Frostkuss
sich eventuell noch mit jemand anderem trifft. Also habe ich Morgan davon erzählt. Ich habe mich ihr doch tatsächlich anvertraut . Und weißt du, was sie gesagt hat?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Dass ich mir keine Sorgen machen soll. Dass Samson völlig verrückt nach mir wäre und ihr das selbst gesagt hätte. Dass er unsere Dates nur deswegen so kurz hielt, weil er mich so sehr liebte und es ihm einfach schwerfiel, seine Begierde zu kontrollieren, wann immer wir zusammen waren. Ich kann nicht glauben, dass ich diesen Dreck geschluckt habe.« Jasmine lachte bitter auf.
Wieder fing sie an, Morgan zu umkreisen und dabei leise vor sich hin zu murmeln. Ich schob die Hand hinter den Rücken und packte das oberste Buch an der Ecke. Der Pirscher umrundete den Tisch und wanderte vor mir auf und ab, während sein blutroter Blick nicht für einen Moment mein Gesicht losließ.
»Weißt du, was das Schlimmste ist?«, fragte Jasmine. »Der Grund, warum Samson überhaupt mit ihr geschlafen hat. Weißt du, warum er mit ihr geschlafen hat?«
Ich zuckte mit den Schultern. Das zerrissene Foto hatte mir eine Menge verraten, aber das nicht.
»Weil ich es nicht getan habe«, murmelte sie. »Ich wollte warten. Und Samson hat behauptet, er wolle das ebenfalls. Dass wir noch nicht bereit wären. Dass es besser wäre, die Dinge langsam anzugehen und auf den richtigen Moment zu warten. Dass es so romantischer wäre. Und die ganze Zeit haben es die beiden hinter meinem Rücken getrieben wie die Karnickel.«
»Ich habe dieses Bild von Morgan und Samson gefunden. Das, das du zerrissen und in den Mülleimer geworfen hast. Wie bist du den beiden überhaupt auf die Spur gekommen?«, fragte ich mit ruhiger Stimme, während mein Blick durch die Bibliothek huschte und nach einem Ausweg aus diesem Schlamassel suchte. Aber ich hatte keine Idee, wie ich Morgan oder mich selbst hier rausbringen sollte. Zumindest nicht lebend.
Jasmine zuckte mit den Schultern. »Morgan hat mich angelogen, als sie in die Sommerferien gefahren ist. Sie hat mir erzählt, dass sie und ihre Familie für einen Monat in ihr Haus auf den Bahamas fahren würden. Aber eine Woche später hat mir mein Bruder eine SMS geschickt, dass er Morgan in den Hamptons gesehen hätte. Warum sollte Morgan lügen? Das hat mich misstrauisch gemacht, besonders weil Samsons Eltern dort ein Ferienhaus haben. Also habe ich mir Daddys Jet geliehen und bin kurz hingeflogen. Ich habe mich zu Samsons Haus geschlichen und habe sie zusammen am Strand gesehen. Sie haben sich überall befingert. Es war widerlich.«
»Aber das war im Sommer«, meinte ich. »Das ist schon Monate her.«
Jasmine schenkte mir ein kaltes, zufriedenes Lächeln. »Ich weiß. Die zwei haben nie etwas vermutet. Sie hatten keinen blassen Schimmer, dass ich über sie Bescheid wusste.«
»Und?«, fragte ich. »Dann hast du die letzten paar Monate damit verbracht, zu planen, wie du deinen eigenen Tod vortäuschen kannst? Nur um dich an deiner besten Freundin dafür zu rächen, dass sie mit deinem Freund geschlafen hat? Findest du das nicht ein wenig extrem?«
Jasmine kniff die blauen Augen zusammen und öffnete den Mund, wahrscheinlich um dem Pirscher zu befehlen, rüberzukommen und mich umzubringen. Aber ich kam ihr zuvor.
»Ich meine, ja, das stinkt zum Himmel, und ich kann vollkommen verstehen, warum du Rache willst. Die beiden haben dich wirklich übel verletzt. Sie haben es verdient, bestraft zu werden.«
Jasmine nickte. »Genau. Ich habe Samson geliebt, habe ich wirklich. Aber er ist schließlich ein Kerl, also hat er mit dem Schwanz gedacht. Von ihm habe ich etwas in der Art erwartet. Aber Morgan und ich, wir sind zusammen aufgewachsen. Sie ist für mich fast wie eine Schwester, und das hat ihren Verrat nur noch schlimmer gemacht. Deswegen wird sie dafür zahlen, dass sie mit meinem Freund geschlafen hat.«
Das erklärte wohl, warum Samson nicht neben Morgan stand und genauso zombiemäßig vor sich hin starrte wie sie. Ich fand es ja ein wenig sexistisch von Jasmine, dass sie nur dem anderen Mädchen die Schuld gab und nicht auch ihrem tollen Freund. Soweit ich gesehen hatte, spielte Samson recht willig mit. Auf seine Art war er genauso ein Flittchen wie Morgan.
»Aber warum hast du nicht irgendwas ein bisschen … Vernünftigeres unternommen?«, fragte ich. »Warum hast du deinen eigenen Tod vorgetäuscht? Was soll das Ganze?«
»Ich wollte, dass sie mich vermissen«, blaffte sie wütend. »Ich wollte ihnen
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