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Fromme Wünsche

Fromme Wünsche

Titel: Fromme Wünsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretzky
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ausgestanden war.
    „Was, du lebst immer noch, Warshawski? Dann laß mal
hören, was du als Gegenleistung von mir erwartest.“
    „Ein paar Zeilen auf der Titelseite der Nachtausgabe
und der Morgenausgabe.“
    „Für die Titelseiten bin ich nicht zuständig. Nicht
mal für das, was auf Seite zweiundsechzig gedruckt wird. Schließlich bin ich
nicht der Chefredakteur.“
    „Murray! Ich bin enttäuscht. Hast du mir nicht
erzählt, du hättest einen verantwortungsvollen Posten? Soll ich mich etwa an
Lipinski von der Tribune wenden?“
    Brummelnd verabredete er sich schließlich mit mir um
fünf Uhr im Golden Glow. Jetzt war es halb drei - Zeit, um die Sache mit Onkel
Stefan zu bereden.
    Als ich ein weiteres Vierteldollarstück in den
Münzapparat warf und die Nummer meines Auftragsdienstes wählte, fielen mir alle
meine Sünden ein: Ich hatte vergessen, Phyllis Bescheid zu sagen, daß ich
gestern nicht bei ihr hatte übernachten können. Roger wußte nicht, daß die
Konferenz der Ajax-Geschäftsleitung ohne mich stattfinden mußte. Bobby wollte
mich wegen Walter Novick sprechen. „Fällt nicht in deinen
Zuständigkeitsbereich“, murmelte ich vor mich hin.
    Dr. Paciorek hatte sich gemeldet und seine
Kliniknummer hinterlassen. Stirnrunzelnd warf ich noch einen Vierteldollar ein.
Ich wurde von einer Stelle zur anderen weitergereicht, bis er endlich am
Apparat war.
    „Victoria! Ich hatte schon Angst, Sie hätten meine
Nachricht nicht erhalten.“ Seine sonst so beherrschte Stimme klang rauh. „Könnten
Sie heute abend noch mal zu uns kommen? Ich weiß, es ist ein bißchen viel
verlangt. Aber O'Faolin wird dasein, und ich möchte der Sache auf den Grund
gehen.“
    Ich strich mir über die Augen. Würde das meinen
ursprünglichen Plan gefährden? Aber vielleicht konnte ich den Erzbischof
schon vorab ein wenig unter Druck setzen. „In Ordnung. Aber nicht vor acht.“
    „Gut, gut. Danke, Victoria.“
    „Sie brauchen sich nicht zu bedanken, Dr. Paciorek.
Das dicke Ende kommt noch.“
    Nach langem Schweigen sagte er: „Das ist mir klar“
und legte auf.
    Vor Onkel Stefans Zimmer erklärte mir Jim Streeter,
daß der alte Herr nach Meinung der Ärzte am nächsten Tag entlassen werden
könne. „Er hat versucht, seine Nichte zu erreichen. Anscheinend will sie ihn
bei sich aufnehmen. Was sollen wir tun?“
    Natürlich würde er vorläufig zu Lotty ziehen, dachte
ich, aus dem Konzept gebracht. „Am besten, ich rede mal mit ihm.“
    Onkel Stefan freute sich über meinen Besuch und über
seine Entlassung. „Aber warum legen Sie die Stirn in Falten, liebes Nichtchen?
Freuen Sie sich denn nicht mit mir?“
    „Selbstverständlich freue ich mich. Und wie fühlen
Sie sich?“
    „Gut. Putzmunter. Ja, wirklich putzmunter.“ Er
strahlte vor Stolz, weil ihm dieser Ausdruck eingefallen war. „Ich gehe jeden
Tag zur Heilgymnastik. Ich werde von Tag zu Tag kräftiger. Meine Spaziergänge
werden immer länger. Jetzt fehlt mir nur noch heiße Schokolade.“
    Lächelnd setzte ich mich auf den Bettrand. „Ich
möchte Sie um einen Gefallen bitten. Aber sagen Sie nein, wenn Sie Bedenken
haben, denn es ist nicht ganz ungefährlich.“
    Er sah mich erwartungsvoll an und fragte nach
Einzelheiten. „Würden Sie mit zu mir fahren statt zu Lotty? Sie müßten sich
vierundzwanzig Stunden lang totstellen und dann mit großem Trara wieder
auferstehen.“
    „Lotty
wird toben.“ Er strahlte.
    „Todsicher. Trösten Sie sich mit dem Gedanken, daß
sie mir den Hals umdrehen möchte.“
    Er tätschelte mir beruhigend die Hand. „Lotty ist
ein eigensinniges Mädchen. Machen Sie sich keine Gedanken.“
    „Sie haben keinen zweiten Mann in Ihrer Wohnung
gesehen, als Sie überfallen wurden - oder?“
    Er schüttelte den Kopf. „Nur den Schlägertypen.“
    „Wären Sie bereit zu sagen, daß Sie noch jemanden
gesehen haben? Es war nämlich noch einer da. Er hat draußen gewartet, bis der
Gangster Sie niedergestochen hatte.“
    „Wenn Sie das sagen, liebes Nichtchen, dann glaube
ich es.“
     
    25
Damengambit
     
    Widerstrebend erklärte sich Murray bereit, mir zu
helfen. „Allerdings muß ich Gil die ganze Sache erzählen“, sagte er warnend.
Gil war für die Titelseite zuständig.
    Ich schilderte ihm die Lage ausführlich. Murray
trank sein Bier aus und bestellte ein neues. „Ich vermute, O'Faolin hat auf das
FBI Druck ausgeübt.“
    Ich nickte. „Das glaube ich auch. Er und Mrs.
Paciorek allein haben genug Geld und Einfluß, um solche

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