Frostfluch: Mythos Academy 2 (German Edition)
hinter dem empfindliche Nerven und tiefe Unsicherheit lauerten.
Aber ich war schon so weit gekommen, und ich wollte jetzt keinen Rückzieher machen. Oliver Hector hatte ein Geheimnis, und ich würde herausfinden, was es war – und warum er deswegen versuchte, mich umzubringen.
»Wird schon schiefgehen«, flüsterte ich meinem Spiegelbild zu, dann verließ ich den Raum.
Ich stieg wieder in den Lift und fuhr in den achten Stock. Nachdem ich aus der Kabine getreten war, blieb ich einen Moment stehen, um zu lauschen. Das gesamte Stockwerk war ruhig, nur das Summen des Snackautomaten und der Eismaschine brach die Stille. Alle waren entweder schon auf den Pisten, um einen letzten Tag auf Skiern und Snowboards zu genießen, bevor es zurückging zur Akademie, oder sie schliefen noch ihren Rausch aus. Egal, was es war, eine bessere Gelegenheit konnte ich mir nicht wünschen.
Ich stiefelte entschlossen den Gang entlang, als hätte ich jedes Recht, mich in diesem Stockwerk aufzuhalten, obwohl es eigentlich für Jungs reserviert war. Das war der lahme Versuch der Profs, den Sex an diesem Wochenende so gering wie möglich zu halten. Zimmer 822 lag auf halber Länge des Flurs. Ich schob die Schlüsselkarte in den Schlitz, wartete auf das grüne Licht, öffnete die Tür und trat ein.
Das Zimmer von Kenzie und Oliver war das genaue Abbild des Raums, den Daphne und ich uns teilten. Es gab zwei Ausgaben von allem, von den großen, weichen Betten über die Nachttische bis zu den Spiegeln an der Wand. Überall lagen Klamotten und Schuhe, und ich konnte nicht erkennen, welche Seite des Zimmers Kenzie gehörte und welche Oliver. Jeans, Shirts, Socken – wie es aussah, hatten die Spartaner genug Kleidung für eine gesamte Woche mitgebracht und nicht nur für ein Wochenende. Und ich hatte schon geglaubt, Daphne hätte zu viel mitgeschleppt.
Da ich nicht erkennen konnte, wem was gehörte, ging ich am Fuß des einen Bettes in die Hocke, streckte den Arm aus und berührte den Koffer, der dort stand. Meine Gypsygabe schaltete sich ein, und ich sah ein Bild von Kenzie, der Klamotten in den Koffer stopfte. Okay, dann war das seine Seite, was bedeutete, dass Olivers Zeug um das Bett in der Nähe des Fensters verteilt lag.
Ich suchte mir vorsichtig einen Weg zwischen den verstreuten Kleidern hindurch zu dieser Seite des Raums. Dann beugte ich mich vor, um Olivers Koffer zu durchwühlen. Ich zog mir den Ärmel meines Pullis über die Hand, öffnete den Deckel und spähte hinein. Klamotten, Klamotten und noch mehr Klamotten füllten ihn, zusammen mit einem Paar leicht müffelnder Stiefel.
Ich durchsuchte den Koffer, öffnete alle Seitentaschen und sah hinein. Kein Notizbuch. Ich stand auf und ging ins Bad. Zwei Kulturbeutel mit Rasierutensilien standen auf dem Waschbecken. Aber darin war nichts Interessantes, abgesehen von dem Aftershave mit Zitronenduft, das Oliver gehörte. Es roch gut. Auf jeden Fall besser als die Stiefel des Spartaners.
Nachdem das Notizbuch nicht im Bad oder im Koffer war, musste es irgendwo in der Unordnung im Rest des Raums versteckt sein – wenn er es überhaupt mitgebracht hatte. Darauf hoffte ich. Und es gab nur einen Weg, es herauszufinden.
Ich ging von einer Seite des Zimmers zur anderen und durchwühlte alle Kleiderhaufen, Kenzies genauso wie Olivers. Allein auf einer Seite des Raumes gab es mehr T -Shirts, Schuhe und Jeans, als ich in der Akademie in meinem gesamten Schrank hängen hatte.
»Jungs«, murmelte ich. »Warum müssen sie immer so unordentlich sein?«
Die Minuten vergingen, und ich konnte das Notizbuch einfach nicht finden. Langsam begann ich zu glauben, dass Oliver es in der Akademie gelassen hatte. Dann enthedderte ich in einem letzten Versuch die Decke am Fußende seines Bettes, weil ich hoffte, dass er vielleicht einen Eintrag gemacht hatte, bevor er schlafen gegangen war. Und tatsächlich, das rote Notizbuch glitt aus den Laken und fiel zu Boden.
»Bingo«, flüsterte ich.
Ich benutzte den Ärmel des Kapuzenpullis, um das Notizbuch aufzuheben, dann setzte ich mich aufs Bett und legte es auf meinen Schoß. Es sah genauso aus wie in meiner Erinnerung – einfach ein normales rotes Notizbuch, an dessen Rand ein paar der Metallringe verbogen waren. Es wirkte jedenfalls nicht, als würde ich darin etwas besonders Böses oder Teuflisches finden. Aber Oliver versteckte irgendwas, und das war meine beste Chance, herauszufinden, was es war, bevor er wieder versuchte, mich umzubringen.
Also
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