Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frostnacht

Frostnacht

Titel: Frostnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
Vom Netzwerk:
weißt, dass das hier überhaupt nicht gut ist, oder?«
    »Du solltest besser hoffen, dass sie nicht gerne glitzernde Sachen fressen«, murmelte ich.
    Doch es folgte kein Angriff. Stattdessen rannte der Babygreif zu mir herüber und stieß seinen Kopf gegen mein Bein, um mich vorwärts zu drängen. Ich schluckte wieder, doch letztendlich konnte ich nur tun, was er von mir wollte.
    Das Baby schob mich in den hinteren Teil der Höhle. Dort wartete der erwachsene Greif, der Logan entführt hatte, neben einer Reihe flacher Becken. Die Wasseroberfläche glänzte im goldenen Leuchten der Steine wie eine Münze und betonte damit noch die luftige, verzauberte Atmosphäre der Höhle.
    Der Greif hatte Logan neben einem der Becken abgelegt. Von der Oberfläche stieg leichter Dampf auf. Vorsichtig trat ich vor, zog einen Handschuh aus, beugte mich vor und schob meine Hand ins Wasser. Zu meiner Überraschung war das Wasser warm. Ich verstand, dass dies natürliche heiße Quellen sein mussten – und dass die Greifen vielleicht gar nicht vorhatten, mich zu fressen.
    »Du hast uns nicht hierhergebracht, um uns zu verletzen, richtig?«, fragte ich den erwachsenen Greif, als ich mich wieder aufrichtete. »Du hast uns hergebracht, damit wir uns aufwärmen können … um uns vor einem Erfrierungstod im Sturm zu retten.«
    Der Greif nickte, um meinen Worten zuzustimmen. Ich zögerte, dann steckte ich Vic in seine Scheide, zog auch den anderen Handschuh aus und schob beide in die Taschen meines Skianzuges. Langsam ging ich auf den Greif zu und hob die Hände. Die Kreatur beobachtete mich mit ernsthaftem Blick, als wüsste sie genau, was ich vorhatte. Ich holte tief Luft, dann berührte ich sanft ihre Flügel.
    Bilder und Gefühle überschwemmten meinen Geist. Ich fühlte die Stärke des Greifs, seinen Stolz und wie gern er durch die Wolken segelte. Der Greif war hoch am Himmel geflogen, als er den Schrei seines Babys gehört hatte. Die Kreatur war zwischen die Bäume abgetaucht, um dann mich und meine Freunde bei unserer Hilfsaktion zu entdecken. Eine Welle tiefer Dankbarkeit schwappte über mich hinweg, dafür dass ich sein Baby davor bewahrt hatte, ein Sklave der Schnitter zu werden.
    Es folgten noch andere Bilder: wie die Greifen sich in den Ruinen versteckt und meine Freunde und mich dabei beobachtet hatten, wie wir gegen die Schnitter kämpften. Also waren es ihre Blicke gewesen, die ich gespürt hatte. Ich fühlte den brennenden Hass der Kreatur auf die Schnitter und seine Trauer darüber, wie die Schnitter die Schwarzen Rocks unter ihre Knute zwangen. Und schließlich sah ich, wie der Greif mich beobachtete, während ich Logan durch den Wald schleppte, und spürte seine Bewunderung, weil ich immer weiterging, obwohl ich genau wusste, dass wir die Nacht nicht überleben würden, wenn wir keinen Unterschlupf fanden.
    Ich öffnete die Augen, senkte die Hand und sah ihn an. »Danke«, flüsterte ich. »Danke, dass du uns hierhergebracht hast. Uns gerettet hast. Das musstest du nicht tun.«
    Der Greif blickte mich an, und ich fühlte die Welle von Stolz, die von ihm ausging. Doch, er hatte uns hierherbringen müssen. Er hatte sich moralisch verpflichtet gefühlt, uns genauso zu helfen, wie wir seinem Baby geholfen hatten.
    Vorsichtig ließ ich meine Fingerspitzen über die Flügel des Greifs gleiten. Die Kreatur gab ein leises Schnauben von sich, doch ich merkte, dass es ihr gefiel. Das Baby stieß mich wieder mit dem Kopf an, also ließ ich mich auf die Knie fallen und streichelte auch das Kleine. Dann richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder auf Logan, der sich nicht gerührt hatte, seit wir die Höhle betreten hatten.
    Die Greifen versammelten sich um mich, während ich Rans Netz von Logan löste und sorgfältig zur Seite legte. Der Spartaner wachte nicht auf, nicht einmal, als ich seinen Skianzug öffnete und seine Kleidung hochzog, um die Wunde untersuchen zu können. Der grobe Verband, den ich ihm angelegt hatte, war blutdurchtränkt. Langsam löste ich den Stoff von der Wunde. Glücklicherweise war das Blut inzwischen geronnen. Aber ich wusste auch nicht, wie viel Blutverlust Logan noch verkraften könnte.
    Mit Vic schnitt ich den Rest meiner überzähligen Klamotten in Streifen, dann ging ich hinüber und tauchte den Stoff in die heißen Quellen. Ich hatte erwartet, dass das Wasser nach Schwefel stinken würde, doch stattdessen roch es frisch und blumig mit einer leichten Vanillenote. Mit dem angefeuchteten Stoff wischte ich

Weitere Kostenlose Bücher