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Frostnacht

Frostnacht

Titel: Frostnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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viel, dass das Auto unterwegs in einer Schneewehe stecken geblieben wäre.
    Kjartan war nicht mehr ganz sicher auf den Beinen, als er aus dem Auto ausstieg, das langsam wegfuhr. Er streckte sich. Er hatte ein wenig zu viel getrunken. Wegen des Wetters hatten sie aber früher Schluss gemacht als gewöhnlich.
    Der angekündigte Schneesturm war hereingebrochen. Erlendur in seinem Ford Falcon fuhr so schnell, wie es der Straßenzustand zuließ. Virote und Jóhann waren bei ihm. Im Radio wurde gesagt, dass ganze Stadtviertel wegen des Unwetters abgeschnitten seien. Erlendur hatte Einsatzwagen zu Kjartans Haus beordert und hoffte, dass sie noch rechtzeitig eintreffen würden.
    »Die Frau, die ich da am Telefon gehört habe, ist dieselbe, die mich seit dem Überfall auf Elías mehrmals angerufen hat«, sagte er ohne weitere Einleitung zu Elínborg. »Das ist die Frau, die ich für die andere hielt, die Selbstmord begangen hat.«
    »Wie bitte?«, sagte Elínborg.
    »Ist sie die Mutter des Jungen, bei dem ihr jetzt seid?«
    »Ja.«
    »Halte das Gespräch in Gang, ich versuche, zu euch durchzukommen.«
    »In Ordnung«, sagte Elínborg. »Wo bist du?«
    »Ich bin unterwegs«, sagte Erlendur und beendete den Anruf.
    Kjartan fummelte in seinen Taschen nach dem Schlüssel. Seine Frau bestand darauf, dass die Wohnung zu allen Tageszeiten abgeschlossen war. Sie hatte im Gegensatz zu ihm panische Angst vor Dieben. Als er den Schlüssel endlich gefunden hatte, bemerkte er eine menschliche Gestalt, die aus dem Schatten des Hauses trat und sich ihm in den Weg stellte.
    »Wer bist du?«, fragte Kjartan.
    In der Ferne hörte er Polizeisirenen.
    Durch das dichte Schneetreiben hindurch sah Erlendur das Blaulicht der Einsatzwagen, die gerade in die Straße einbogen, in der Kjartan lebte. Er warf einen Blick zu Virote auf dem Beifahrersitz, und im Rückspiegel sah er Jóhanns besorgtes Gesicht.
    »Wer bist du?«, wiederholte Kjartan.
    Die Gestalt antwortete ihm nicht. Das Gesicht konnte er nicht erkennen. Die Sirenen wurden immer lauter, und Kjartan schaute in die Richtung, aus der sie kamen. Im gleichen Augenblick machte die Gestalt einen Satz auf ihn zu. Den Stich verspürte Kjartan in demselben Augenblick, als er sich wieder der Gestalt zuwandte. Im Schein der Straßenlaternen sah er, dass sie eine Schirmmütze trug und einen Schal vor das Gesicht gebunden hatte.
    Er sank in die Knie und spürte etwas Warmes am Bauch, und er sah, wie sich der Schnee am Boden rot verfärbte.
    Er streckte die Hand nach der dunklen Gestalt aus, er bekam den Schal zu fassen und riss ihn seinem Gegenüber vom Gesicht.
    Die beiden Einsatzwagen gerieten ins Schleudern, als sie vor dem Haus bremsten. Vier Polizisten stiegen aus und liefen auf Kjartan zu, der zu Boden gesunken war. Im nächsten Augenblick fuhr Erlendurs Auto vor, und er, Virote und Jóhann sprangen heraus. Virote überholte die Polizisten, die sich vorsichtig der Gestalt im Schatten näherten.
    »Niran!«, rief Virote.
    Niran schaute hoch, als er seinen Namen hörte.
    Virote sah, dass Kjartan blutend am Boden lag.
    Auf Thailändisch rief er Niran etwas zu, der wie versteinert neben Kjartan stand und das Messer in den Schnee fallen ließ.
    Eine halbe Stunde später klingelte es bei Ágústs Eltern. Elínborg und Sigurður Óli waren immer noch da und hatten schon eine geraume Zeit unter unangenehmem peinlichem Schweigen auf dem Sofa gesessen und versucht, die Zeit bis zu Erlendurs Eintreffen mit Fragen und Nachhaken zu überbrücken, aber als es sich hinauszögerte, versiegte der Gesprächsstoff. Als ihnen nichts mehr einfiel, gaben sie zu verstehen, dass sie noch einen Kriminalbeamten erwarteten, der mit ihnen sprechen müsse. Sie hatten aber keine Antwort darauf, als die Eltern wissen wollten, was der Mann im Sinn habe. Die Atmosphäre im Wohnzimmer war sehr angespannt. Als endlich die Türglocke erklang, schraken alle zusammen.
    Der Herr des Hauses ging zur Tür, nahm Erlendur in Empfang und führte ihn ins Wohnzimmer. Seine Frau, die neben ihrem Sohn auf dem Sofa saß, war inzwischen unruhig geworden und stand auf, als sie Erlendur eintreten sah. Sie lächelte entschuldigend und sagte, sie wolle mehr Kaffee kochen. Sie war bereits auf dem Weg in die Küche, als Erlendur sie bat zu bleiben.
    Er ging auf sie zu, und sie wich zwei Schritte zurück.
    »Es ist alles in Ordnung, nun hat es ein Ende«, sagte Erlendur.
    »Was? Ein Ende?«, sagte die Frau und blickte hilfesuchend zu ihrem Ehemann, aber

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