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Frostnacht

Frostnacht

Titel: Frostnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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– derselbe Greif, der mich und Logan vor dem Schneesturm gerettet hatte. Keine Ahnung, woher ich das wusste, doch ich war mir sicher.
    Der Greif verbeugte sich tief vor Eir, dann zupfte er mit dem Schnabel sanft ein paar Wildblumen aus dem Schnee und präsentierte sie ihr, genau wie auf dem Relief, das ich in den Ruinen gesehen hatte – dem Relief, auf dem die Ambrosia-Pflanze gewachsen war. Eir lächelte und erwiderte die Verbeugung der Kreatur, bevor sie die Blumen aus dem Schnabel zog. Sie hob sie an ihr Gesicht und atmete tief ein. Vielleicht bildete ich mir das nur ein, aber ich hatte fast das Gefühl, in diesem Moment dasselbe riechen zu können wie sie – die süßen Düfte der Blumen, die sich mit der kalten Frische des Schnees verbanden.
    Eir flüsterte dem Greif etwas zu, und er schwang sich wieder in die Luft, flog zu einem nahe stehenden Baum und griff sich etwas von der Spitze. Einen Moment später landete er wieder auf der Lichtung. Eir beugte sich vor und zog eine grüne Pflanze aus seinem Schnabel – eine Pflanze, die ein wenig aussah wie ein Mistelzweig. Einen Moment später drehte die Göttin sich um. Ihre grünen Augen suchten meinen Blick, und wieder fiel mir die Freundlichkeit ihres Gesichtes auf. Sie strahlte diese Empfindung genauso aus wie Nike siegreiche Macht. Eir kam langsam auf uns zu, während der Greif an ihrer Seite trottete.
    »Es gibt nur wenige Dinge, die Eir mehr liebt als ihre Wildblumen«, sagte Nike. »Doch die Greifen gehören dazu.«
    »Also sind es Eir-Greifen?«, fragte ich. »Wie Fenriswölfe und Nemeische Pirscher und Maat-Nattern?«
    Nike nickte. »Genau so, obwohl sich nur noch wenige Sterbliche an den richtigen Namen der Greifen erinnern, genauso wie sie vergessen haben, dass Eir nicht nur die Göttin der Heilung, sondern auch die Göttin der Gnade ist. Eir hat die Kreaturen immer geliebt. Das ist einer der Gründe, warum sie ihr Heim hier auf dem Berggipfel erbaut hat – damit die Kreaturen in der Nähe nisten können, während sie auf sie aufpasst.«
    »Warum erzählst du mir das alles?«
    Nike lächelte. »Du wirst schon sehen.«
    Inzwischen standen Eir und der Greif vor uns. Die Göttin legte den Kopf schräg, und ihr grüner Blick schien mich zu durchbohren, als könne sie alle Geheimnisse meiner Seele offenlegen, indem sie mich einfach ansah. Vielleicht konnte sie das sogar. Ich richtete mich gerader auf, um unter ihrer intensiven Musterung nicht zu zittern.
    »Jetzt sehe ich es«, sagte sie, und ihre Stimme klang wie eine sanfte Brise in den Wildblumen. »Warum du solches Vertrauen in sie hast. Sie ist entschlossen. Jung, aber sehr stark.«
    Nikes Lächeln wurde breiter, und für einen Moment fühlte ich mich wie ein Welpe, den die beiden in einem Ladenfenster bewunderten. Als hätte ich gerade irgendeinen Trick vorgeführt, um ihr Wohlwollen zu erringen. Obwohl ich keine Ahnung hatte, was das gewesen sein sollte.
    Eir blickte mich weiter an, als erwartete sie, dass ich etwas sagte.
    »Ähm … danke. Ich danke Euch, Göttin. Das war ein sehr nettes Kompliment.«
    »Das war kein Kompliment, sondern nur die Feststellung einer Tatsache.« Wieder legte sie den Kopf schräg. »Manchmal glaube ich, ich werde die Sterblichen nie verstehen. Ihre Ansichten sind so seltsam.«
    Der Greif kreischte zustimmend, und ich fragte mich, was an meinen Worten so falsch gewesen war. Doch die Göttin wirkte nachdenklich und nicht aufgeregt, also hatte ich mich wohl nicht allzu schlimm in die Nesseln gesetzt.
    »Du hast einem meiner Greifen Gnade angedeihen lassen«, sagte Eir. »Damit bist du einer von wenigen Sterblichen seit langer, langer Zeit. Dafür habe ich ein Geschenk für dich.«
    Sie nahm die Wildblumen und den Mistelzweig in die Hand und fing an, sie miteinander zu verdrehen, als wollte sie aus den grünen Stängeln und den farbenfrohen Blüten eine Kette flechten. Ein helles, silbernes Licht flackerte zwischen ihren Fingern auf, fast als seien die Pflanzen eine Art von Metall, das die Göttin verarbeitete. Das Licht war so intensiv, dass es mir in den Augen schmerzte, doch ich wagte es nicht, den Blick abzuwenden.
    »Hier«, sagte Eir ein paar Augenblicke später. »Es ist vollbracht.«
    Etwas klirrte, und ich fühlte ein leichtes Gewicht an meinem Arm. Ich senkte den Blick und stellte fest, dass ein silbernes Armband an meinem rechten Handgelenk erschienen war. Die Kette selbst bestand aus Mistelsträngen, von denen mehrere kleine Blätter herabhingen. Der

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