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Frostkuss

Frostkuss

Titel: Frostkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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fing in meinem Magen an zu brennen wie Säure, wurde heißer und heißer, als hätte ich einen Feuerball geschluckt. Das Brennen breitete sich im Rest meines Körpers aus und sorgte dafür, dass ich schwitzte, meine Hände zitterten und mein Kopf schmerzte, als würde er von einer riesigen Faust zusammengedrückt, bis er kurz vorm Platzen stand. Auch dieses Gefühl erkannte ich – brennende Wut.
    Dann stieg ein Bild von Jasmine vor meinem inneren Auge auf. Sie saß vor ihrem Schminktisch und starrte das Foto an, das wie die anderen hinter dem Rahmen ihres Spiegels steckte. Tag um Tag sah Jasmine es an, bis sie schließlich mit vor Wut weißem Gesicht die Hand ausstreckte, das Foto packte und es in zwei Teile zerriss.
    Inzwischen konnte ich mich selbst brabbeln hören, und mit jedem Wort wurde meine Stimme lauter und schärfer: »Miststück. Ich werde dieses Flittchen für das umbringen, was sie mir angetan hat, dafür, dass sie mich betrogen hat. Sie wird bezahlen, oh, sie wird so sehr dafür bezahlen …«
    Daphne verpasste mir eine Ohrfeige, und pinkfarbene Funken stoben aus ihren Fingerspitzen. Der Schlag warf mich aufs Bett zurück, aber die Walküre war noch nicht fertig. Sie streckte die Hand aus und riss mir die zwei Teile des Fotos aus den verkrampften Fingern.
    Es war, als wäre tief in mir ein Schalter umgelegt worden. Langsam verblassten der Hass, die Wut und die Eifersucht, die ich gefühlt hatte, die Schmerzen in meinem Herzen ließen nach, und ich hatte mich wieder unter Kontrolle. Ich atmete tief durch. Das war sehr intensiv gewesen, selbst für mich.
    Ich setzte mich auf, sobald ich das Gefühl hatte, es ginge wieder. Daphne stand mit einem besorgten Ausdruck auf ihrem hübschen Gesicht über mir. Sie hielt die zwei Fotofetzen mit spitzen Fingern, als wären sie etwas Böses. Vielleicht waren sie das auch, wenn man bedachte, welche Gefühle damit verbunden waren und was für schreckliche Dinge Jasmine empfunden hatte, wann immer sie das Bild von ihrer besten Freundin und ihrem Freund ansah.
    »Himmel«, murmelte Daphne. »Passiert das jedes Mal, wenn du etwas anfasst? Denn das war ziemlich unheimlich, Gwen.«
    Ich rieb mir den schmerzenden Kopf. »Erzähl mir was Neues.«
    »Also, was hast du gesehen?«
    Ich erzählte Daphne, was ich gefühlt hatte, wie Jasmine das Foto wieder und wieder angestarrt hatte, um jedes Mal ein bisschen wütender zu werden, bis sie es schließlich in einem Wutanfall zerstört hatte.
    »Also dachte Jasmine, zwischen Morgan und Samson würde was laufen?«, fragte Daphne mit zweifelnder Stimme. »Du musst dich irren. Wenn Jasmine auch nur vermutet hätte, dass Morgan sich an Samson ranmacht, hätte sie ihr die Kehle aufgeschlitzt – und wäre nicht selbst so in der Bibliothek geendet.«
    Ich zuckte mit den Schultern. Ich hatte Jasmine nicht gut genug gekannt, um zu wissen, was sie getan oder nicht getan hätte. Ich wollte nur herausfinden, was ihr wirklich zugestoßen war, warum sie noch einmal in die Bibliothek gegangen war und warum es niemanden zu interessieren schien, dass irgendjemand sie ermordet hatte. Vielleicht lag es ja an meiner Gypsygabe, aber ich hatte das Gefühl, damit meiner Bestimmung zu folgen. Ich sollte das herausfinden. Ich musste es herausfinden. Und vielleicht konnte ich bei dieser Suche auch etwas über mich selbst erfahren.
    Ich schüttelte den Kopf, um diesen seltsamen Gedanken zu vertreiben. »Was ist noch auf ihrem Computer? Irgendwas über die Schale der Tränen?«
    Daphne setzte sich an meinen Schreibtisch und widmete ihre Aufmerksamkeit wieder dem Computerbildschirm. »Nichts, das mir direkt ins Auge springt – warte eine Sekunde. Hier ist etwas. Sieht so aus, als hätte Jasmine ihren ersten Geschichtsaufsatz dieses Jahr über die Schale der Tränen geschrieben. Schau ihn dir an.«
    Ich spähte über Daphnes Schulter auf den Bildschirm. Tatsächlich, Jasmine hatte einen Aufsatz über die Schale geschrieben und über die Tatsache, dass Nickamedes sie aus dem Archiv holen wollte, um sie in der Bibliothek der Altertümer auszustellen. Ich überflog den Aufsatz, aber er verriet mir nichts, was ich nicht vor Kurzem erst von Professor Metis gehört hatte. Vielleicht hatte ich mich geirrt. Vielleicht hatte Jasmine das Große Artefakte -Buch nur in ihrem Zimmer gehabt, um den Aufsatz schreiben zu können.
    Aber das verriet mir immer noch nicht, warum sie an diesem Abend in der Bibliothek gewesen war. Hatte sie sich die Schale noch einmal anschauen

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