Frostfluch: Mythos Academy 2 (German Edition)
und ab, schrien und winkten mir zu. Ich hob eine zitternde Hand und winkte zurück. Auf meinem Gesicht lag ein irres Grinsen. Ich hatte nicht geglaubt, dass es wirklich funktionieren würde, aber irgendwie hatte es geklappt. Es sah ganz danach aus, als wäre an meiner Gypsygabe mehr dran, als ich gedacht hatte. Das musste ich bei meinem nächsten Besuch unbedingt Grandma Frost erzählen, falls sie es nicht sowieso schon wusste. Dieser Tage schien Grandma immer mehr zu wissen, als sie mir verriet – über so gut wie alles.
Daphne wedelte mit der Hand, dann deutete sie auf den Lift. Sie wollte, dass ich wieder hochfuhr, wahrscheinlich, damit wir den nächsten Berg entern und schauen konnten, ob das Ganze auch ein zweites Mal funktionierte. Ich winkte zurück, um ihr zu zeigen, dass ich verstanden hatte, dann stapfte ich in die angegebene Richtung.
Mehrere Lifts zogen sich den Berg nach oben, um Schüler, Professoren und alle anderen zu den verschiedenen Ski-, Snowboard- und Rodelpisten zu bringen. Aber am Fuß des Anfängerhügels gab es nur einen Lift. Da er bei Weitem nicht so viele Sessel hatte wie die anderen, musste ich stehen bleiben und warten, bis wieder einer an mir vorbeigezogen wurde.
Und in diesem Moment hörte ich hinter mir ein leises, unheilvolles Knurren.
Ich erstarrte, und das Blut gefror mir plötzlich in den Adern, als wollte es sich an den umgebenden Schnee anpassen. Ich kannte diese Art von Knurren. Ich hatte es schon zweimal in meinem Leben gehört, und beide Male war ich fast gestorben.
Zum Resort fahren, Preston treffen, Daphnes Erinnerungen übernehmen, die ersten Skifahrversuche. Ich hatte einen aufregenden Vormittag gehabt. Aufregend genug, um mich vollkommen vergessen zu lassen, dass es da draußen einen Schnitter gab, der versuchte mich umzubringen – und dass er jederzeit ein Monster schicken konnte, um den Job zu erledigen.
Langsam drehte ich mich um. Zuerst sah ich es nicht, aber dann erregte eine Bewegung in einem Kiefernwäldchen am Rand der Piste meine Aufmerksamkeit. Ich bemühte mich, mit dem Blick die Schatten zu durchdringen, dann wünschte ich mir inständig, ich hätte es gelassen.
Es sah aus wie ein zu großer Wolf. Obwohl die Kreatur zusammengekauert im Schnee lag, konnte ich sehen, wie riesig sie war. Der Wolf schien ungefähr die Größe eines Nemeischen Pirschers zu haben, mit einem Körper, der mir mindestens bis zur Hüfte reichte und länger war als ich groß. In den Bäumen hinter ihm bewegte sich etwas. Es kostete mich eine Sekunde zu verstehen, dass es der Schwanz der Kreatur war, der langsam von rechts nach links zischte und Schnee aufwirbelte.
Sein dichter, zotteliger Pelz hatte die Farbe von alter Asche – nicht ganz schwarz, aber auch nicht wirklich grau – und war von roten Strähnen durchzogen. Die blutige Färbung passte zur Augenfarbe des Monsters – ein tiefes, dunkles, glühendes Rot, das wirkte, als könnte es alles verbrennen, inklusive mir.
Mir stockte der Atem. Ich hatte nur ein einziges Bild in meinem Mythengeschichtsbuch gesehen, diese seltsame Zeichnung, die sich bewegt und die gesamte Seite eingenommen hatte, aber ich wusste genau, was für ein Monster ich vor mir hatte: einen Fenriswolf.
Die Lefzen des Wolfes hoben sich in einem lautlosen Knurren und enthüllten rasiermesserscharfe Zähne. Ich wusste, dass irgendwo im Schnee auch die langen, gebogenen, schwarzen Klauen der Kreatur verborgen waren – Klauen, die fast alles zerreißen konnten. Holz, Haut, Muskeln, Knochen.
Alles zusammengenommen war der Fenriswolf ein zum Leben erwachter Albtraum.
Und jetzt war er hier, um mich zu töten.
Der Fenriswolf knurrte, tief und wütend. Ich hob langsam meine Skistöcke und hielt sie schützend vor mich. Die dünnen, schwachen Stöcke würden mir gegen den Wolf wahrscheinlich nicht viel helfen, aber sie waren besser als nichts. Ich war klug genug, nicht wegzulaufen. Ich würde mit den Skiern an den Füßen keine zwei Schritte weit kommen, bevor mich die Kreatur ansprang und mit Klauen und Zähnen in Stücke riss. Danach zu urteilen, wie sie sich mit ihrer langen, roten Zunge die Zähne leckte und mich aus hell glühenden Augen ansah, würde der Wolf es definitiv genießen.
Das war das dritte Mal, dass ich mich Auge in Auge einem mythologischen Monster gegenüber wiederfand, und die ersten zwei Begegnungen hatte ich nur überlebt, weil Logan aufgetaucht war, um mich zu retten. Aber Logan war nicht hier, und ich war ganz allein
Weitere Kostenlose Bücher