Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frostkuss

Frostkuss

Titel: Frostkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
Vom Netzwerk:
haben, wahr ist. Wenn alle Kinder auf Mythos die Nachkommen dieser großen Krieger sind, warum bin ich dann hier? Ich bin keine Walküre oder Amazone und auch kein Spartaner oder Wikinger. Ich bin überhaupt nicht wie sie. Ich bin nur eine Gypsy. In meiner Familie gibt es keine großen Krieger, zumindest nicht, soweit ich weiß.«
    In Metis’ Augen blitzten kurz Gefühle auf, aber ich konnte sie durch die dicke Brille nicht deuten. Die Professorin sah mich mehrere Sekunden lang schweigend an, bevor sie sprach.
    »Nicht jeder in Mythos wird zu einem großen Krieger«, erklärte Metis schließlich. »Einige werden Heiler, Gelehrte oder Lehrer. Es gibt viele Arten, gegen die Schnitter zu kämpfen, und nicht alle beinhalten ein Schwert. Du hast deine eigenen Gaben, Gwen. Du bist auf deine Art etwas Besonderes. Du bist hier auf Mythos, damit wir dir beibringen können, wie du deine Gaben am besten nutzt, wie du deine Psychometrie am besten einsetzt. Es ist eine recht seltene Gabe, weißt du, die Berührungsmagie.«
    Berührungsmagie? Ich fragte mich, was Metis damit meinte. Ich hatte noch nie gehört, dass jemand meine Psychometrie so bezeichnete. Und nein, ich wusste nicht, wie selten es war, weil niemand mir das je gesagt hatte. Es war einfach etwas, das ich konnte, etwas, das mich zur Gypsy machte, was auch immer das bedeutete. Alle außer mir schienen es zu wissen.
    Metis richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Papiere auf ihrem Pult, und mir ging auf, dass sie mir keine weiteren Erklärungen liefern würde. Zumindest nicht heute.
    Also warf ich mir meine Tasche über die Schulter und verließ das Klassenzimmer. Wieder hatte ich mehr Fragen als Antworten dazu, was ich war, was ich tun konnte und warum ich in der Mythos Academy festsaß – einem Ort, an den ich so offensichtlich nicht gehörte.

Nach dem Unterricht ging ich wieder Richtung Styx, um darauf zu warten, dass Daphne Cruz auftauchte und mir wie versprochen dabei half, Jasmine Ashtons Passwort zu knacken. Zu meiner Überraschung saß die blonde Walküre bereits auf den Stufen zum Wohnheim, als ich dort ankam.
    »Du bist tatsächlich gekommen«, sagte ich, als ich mich ihr näherte.
    Sie zuckte mit den Schultern. »Du hast mir ja keine Wahl gelassen, oder, Gwen? Also bringen wir es hinter uns.«
    Ich zog meine ID-Karte durch den Scanner, öffnete die Tür und bedeutete Daphne, mir zu folgen. »Komm rein. Mein Zimmer ist im zweiten Stock.«
    Ich führte Daphne die Stufen hinauf zu meinem Zimmer im Türmchen. Ich ging hinein, warf meine Tasche aufs Bett und setzte mich direkt unter einem gerahmten Wonder-Woman -Poster an meinen Schreibtisch.
    Daphne blieb im Türrahmen stehen, und ihre Augen huschten über die gesamte Einrichtung. Genau so hatte ich es gestern in Jasmines Zimmer gemacht. Für einen Moment blickte ich mich in meinem Zimmer um und sah alles mit neuen Augen. Mein Bett mit seiner purpurgrau karierten Tagesdecke und den dicken Kissen. Die Kristallschneeflocken im Fenster, die winzige Regenbogen in die Luft warfen. Die Bücherregale, die vollgestopft waren mit Fantasy-Romanen. Die Stapel über Stapel von Comics und Graphic Novels auf meinem Schreibtisch. Die Superhelden-Poster an den Wänden. Die halbleere Tüte Gummibärchen auf meinem Nachttisch, die ich letzte Nacht vor dem Schlafengehen gefuttert hatte.
    Ich wand mich innerlich. Dreck. Ich hatte vergessen, was für ein totales Freak-Nest mein Zimmer war. Daphne war die einzige Person, die je außer mir hier drin gewesen war. Ach ja, und Grandma Frost, als sie mir vor zwei Monaten beim Einzug geholfen hatte. Jetzt würde mich die Walküre für eine noch größere Loserin halten als ohnehin schon. Super.
    Nach einer angespannten Minute trat Daphne in den Raum und schloss die Tür hinter sich.
    »Wo ist Jasmines Computer?«, fragte sie.
    Ich zeigte ihr den Laptop auf meinem Schreibtisch. »Genau hier.«
    Ich stand auf, damit Daphne sich auf den Stuhl setzen konnte und leichter an das Gerät herankam. Ich hockte mich aufs Bett und sah ihr zu, wie sie den Computer öffnete und hochfuhr. Als das System bereit war, starrte die Walküre für ein paar Sekunden das Passwortfeld an, dann fing sie an zu tippen.
    »In Ordnung, Baby«, flötete Daphne. »Rede mit Mama und verrate mir deine Geheimnisse …«
    Okay, das war ein wenig seltsam. Ich wollte ihre Konzentration nicht stören, also wies ich die Walküre nicht darauf hin, dass sie mit einem Gegenstand redete. Stattdessen lehnte ich mich auf dem

Weitere Kostenlose Bücher