glaubt mir. Ich bin hierhergeschickt worden, um die Wahrheit in dieser Sache ans Tageslicht zu bringen, und ich habe schon eine Menge herausgefunden. Gibt es hier einen sicheren Platz, wo man reden kann?«
    Der Butler traf eine rasche Entscheidung. Er öffnete die Tür und schob seine Mitverschworenen hinaus in die Helle des Schnees. »Nichts für so viele. Aber wir beide können in mein Zimmer gehen, und dort kannst du mir was erzählen. Los!«
     
    Nuska war ein völlig verschüchterter Elf, soviel stand fest. Sobald wir einmal sein Heiligtum erreicht hatten, schloß er sorgfältig die Tür und steckte den Schlüssel in seine Hosentasche, nahm ihn wieder heraus und versteckte ihn unter der Tischdecke. Dann seufzte er tief.
    »Du hast gute Gründe, so vorsichtig zu sein«, begann ich. »Sind dir die Forderungen der Verschwörer – der ursprünglichen, meine ich – an die UNO bekannt?«
    Er nickte. »Sie drehen sogar schon. Sie haben die Gefangennahme des Weihnachtsmanns gefilmt, obwohl sie bloß Holo-Handkameras benutzten und die Qualität der Aufnahmen nicht die beste ist. Nun, sie sind der Überzeugung, daß es gut ankommen wird, wenn sie einige Live-Szenen in den Film schneiden. Der Film selbst ist jedoch bloß ein Vorwand. In Wirklichkeit geht es ihnen um bessere Arbeitsbedingungen und um zumindest minimale Löhne für die Arbeiter. Wir haben hier am Nordpol über Generationen hinweg wie Sklaven gearbeitet, für Unterkunft, Nahrung und Kleidung, und wir waren zu der Überzeugung gekommen, daß wir das nicht länger mehr hinnehmen können. Aber als wir unsere Forderungen dem Weihnachtsmann vortrugen, hetzte er seine Yetis auf uns, und die fraßen drei von uns auf, bevor wir davonlaufen konnten.«
    Er reckte das Kinn und sah mich argwöhnisch an. »Wir mußten die Yetis – bestechen. Mit Marzipan, ob du’s glaubst oder nicht. Jedes dieser Biester würde seine eigene Mutter (wenn es sie kennen würde) verraten, um an den Stoff zu kommen. Das, und nur das, hat es uns ermöglicht, den Weihnachtsmann gefangenzunehmen.«
    »Aber nun seid ihr nicht zufrieden mit dem Verlauf der Revolte?« wollte ich wissen.
    »Geldforderungen zu stellen in einer Situation, in der es lediglich um Menschen-, oder, wie hier, um Elfenrechte gehen sollte, ist entwürdigend. Uwe und seine Leute lassen uns wie habgierige und illoyale Menschen erscheinen, und das kann kein aufrechter Elf hinnehmen.«
    Ich hatte es offensichtlich mit einem Idealisten zu tun. Das war bemerkenswert, war ich doch zuvor noch niemals so jemandem wirklich begegnet, und wenn ich nicht in einigen Erzählungen oder Romanen von solchen Leuten gelesen hätte, wäre mir das völlig unglaubhaft erschienen.
    »Es gibt einen ganz einfachen Weg aus eurem Dilemma,« sagte ich. »Du bist doch der Butler, also gehe ich wohl recht in der Annahme, daß du die Schlüssel zu allen Räumen des Hauses bei dir trägst?« Er nickte. »Dann führe

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