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Fromme Wünsche

Fromme Wünsche

Titel: Fromme Wünsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretzky
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Nachtwächter schaltete die Deckenbeleuchtung
ein. Durch eine Ritze beobachtete ich, daß er Tilfords Büro betrat. Er brauchte
nicht lange, um festzustellen, daß eingebrochen worden war. Über sein
Walkietalkie rief er Verstärkung herbei. Dann kontrollierte er den Hauptraum
und leuchtete Ecken und Schränke aus. Dem Fotokopiergerät schenkte er keinerlei
Beachtung - zum Glück. Dann ging er zurück in Tilfords Büro.
    Ich hoffte, er würde so lange dort bleiben, bis
Hilfe eintraf, drückte vorsichtig die Tür auf und kroch auf allen vieren zum
Fenster, wo die Feuerleiter vorbeiführte. So leise wie möglich machte ich das
Fenster auf und kletterte hinaus in die Januarnacht.
    Um ein Haar wäre meine Karriere vorzeitig beendet
worden: Ich rutschte auf der schmalen, vereisten Plattform aus und konnte mich
gerade noch an dem Eisengeländer festhalten. Dabei mußte ich meine
Taschenlampe und die Dokumente loslassen. Ich fluchte innerlich, als ich
vorsichtig zurückkroch, um alles wieder einzusammeln. Mit klammen Fingern
steckte ich das Zeug in den Bund meiner Jeans und hangelte mich hastig ein
Stockwerk tiefer.
    Das Fenster dort war geschlossen. Ich zögerte eine
Sekunde, dann trat ich es ein und landete auf einem Schreibtisch voller Akten.
Sie polterten hinter mir vom Tisch. Auf dem Weg zur Tür stieß ich dauernd gegen
Schreibtische und Schränke. Wie kamen die Leute frühmorgens überhaupt an ihre
Plätze, wenn so viel Gerumpel im Weg stand? Mit Hilfe des Dietrichs gelangte
ich in den Flur, und als alles ruhig blieb, ging ich weiter. Schon wollte ich
die ins Treppenhaus führende Tür öffnen, da hörte ich schwere Schritte.
    Sofort zog ich mich in den Flur zurück. Ich
probierte an jeder Tür, und überraschenderweise ging eine auf. Drinnen trat ich
auf etwas Weiches und bekam mit einem Stock eins auf die Nase. Beim
Gegenangriff stellte ich fest, daß ich mit einem riesigen Mop kämpfte.
    Draußen hörte ich die Stimmen zweier
Streifenbeamter, die sich flüsternd darüber einigten, welchen Bereich des Stockwerks
jeder bewachen sollte. Behutsam tastete ich mich zur Wand der Besenkammer vor.
Ein Kleiderständer, vollgehängt mit der Arbeitskleidung der Putzfrauen,
versperrte mir den Weg. Im Dunkeln zog ich mir die Jeans vom Leib, verstaute
die Papiere im Bund meiner Strumpfhose und schlüpfte in den nächstbesten
Kittel. Er reichte mir kaum bis zu den Knien und war obenherum viel zu weit,
aber zur Not ging's.
    Hoffentlich hatte ich nicht Glasscherben im Haar
oder blutete irgendwo. Und hoffentlich hatten die Streifenpolizisten da
draußen mich nicht zufällig vor dreißig Jahren auf den Knien geschaukelt! Ich
machte die Tür auf.
    Die Beamten standen etwa fünf Meter entfernt und
drehten mir den Rücken zu. „Was ist los?“ kreischte ich mit dem starken
italienischen Akzent, den ich von Gabriella kannte. Sie fuhren herum. „Ich hole
den Direktor!“ In rechtschaffener Empörung steuerte ich auf den Lift zu.
    Sekunden später hatten sie mich eingeholt. „Wer sind
Sie?“
    „Ich?
Gabriella Sforzina. Ich
arbeite hier. Aber Sie? Was tun Sie hier?“ Ich fing an, auf italienisch
herumzuschreien, im Vertrauen darauf, daß keiner der beiden den Text der
Registerarie aus Don Giovanni kannte.
    Sie sahen sich unschlüssig an. „Keine Panik, Lady.
Nur mit der Ruhe.“ Der Mann wollte keinen Ärger; er war Ende Vierzig und
wartete auf seine Pensionierung. „Oben wurde eingebrochen. Der Täter ist
vermutlich über die Feuerleiter geflüchtet. Sie haben hier niemanden gesehen,
oder?“
    „Was?“ plärrte ich los. Und auf italienisch: „Könnt
ihr mir sagen, wofür ich Steuern bezahle? Damit Typen wie ihr Verbrecher ins
Haus laßt, wenn ich arbeite? Soll ich vergewaltigt werden oder ermordet?“
Entgegenkommenderweise übersetzte ich den Wortschwall.
    Der jüngere meint: „Hören Sie, Lady, am besten, Sie
gehen jetzt heim.“ Er kritzelte etwas auf ein Blatt und reichte es mir. „Geben
Sie das dem Sergeant unten an der Tür, dann läßt er Sie raus.“
    Erst jetzt fiel mir ein, daß meine Handschuhe und
meine Jeans noch in der Besenkammer auf dem Boden lagen.
     
    14
Frauen...!
     
    Lotty fand das Ganze nicht zum Lachen. „Das sind ja
CIA-Methoden“, fuhr sie mich an, als ich in der Klinik aufkreuzte und von
meinen Eskapaden erzählte. „Einbrechen und Akten stehlen - unmöglich.“
    „Ich habe nichts gestohlen“, erklärte ich
unschuldsvoll. „Heute früh habe ich sie sofort eingepackt und zurückgeschickt.
Was

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