Frostfluch: Mythos Academy 2 (German Edition)
gewöhnlich. Dieses Jahr gibt es auf der New York Academy jede Menge frisches Blut, wenn du verstehst, was ich meine.«
Sie zwinkerte dem Mädchen hinter dem Tresen zu, und beide kicherten. Ich stand neben ihnen und fühlte mich dämlich.
»Wie auch immer …« Morgan zog einen Hunderter aus der Tasche ihres Skianzugs und schob ihn über den Tresen. Die Bewegung ließ grüne Funken aus den Fingerspitzen der Walküre schießen. »Glaubst du, du könntest mir helfen? Denn Gwen hat recht. Meine Eltern bringen mich um, wenn ich dieses Jahr noch ein Handy verliere.«
Die Rezeptionistin ließ das Geld so mühelos verschwinden, wie die Walküre es angeboten hatte, und lächelte wieder. »Wie heißt er?«
Morgan zog die Augenbrauen hoch und sah mich an. »Ja, wie hieß er denn noch mal, Gwen? Ich kann mich nicht erinnern.«
»Oliver«, sagte ich. »Oliver Hector.«
Morgan zog die Augenbrauen noch ein wenig höher und warf mir einen wirklich seltsamen Blick zu, sagte aber nichts. Die Rezeptionistin Valerie drückte ein paar Knöpfe an ihrem Computer und erklärte uns, Oliver habe Zimmer 822. Morgan dankte ihr, dann schlenderten wir von der Rezeption weg. Ich wartete, bis wir die Lobby schon halb durchquert hatten und neben der Statue von Skadi standen, bevor ich mich umdrehte und sie ansah.
»Warum hast du das getan?«, fragte ich.
Morgan zuckte mit den Schultern. »Es hat ein paar Vorteile, das Schulflittchen zu sein.«
Einen Moment lang starrte die Walküre mich an. In ihren haselnussbraunen Augen flackerte ein seltsames Licht, als wollte sie noch etwas sagen, mit mir über irgendetwas reden. Ich fragte mich, ob es wohl um die Nacht ging, in der Jasmine sie in der Bibliothek der Altertümer fast geopfert hätte.
Aber dann presste Morgan die Lippen zusammen. Sie stapfte durch die Lobby und ging nach draußen – allein.
Seltsam. Sehr seltsam. Aber die Walküre hatte mir die Information besorgt, die ich brauchte. Wahrscheinlich musste ich ihr dafür dankbar sein, obwohl ich immer noch nicht verstand, warum sie mir überhaupt geholfen hatte. Sicher, ich hatte sie davor gerettet, von ihrer besten Freundin ermordet zu werden, aber ich wusste nicht mal, ob sich Morgan an diese Nacht erinnerte. Vielleicht hatte sie sich ein wenig von dem, was geschehen war, zusammengereimt. Das war der einzige Grund, der mir für diesen seltsamen Blick einfiel.
Aber eigentlich war nicht wichtig, was Morgan wusste oder nicht wusste, nicht im Moment. Also verdrängte ich jeden Gedanken an die Walküre. Es wurde Zeit für die nächste Phase meines Plans. Jetzt, da ich wusste, in welchem Zimmer Oliver wohnte, musste ich ihm nur noch seine Schlüsselkarte klauen – oder die seines Zimmergenossen.
Kenzie Tanaka sah mich nicht einmal kommen.
Dank der SMS , die alle Schüler ständig an das Mythos-Netzwerk schickten, hatte ich ihn in einem der Hotel-Restaurants gefunden. Der Spartaner war gerade mit etwas beschäftigt, das aussah wie ein sehr privates, sehr kuscheliges Frühstück mit Talia Pizarro, als ich vorbeiging und absichtlich-unabsichtlich meinen extragroßen Apfelsaft über ihre Blaubeerpfannkuchen und ihre Erdbeerwaffeln kippte.
»Ups! Das tut mir ja so leid!«, sagte ich und stieß noch einmal mit der Hüfte gegen den Tisch, sodass der Saft überallhin schwappte.
Sowohl Kenzie als auch Talia schoben ihre Stühle zurück und sprangen auf die Beine. Talia war ein bisschen schneller als Kenzie, aber sie besaß ja auch die superschnellen Reflexe einer Amazone.
»Himmel, Gwen!«, motzte sie. »Pass doch auf, wo du hingehst!«
»Tut mir leid, wirklich, es war mein Fehler. Absolut mein Fehler. Hier, lasst es mich wegwischen.«
Ich benutzte die Servietten, die ich mir zusammen mit dem Saft geholt hatte, um die Pfützen auf dem Tisch aufzusaugen. Kenzie und Talia traten zurück und kontrollierten, ob auch nichts von dem klebrigen Saft auf ihre Klamotten geraten war. Ich lief von einer Seite des Tisches zur anderen, stieß dabei gegen den Stuhl, über den Kenzie seine Lederjacke gehängt hatte, und warf das Kleidungsstück zu Boden.
Ich beschäftigte mich noch ein paar Minuten panisch mit dem Apfelsaft, bis alles aufgewischt war, und plapperte dabei die ganze Zeit Entschuldigungen vor mich hin. Talia verdrehte die dunklen Augen in Kenzies Richtung, und er schüttelte als Antwort nur den Kopf. Ich nervte sie total, was genau meinem Plan entsprach. Genervte Leute achteten nicht allzu sehr auf Details, wie zum Beispiel die
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