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Fruehling

Fruehling

Titel: Fruehling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Maria Rilke
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Liebestagen hinzuführen.
    Werke V (Worpswede), 121-123
    B ewegt von altem griechischem Blut, von orientalischen Sinnen restlos und gleichzeitig bedient, riß dieses Herz schon die Kindheit, die ganz nahe herankommt, so leidenschaftlich in sich hinein, wurde schon von den frühen Bildern der Landschaften Savoyens und der Ile-de-France zu so großer Glücks- und Leidensmöglichkeit ausgedehnt, daß kein Schicksal mehr es je hätte füllen können. Die Jahreszeiten traten bei ihm ein, vorsichtig erst, denn sie waren nicht mehr gewohnt, ein Herz so offen zu finden. Aber bald halten sich die Frühlinge nicht zurück in seinem seligen Klima und wachsen zu dichten Sommern an und lassen nichts draußen, und breiten sich aus auf der Insel dieses Herzens; sie führen auf ihr die kleinen Kräuter ein und die vollen Blumen, die Obstbäume und die willigen Gemüse, Salbei und Minze und Melisse und alle die Minoriten des niederen Blühens. Uralte Pflanzen: den duftenden Kerbel, Eppich, Quendel und Lattich, Borretsch und Thymian, Epheu, Vinca und Klee. Und das mutige Herz hält sich immer noch offen und nimmt Rosen und Rosen herein, die seltenen Arten und ihren reichen Geruch; Myrte und Granatapfel haben Raum, Klematis, Orange und Lorbeer, Safran und Bisamzitrone und der scharfe japanische Kampferbaum: dieses
Herz ist südlich genug. Schmetterlinge werden mit hineingerissen, und die Vögel bringen den Himmel mit und der Himmel die Sonne.
    Und nun begreift man, daß aus diesem Innern Lieder kommen müssen, Tag und Nacht; denn in ein Herz verpflanzt, hat das alles Stimme bekommen und redet untereinander und flüstert und ruft hinaus. Aber mit seiner Wortwerdung verliert es zugleich die einseitige Seligkeit des bloßen Seins. Draußen ist Werden und Anwachsen und Vergehen gleich gut; in einem Herzen aber wird es von selbst Glück und Sorge. Und da diese furchtlose Liebende zu sich kommt, findet sie in sich beides zu groß; die Welt, die sie sich zugemutet hat, übersteigt den Widerstand ihres zarten einzelnen Lebens, und sie müßte ihrem Innern erliegen, stünde nicht in ihr eine Seele auf, mutiger noch als ihr Herz.
    Taxis II (28. 12. 1909), 892 f.
    W eißt du noch: fallende Sterne, die
quer wie Pferde durch die Himmel sprangen
über plötzlich hingehaltne Stangen
unsrer Wünsche – hatten wir so viele? –
denn es sprangen Sterne, ungezählt;
fast ein jeder Aufblick war vermählt
mit dem raschen Wagnis ihrer Spiele,
und das Herz empfand sich als ein Ganzes
unter diesen Trümmern ihres Glanzes
und war heil, als überstünd es sie!
    Werke II , 164
    E s giebt so viele Dinge, von denen ein alter Mann einem erzählten müßte, solange man klein ist; denn wenn man erwachsen ist wäre es selbstverständlich, sie zu kennen. Da sind die Sternenhimmel, und ich weiß nicht, was die Menschen über sie schon erfahren haben, ja, nichteinmal die Anordnung der Sterne kenne ich. Und so ist es mit den Blumen, mit den Tieren, mit den einfachsten Gesetzen, die da und dort wirksam sind und durch die Welt gehen mit ein paar Schritten von Anfang nach Ende. Wie Leben entsteht, wie es wirkt in den geringen Wesen, wie es sich verzweigt und ausbreitet, wie Leben blüht, wie es trägt: alles das zu lernen verlangt mich. Durch Teilnahme an alledem mich fester an die Wirklichkeit zu binden, die mich so oft verleugnet, – dazusein , nicht nur dem Gefühle, sondern auch dem Wissen nach, immer und immer, das ist es glaube ich, was ich brauche um sicherer zu werden und weniger heimatlos. Du fühlst, daß ich nicht Wissenschaften will, denn es gehört ein Leben für eine jede und keines reicht aus für ihren Anfang; aber aufhören möchte ich, ein Ausgeschlossener zu sein, einer der die tiefere Zeitung seiner Zeit, die weiter hinausweist und zurückreicht, nicht lesen kann, ein Gefangener, der alles ahnt, aber die kleine Gewißheit nicht hat ob jetzt gerade Tag oder Abend ist, Frühling oder Winter. Ich möchte irgendwo wo man das kann, das lernen, was ich wahrscheinlich wüßte, wenn ich auf dem Lande und bei wesentlicheren Menschen hätte aufwachsen dürfen und das, was eine unpersönliche und hastige Schule mir zu sagen versäumt hat und das andere, was seither gefunden und erkannt worden ist und dazu gehört. Nicht Kunstgeschichte und andere Geschichte, nicht das Wesen philosophischer Systeme möchte ich kennen lernen, – nur ein paar große und einfache Gewißheiten, die für alle da sind, möchte ich mir holen und verdienen dürfen; ein paar Fragen
möchte

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