Frostfluch: Mythos Academy 2 (German Edition)
…
»Hey, Jungs! Hier rüber! Dieser Lift ist nicht so voll!«
Eine Gruppe von Mythos-Schülern glitt über den Schnee heran und hielt auf den Skilift zu. Der Wolf sah zu ihnen hinüber, dann knurrte er ein weiteres Mal bedrohlich. Ich trat einen Schritt zurück, während er abgelenkt war, dann noch einen und noch einen, um so viel Abstand wie möglich zwischen mich und das Monster zu bringen.
Der Wolf stand auf und wanderte innerhalb der Baumreihe auf und ab. Die anderen Schüler bemerkten ihn nicht einmal, als sie am Fuß des Lifts anhielten und darauf warteten, dass die Sessel den Berg hinunterkamen. Der Blick des Monsters glitt von ihnen zu mir und zurück, und mit jeder Sekunde wurden seine Augen röter und wütender, bis es schien, als flackerten in den Höhlen hungrige Flammen.
Der Wolf verstand, dass ich mich von ihm entfernte, aber es gab nichts, was das Monster tun konnte, um mich aufzuhalten – nicht, ohne sich dabei zu zeigen. Ich wusste nicht, wie intelligent Fenriswölfe waren, aber dieser hier musste instinktiv erkannt haben, dass es eine dumme Idee war, mitten in eine Gruppe Jugendlicher zu springen. Ich mochte ja nicht fähig sein, ihn umzubringen, aber die anderen Mythos-Schüler waren Krieger, die dafür ausgebildet worden waren, Monster zu töten. Ich zweifelte keine Sekunde daran, dass sie die Kreatur mit ihren Skistöcken aufspießen konnten wie mit Speeren.
Schrittchen für Schrittchen wich ich zurück, bis ich am Rand der Gruppe am Skilift stand. Die anderen Schüler ignorierten mich natürlich, wie sie es immer taten. Ich beobachtete die ganze Zeit den Wolf, die Skistöcke nur für alle Fälle verteidigungsbereit erhoben.
Ich dachte darüber nach, den anderen eine Warnung zuzurufen. Aber es war ähnlich wie bei einer Flucht – noch bevor ich auch nur hätte schreien können, wäre der Wolf wahrscheinlich schon aus den Bäumen gesprungen und hätte mir mit den Klauen die Kehle aufgerissen. Die Mythos-Schüler mochten ja Krieger sein, aber ich bezweifelte, dass sie schnell genug waren, um mich vor dem Monster zu retten. Ich war mir nicht einmal sicher, ob Logan gut genug gewesen wäre. Auf jeden Fall wollte ich nicht mein Leben darauf verwetten – nicht im Moment.
Und das musste ich auch gar nicht. Der Fenriswolf knurrte ein letztes Mal, dann zog er sich tiefer zwischen die Bäume zurück und verschwand.
Endlich erschienen die Sessel, und die anderen stiegen in den Lift. Mit zitternden Knien schaffte ich es, mich vorwärts zu schieben und in den letzten Sessel zu gleiten, bevor er wieder den Berg hinaufgondelte. Ich lehnte mich vor und spähte ins Unterholz, konnte den Wolf aber zwischen den dichten, schneebedeckten Ästen nicht entdecken. Er war genauso schnell verschwunden, wie er aufgetaucht war.
Aber es würde nicht das letzte Mal sein, dass ich ihn sah. Früher oder später würde der Wolf mich erwischen. Er würde auf dem Berg lauern, bis er den nächsten Versuch starten konnte, mich mit Zähnen und Klauen zu verstümmeln, um meine Leiche dann zu seinem Schnitter-Meister zu schleppen. Ich wusste das, aber trotzdem konnte ich die in meinem Kopf wirbelnden Fragen nicht unterdrücken.
Wie sollte ich ihn umbringen?
Und wer hatte ihn überhaupt auf mich angesetzt?
Als der Lift das obere Ende des Hangs erreichte, hatte ich mich wieder ein wenig beruhigt. Zumindest redete ich mir das ein, selbst wenn mein Herz sich immer noch anfühlte, als wollte es jeden Moment aus meiner Brust springen, und meine Handflächen in den dicken, purpurnen Handschuhen kalt und feucht waren.
Daphne und Carson warteten auf mich. Sie saßen an einem grellrot angestrichenen Holztisch, dessen Farbe mich an Blut auf Schnee erinnerte. Aber vielleicht lag das nur daran, dass ich immer noch völlig fertig war.
Meine Freunde hielten beide riesige Tassen in den Händen und nippten an der heißen Schokolade, die sie an einem Verkaufsstand am Rand der Piste gekauft hatten. Aus den Tassen stieg Dampf auf, der den Duft von warmer Milch, süßem Zimt und einem Hauch von scharfer Minze in sich trug. Normalerweise hätten diese Aromen in mir den Wunsch nach einer eigenen Tasse heiße Schokolade geweckt. Im Moment allerdings drehte sich mir nur der Magen um.
»Himmel, Gwen. Was hat denn so lange gedauert?«, fragte Daphne.
»Ja, wir dachten schon, du wärst in eine Schneeverwehung gefallen oder so«, witzelte Carson.
»Nein«, meinte ich leise. »Aber ich habe zwischen den Bäumen einen Fenriswolf
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