Frostkuss
genauso viel bedeutete wie mir.
»Danke. Du auch. Ähm, ich meine nicht schön, sondern gut aussehend. Sehr, sehr gut aussehend«, endete ich ziemlich lahm.
In Wahrheit war er schön – viel schöner, als ich es je sein könnte. Logan sah aus, als wäre eine der Illustrationen aus meinem Mythengeschichtsbuch zum Leben erwacht – wie ein antiker Krieger in moderner Kleidung. Eine Mischung aus alt und neu, die für mich alles war. Die mir absolut wundervoll erschien.
Wir tanzten weiter, und alles ringsum verschwand. Die anderen Tänzer, die knutschenden Pärchen, die Schüler am Buffet, Morgan und ihre bösartige Anhängerschaft. Alles verschwand einfach, bis es nur noch Logan und mich gab.
Logan, der mich festhielt, mir in die Augen sah, während sein Kopf sich langsam senkte, meine Lider sich langsam schlossen, mir der Atem stockte vor Vorfreude auf etwas, von dem ich schon wusste, dass es absolut wundervoll werden würde …
Ein Tippen an der Schulter riss mich aus meiner Verzückung, und bei der Berührung blitzte heiße Verärgerung auf. Ich wich zur Seite aus, sodass Logans Lippen an meiner Wange vorbeiglitten und mein Haar trafen. Wieder tippte mir jemand auf die Schulter, und wieder spürte ich Verärgerung. Wer auch immer mich mit dem Finger piekte, er war nicht besonders glücklich.
Ich senkte die Arme und trat einen Schritt von Logan zurück. Ein Mädchen drängte sich zwischen uns. Ich erkannte sie als eine von Talia Pizarros Amazonen-Freundinnen, wenn sie auch nicht so groß war wie das andere Mädchen, sondern kaum größer als ich. Trotzdem, die Amazone war sehr schön, mit strahlend rotem Haar und Augen, grüner als die Smaragdkette um ihren bleichen Hals. Sie trug ein eng anliegendes Kleid in der Farbe von Gischt, das all ihre Kurven betonte.
Damit platzte mein Aschenputtelmoment, und plötzlich fühlte ich mich neben ihr wie eine riesige Traube. Eine Traube, die jeden Moment zerquetscht werden würde.
»Was denkst du eigentlich, was du hier mit meiner Verabredung treibst?«, fragte mich das Mädchen mit wütender Stimme.
Ich sah zu Logan, der erst mich, dann sie anstarrte. Nach einem Moment schlang er eine Hand um ihre Hüfte und zog sie an sich.
»Wir haben doch nur getanzt, Savannah«, erklärte er leichtfertig und lächelte genauso auf das andere Mädchen hinunter, wie er es vor Sekunden noch bei mir getan hatte.
Das tat weh. Es verletzte mich, dass Logan mich so einfach abtun konnte. Dass er mich fast küssen konnte, nur um ein paar Sekunden später eine andere anzusehen, als hätte er dasselbe bei ihr vor. Vielleicht hatte er das. Vielleicht fühlte er nicht dasselbe wie ich, wenn wir zusammen waren. Vielleicht hatte er nie etwas empfunden.
Ich schüttelte irritiert den Kopf, um den Rest des dämlichen romantischen Nebels darin zu vertreiben. Natürlich hat er nichts empfunden, schalt ich mich selbst. Er war der verdammte Logan Quinn, der Kerl, der durch die Mythos Academy zog und bei jedem Mädchen, mit dem er schlief, die Matratze signierte. Was hatte ich mir nur gedacht? Es gab Spaß, und es gab Wahnsinn. Und alles, was mit Logan zu tun hatte, gehörte definitiv in die zweite Kategorie.
»Genau«, erklärte ich mit kalter Stimme. »Wir haben nur getanzt. Und jetzt tun wir es nicht mehr.«
Logan sah mich an, und für einen Moment flackerten Schuldgefühle in seinem Blick. Er öffnete den Mund, als wollte er etwas sagen, aber ich ließ ihm keine Chance. Ich drehte mich einfach auf dem Absatz um und überließ ihn seinem Date.
So schnell wie möglich brachte ich Abstand zwischen Logan und mich. Ich schob mich an tanzenden Paaren vorbei und achtete sorgfältig darauf, niemanden zu berühren, um nicht aus Versehen Visionen zu empfangen. Was zur Hölle hatte ich mir dabei gedacht? Jeder hatte seinen Platz in Mythos – jeder außer mir. Moment. Das stimmte so nicht. Ich hatte auch meine Rolle gefunden – dieses Gypsymädchen, das sich gerade vollkommen zum Narren gemacht hatte. Mit anderen Worten, der Klassentrottel.
Ich eilte aus dem Speisesaal. Inzwischen hingen mehr Leute vor den Türen herum und reichten Becher mit Bier und silberne Fläschchen mit Was-weiß-ich herum, zusammen mit Zigaretten und ein paar Joints.
Für einen Moment dachte ich darüber nach, anzuhalten und mir von irgendwem einen Drink zu erbetteln. Vielleicht sogar mehrere. Ich war noch nie betrunken gewesen, also wusste ich nicht, wie viel Alkohol es brauchen würde. Aber wahrscheinlich wollte sowieso niemand
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