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Frostfluch: Mythos Academy 2 (German Edition)

Frostfluch: Mythos Academy 2 (German Edition)

Titel: Frostfluch: Mythos Academy 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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aus dem Fleisch, und sie atmete angestrengt und flach. Sie starb – meine Mom starb.
    Das Mädchen stand jetzt vor Preston. Sie ragte über meiner Mom auf und hielt ein Schwert in der Hand. Sie trug einen Kapuzenpulli, so wie ich auch immer. Nur hatte sie die Kapuze nach oben gezogen, um sich vor dem Regen zu schützen, also konnte ich nicht mal ihren Hinterkopf sehen, geschweige denn ihr Gesicht.
    »Wo ist der Dolch?«, knurrte das Mädchen. »Wo hast du ihn versteckt?«
    Meine Mom lächelte das Schnittermädchen an. »An einem Ort, an dem ihr nie suchen werdet.«
    »Närrin. Es gibt kein Versteck, das wir nicht finden können. Es ist nur eine Frage der Zeit.«
    »Ich bin keine Närrin«, sagte meine Mom und hob ein wenig den Kopf. Trotz ihrer Verletzungen leuchtete Stolz in ihren violetten Augen. »Ich war zu meiner Zeit ein Champion, und ich habe meiner Göttin gut gedient. Darin liegt mein Trost, selbst jetzt, am Ende meines Lebens.«
    Nike. Meine Mom sprach von Nike. Sie musste den geheimnisvollen Dolch – oder was auch immer es war – auf Befehl der Göttin versteckt haben. Aber warum? Und warum wollten die Schnitter ihn so dringend in die Finger bekommen?
    »Wie ich auch«, blaffte das Mädchen. »Ich bin Lokis Champion, und er hat entschieden, dass für dich die Zeit des Todes gekommen ist. Sag mir, wo der Dolch ist, und ich werde dich schnell töten. Andernfalls …«
    Sie schwang ihr Schwert in einem bedrohlichen Bogen, und die Regentropfen zischten auf der Klinge.
    »Ich sterbe sowieso«, sagte meine Mom und hustete Blut. »Also mach, was du willst, Schnitter. Denn schon in ein paar Minuten bin ich außerhalb deiner Reichweite.«
    »Aber deine kostbare Tochter nicht, und du wirst sie auch nicht mehr vor mir beschützen können«, sagte das Mädchen. »Wie heißt sie noch mal?«
    »Gwen«, flüsterte meine Mom. »Meine wunderbare, phantastische Gwen. Es gab so viel, das ich dir noch sagen wollte, so viel, das ich dir noch beibringen wollte …«
    Ihre Stimme verklang. Tränen rannen über ihr Gesicht und vermischten sich mit dem kalten, kalten Regen. Dann fing meine Mom an, all die Dinge vor sich hin zu murmeln, die sie mir so gerne noch gesagt hätte. Ich war so schockiert von dem, was ich sah, dass ich mich nicht auf ihre Worte konzentrieren konnte. Ihre Stimme wurde rauer, und ihre Sätze unzusammenhängender, bis sie nur noch murmelte: »Gwen, Gwen, ich liebe dich, Gwen …«
    »Sie wird nicht reden«, sagte Preston. »Bring sie um, und dann lass uns von hier verschwinden, bevor ein anderes Auto vorbeikommt.«
    »Oh, na gut«, schnaubte seine Begleiterin.
    Sie packte ihr Schwert fester und hob es über den Kopf. Dann blickte sie zu Preston, und ich sah trotz des Schattens der Kapuze, wie sich ihre Lippen zu einem Lächeln verzogen. Sie senkte das Schwert in einer wilden Bewegung, und ich verdrängte die Erinnerung, bevor es sich ins Herz meiner Mom bohrte.
    Meine Mom war gar nicht bei einem Unfall mit irgendeinem unbekannten, betrunkenen Autofahrer gestorben, wie ich gedacht hatte. Nein, sie war ermordet worden – ermordet von Preston und dem Schnittermädchen.
    Ich öffnete die Augen, riss meine Hand aus Prestons, sprang aus dem Stuhl und stolperte rückwärts, bis ich mit dem Rücken gegen die Glaswand einer Zelle stieß. Ich stand nur ungefähr einen halben Meter neben Raven und ihrem Schreibtisch.
    »Ich habe dir doch gesagt, dass dir nicht gefallen wird, was du siehst, Gypsy«, höhnte Preston. »Sag mir, wie war es, zu sehen, wie die eigene Mutter direkt vor deinen Augen ermordet wird?«
    Alle erstarrten für eine Sekunde, dann wandten sich ihre Gesichter mir zu. Metis wirkte schockiert, Trainer Ajax wütend und angewidert und Nickamedes mitleidig. Selbst Raven sah mit gehetztem Blick von ihrem Klatschheft auf.
    »Warte nur«, spottete Preston weiter. »Bald schon werde ich genau das auch mit dir tun, Gypsy.«
    Ich öffnete den Mund, aber ich brachte kein Wort heraus. Ich konnte nicht sprechen, ich konnte nicht schreien, ich konnte nicht einmal atmen. Es tat einfach nur alles weh. Jede Zelle, jeder Nerv, jedes zerstörte, blutige Stück meines zerbrochenen Herzens.
    Verzweifelt drehte ich mich zu Metis um und suchte in ihrem Gesicht nach Trost oder Bestätigung. Stattdessen fand ich Schuld. Manchmal, wenn eine Erinnerung klar genug war, wenn ein Gefühl stark genug war, musste ich einen Gegenstand oder eine Person nicht berühren, um eine Schwingung zu empfangen. In den grünen Augen der

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