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Fruehling

Fruehling

Titel: Fruehling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Maria Rilke
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Christ,
du Kinderkönig, der du bist, –
ich bin allein: mein Alles ist
entgegen dir gegangen.
    Du Mai, vor deinen Mienen
sieh mich bereit, die Arme weit:
dein Unmut, deine Zögerzeit,
dein Mut und deine Müdigkeit
hat alles Raum in ihnen …
    Werke I , 152
    I ch liebe dich, du sanftestes Gesetz,
an dem wir reiften, da wir mit ihm rangen; du großes
Heimweh, das wir nicht bezwangen,
du Wald, aus dem wir nie hinausgegangen,
du Lied, das wir mit jedem Schweigen sangen,
du dunkles Netz,
darin sich flüchtend die Gefühle fangen.
    Du hast dich so unendlich groß begonnen
an jenem Tage, da du uns begannst, –
und wir sind so gereift in deinen Sonnen,

so breit geworden und so tief gepflanzt,
daß du in Menschen, Engeln und Madonnen
dich ruhend jetzt vollenden kannst.
    Laß deine Hand am Hang der Himmel ruhn
und dulde stumm, was wir dir dunkel tun.
    Werke I , 268
    E s ist gleichgültig, was man als sehr junger Mensch schreibt, ebenso wie es fast gleichgültig ist, was man sonst unternimmt. Die scheinbar nutzlosesten Zerstreuungen können ein Vorwand innerer Sammlung sein; ja, sie können sogar von der Natur instinktiv ergriffen werden, um die kontrollierende Beobachtung und Aufmerksamkeit eines neugierigen Intellektes von seelischen Vorgängen wegzulenken, denen daran liegt, unerkannt zu bleiben. Man darf alles tun, dies allein entspricht der ganzen Breite, die das Leben hat. Aber man muß sicher sein, es nicht aus Opposition auf sich zu nehmen, aus Trotz gegen hindernde Umstände oder, im Gedanken an andere, aus irgendwelchem Ehrgeiz. Man muß sicher sein, aus Lust, aus Kraft, Mut oder Übermut zu handeln: so handeln zu müssen .
    Es ist mir später oft aufgefallen, wie sehr die Kunst eine Sache des Gewissens ist. Nichts braucht man so sehr in künstlerischer Arbeit wie das Gewissen: es ist der einzige Maßstab. (Die Kritik ist keiner, und auch die außerhalb der Kritik sich bewegende Zustimmung oder Ablehnung anderer darf nur ganz selten, unter nicht zu verwechselnden Bedingungen, Einfluß gewinnen.) Darum ist es sehr wichtig, in jenen frühen Jahren das Gewissen nicht zu mißbrauchen, nicht hart zu werden an der Stelle, auf der es liegt. Es muß leicht bleiben bei allem; man darf es ebenso
wenig fühlen wie irgendein inneres, unserem Willen entzogenes Organ. Den leisesten Druck aber, der von ihm ausgeht, muß man beachten, sonst verliert die Waage, auf der man später jedes zu schreibende Vers-Wort wird prüfen müssen, ihre äußerste Beweglichkeit.
    Briefe I (Herrn von W., 21. 10. 1907), 212 f.
    FRÜHER APOLLO
    W ie manches Mal durch das noch unbelaubte
Gezweig ein Morgen durchsieht,
der schon ganz im Frühling ist: so ist in seinem Haupte
nichts was verhindern könnte, daß der Glanz
    aller Gedichte uns fast tödlich träfe;
denn noch kein Schatten ist in seinem Schaun,
zu kühl für Lorbeer sind noch seine Schläfe
und später erst wird aus den Augenbraun
    hochstämmig sich der Rosengarten heben,
aus welchem Blätter, einzeln, ausgelöst
hintreiben werden auf des Mundes Beben,
    der jetzt noch still ist, niegebraucht und blinkend
und nur mit seinem Lächeln etwas trinkend
als würde ihm sein Singen eingeflößt.
    Werke I , 481
    J unger Mensch irgendwo, in dem etwas aufsteigt, was ihn erschauern macht, nütz es, daß dich keiner kennt. Und wenn sie dir widersprechen, die dich für nichts nehmen,
und wenn sie dich ganz aufgeben, die, mit denen du umgehst, und wenn sie dich ausrotten wollen, um deiner lieben Gedanken willen, was ist diese deutliche Gefahr, die dich zusammenhält in dir, gegen die listige Feindschaft später des Ruhms, die dich unschädlich macht, indem sie dich ausstreut.
    Bitte keinen, daß er von dir spräche, nicht einmal verächtlich. Und wenn die Zeit geht und du merkst, wie dein Name herumkommt unter den Leuten, nimm ihn nicht ernster als alles, was du in ihrem Munde findest. Denk: er ist schlecht geworden, und tu ihn ab. Nimm einen andern an, irgendeinen, damit Gott dich rufen kann in der Nacht. Und verbirg ihn vor allen.
    Werke VI (Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge), 782 f.
    C lara Rilke, meine Frau, wird bald von hier fortgehen (wahrscheinlich noch vor mir) und versuchen, auf dem Lande in der Nähe von Bremen (von wo sie Schüler und Schülerinnen und Porträtaufträge am Leichtesten bekommen kann) für sich zu leben und für die Arbeit, zu der sie berufen ist. – Die kleine Ruth, unsere liebe Tochter, bleibt noch bei den Eltern meiner Frau auf dem stillen Landgut, wo ihr Leben

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