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Frostkuss

Frostkuss

Titel: Frostkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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umkreiste die Bibliothekstische – hin und her und zwischen ihnen hindurch, als wären sie eine Art Hindernislauf für riesige Kätzchen. Trotzdem blieben seine rot glühenden Augen unverwandt auf mich gerichtet.
    Jasmine stoppte vor Morgan und starrte ihre beste Freundin mit Hass in den Augen an. Dann streckte die Walküre den Arm aus und riss Morgan die Ballprinzessinnen-Krone vom Kopf. Morgan stierte weiter leer vor sich hin. Auf ihrem Gesicht zeichneten sich keinerlei Gefühle ab, und in den haselnussbraunen Augen zeigte sich kein Verständnis dessen, was gerade geschah.
    Ich hatte richtig vermutet, als mir der Gedanke gekommen war, Morgan sei besessen. Jasmine benutzte die Schale der Tränen, um ihre beste Freundin zu kontrollieren. Zum ersten Mal bemerkte ich, dass etwas in der Schale war – etwas Dunkelrotes, das klebrig aussah. Blut.
    »Wie hast du es gemacht?«, fragte ich. »Wie hast du Morgans Blut in die Schale bekommen? Ich weiß, dass du das tun musstest. Du musstest ihr Blut in die Schale tropfen lassen und dabei irgendwelchen magischen Hokuspokus intonieren. Sonst könntest du sie nicht so kontrollieren, wie du es tust.«
    Jasmine starrte weiter die kristallene Krone in ihren Händen an. »Oh, das war der einfachste Teil. Vor ein paar Wochen ist ein Blutspendedienst auf den Campus gekommen. Morgan und ich haben beide gespendet. Es war einfach, ihren Beutel gegen meinen auszutauschen, als die Krankenschwester gerade mal nicht hingesehen hat.«
    Himmel, was war sie? Eine Art kriminelles Genie oder so? Denn ich wäre nie auf die Idee gekommen, so etwas zu tun, besonders nicht bei meiner angeblich besten Freundin.
    Jasmine drehte das Diadem hin und her, beobachtete, wie sie das Licht einfing und glitzernd zurückwarf. Sie zog die Nägel darüber, und hässliche, blutrote Funken glitzerten um sie herum. Dann zerbrach die Walküre die Krone in den Händen. Kristalle flogen durch die Luft, und ich zuckte zusammen, als sie mit scharfem Krachen auf den Bibliotheksboden fielen.
    »Ich habe mich immer gefragt, wie es wohl wäre, mit Samson an meiner Seite die Ballprinzessin zu sein«, murmelte Jasmine. »Ich hoffe, du hast es genossen, Morgan. Denn es wird das Letzte sein, was du jemals in deinem Leben genießen wirst.«
    Jasmine packte ein scharfkantiges Stück der zersplitterten Krone und zog es Morgan über das Gesicht, bis Blut floss. Dann stach die Walküre mit dem spitzen Ende zu und bohrte es ihrer besten Freundin tief in die Haut. Rote Funken tanzten wie Glühwürmchen um die beiden, blitzten auf und verblassten wie eine Warnung vor Gefahr, Hass, Tod.
    Ich unterdrückte einen Schrei und setzte mich in Bewegung, weil ich Morgan irgendwie helfen wollte. Aber der Pirscher knurrte warnend, und ich erstarrte wieder.
    Es spielte sowieso keine Rolle, denn Morgan bewegte nicht einen Muskel. Sie zuckte nicht zurück, schrie nicht und fing vor Schmerz auch nicht an zu weinen. Es war, als wäre sie nichts als eine leblose, erstarrte Puppe. Ich fragte mich, ob sie überhaupt spürte, dass Jasmine ihr das Gesicht mit der Krone zerfetzte, oder ob ihr Geist schon für immer fort war.
    Jasmine zog das blutige Ende der Krone aus Morgans Gesicht und riss den Arm für den nächsten Stoß zurück.
    »Hör auf!«, schrie ich. »Hör auf, sie zu verletzen! Sie ist deine Freundin! Deine beste Freundin!«
    Jasmine drehte sich um und starrte mich an, als hätte sie vollkommen vergessen, dass ich überhaupt mit den beiden Walküren in der Bibliothek stand. »Berichtigung: Sie war meine beste Freundin, bevor sie vor sechs Monaten angefangen hat, hinter meinem Rücken meinen Freund zu vögeln.«
    Jasmine warf das blutige Stück Krone auf den Boden und begann, Morgan zu umkreisen. Ihre Miene war so finster wie Gewitterwolken. Ich wusste nicht, was die Walküre als Nächstes tun würde, aber ich musste mich bemühen, sie abzulenken. Ich wollte nicht, dass sie Morgan weiter verletzte. Oder noch schlimmer, das andere Mädchen vor meinen Augen umbrachte.
    »Tust du das alles deswegen?«, fragte ich mit zitternder Stimme. »Nur weil dein Freund dich betrogen hat?«
    »Er hat mich nicht nur betrogen«, blaffte Jasmine. »Er hat mich mit ihr betrogen. Meiner angeblich besten Freundin . Monatelang. Und die ganze Zeit haben sie mir dabei ins Gesicht gelogen. Ich bin langsam misstrauisch geworden, weißt du? Samson hat sich seltsam benommen und irgendwie abgelenkt gewirkt. Ich hatte das Gefühl, dass er mich vielleicht betrügt, dass er

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