Frostfluch: Mythos Academy 2 (German Edition)
ich nicht.
Carson warf mir einen mitfühlenden Blick zu, was nur dafür sorgte, dass ich mich noch schlechter fühlte. Ich wollte nicht, dass meine Freunde Mitleid mit mir hatten, und ich wollte auf keinen Fall, dass sie in mir die arme Gwen sahen, dieses Gypsymädchen, das nie irgendwo gewesen war oder irgendetwas Cooles getan hatte.
Daphne tippte sich mit einem Finger an die Lippen, wobei überall rosafarbene Funken herumschossen. »Okay, dann kannst du eben nicht Ski fahren, aber das können wir vielleicht beheben. Was, wenn wir die Bogensache probieren?«
»Was für eine Bogensache?«, fragte ich verwirrt.
»Komm schon«, antwortete sie. »Ich habe eine Idee.«
»Das ist eine dumme, dumme Idee«, murmelte ich. »Das wird nie funktionieren.«
»Oh, halt den Mund, Gwen«, sagte Daphne. »Du hast es ja noch nicht mal probiert.«
Wir hatten den Laden vor einer halben Stunde verlassen. Jetzt standen wir oben an der Anfängerpiste, ausgestattet mit Skiern, Stiefeln, Handschuhen und Skibrille. Daphne sah in ihrem hellrosa Anzug richtig süß aus, und Carson wirkte in seinem dunkelgrünen Outfit vollkommen entspannt. Ich fühlte mich einfach nur wie ein aufgepumptes Marshmallow. Ehrlich. Die Hose, die Daphne für mich ausgesucht hatte, enthielt so viel Luft, dass ich mindestens doppelt so breit war wie sonst, und die Jacke war so aufgebläht, dass ich sie ständig mit dem Kinn nach unten drücken musste, um überhaupt zu sehen, wo ich hinwollte. Das einzig Gute an dem Ganzen war die Farbe, ein hübscher Purpurton.
Die Klamotten waren schon schlimm genug, aber dann gab es da auch noch die Skier. Im Prinzip hatte ich zwei schmale, glatte Bretter an den Füßen, und ich fühlte mich, als müsste ich jeden Moment umfallen. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass ich mich bei jeder Bewegung selbst mit den dämlichen Skistöcken schlug. Allein in den Sessellift zu steigen, um hier hochzukommen, war schon ein Abenteuer gewesen. Und jetzt erwartete Daphne doch tatsächlich von mir, dass ich diesen Hügel runterfuhr.
Okay, okay, die Piste hatte kein großartiges Gefälle. Der Hügel fiel in sanftem Winkel vielleicht hundert Meter ab, bevor der Hang wieder auslief. Abgesehen von uns war es hier vollkommen leer. Alle auf Mythos konnten Ski fahren, genau wie Daphne gesagt hatte, deshalb waren die anderen auf den steileren, schwierigeren Pisten. Trotzdem war ich mir sicher, dass ich mir auch auf der Anfängerpiste etwas brechen konnte.
»Bist du bereit?«, fragte Daphne und zog einen ihrer rosa Handschuhe aus.
»Sicher«, murmelte ich und folgte ihrem Beispiel. »Wir können es genauso gut hinter uns bringen.«
Dann streckte ich die Hand aus, packte Daphnes und wartete darauf, dass die Bilder erschienen.
Vor ein paar Wochen hatten Daphne und ich uns zusammengesetzt und genau das getan. Sie war schließlich meine beste Freundin, und wir berührten uns ständig. Da ich nicht wollte, dass sich meine Psychometrie jedes Mal einschaltete, wenn ich sie aus Versehen berührte, hatte ich entschieden, es einfach in einem großen Schwung hinter mich zu bringen.
Das war eine weitere Eigenheit meiner Magie. Sobald ich mal eine richtig lange Vision von jemandem gehabt hatte oder über eine bestimmte Zeitspanne hinweg genug kurze, gewöhnte ich mich an die Schwingungen dieser Person und konnte sie leichter berühren. Oh, in mir würden immer noch Visionen aufblitzen, wenn meine Haut mehr als ein paar Minuten mit ihrer in Kontakt kam, aber es wäre nicht allzu heftig, außer sie war wirklich aufgeregt oder irgendetwas beschäftigte sie tief.
Also war Daphne eines Abends in mein Wohnheimzimmer gekommen, wir hatten uns aufs Bett gesetzt und uns an den Händen gehalten. Sie hatte weder etwas gesehen noch gefühlt, da sie nicht dieselbe Art von Magie besaß – Berührungsmagie, wie man es auch nannte.
Aber ich schon.
Mein Geist war erfüllt gewesen von den verschiedensten Bildern aus dem Leben der Walküre, von ihrer Kindheit über ihren ersten Tag auf Mythos bis hin zu Zungenküssen mit Carson nach einem ihrer letzten Dates. Letzteres fand ich ein wenig eklig.
Ich hatte außerdem Daphnes gesammelte Gefühle gespürt – jedes einzelne. Wie stark sie war, wie wild, wie mutig, wie loyal. Und ja, auch wie schrecklich snobistisch und bösartig sie mitunter sein konnte, das typische reiche Mädchen. Aber all diese Bilder, diese Gefühle, gut und schlecht, verbanden sich zu Daphne – und ich war froh, dass sie meine beste Freundin
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