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Fruehling

Fruehling

Titel: Fruehling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Maria Rilke
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ich tun dürfen, Fragen wie Kinder sie tun, zusammenhanglos für den Außenstehenden, aber voll Familienähnlichkeit für mich, der ich ihre Geburt und Abstammung kenne bis ins zehnte Glied.
    Andreas-Salomé (12. 5. 1904), 161-163
    D ies überstanden haben: auch das Glück
freudig bestanden haben, still und gründlich.
Bald war die Prüfung stumm, bald war sie mündlich.
Wer schaute nicht verwundert her zurück?
    Gekonnt hats keiner, denn das Leben währt,
weils keiner konnte. – Aber der Versuche
Unendlichkeit. Das neue Grün der Buche
ist nicht so neu, wie was uns widerfährt.
    Waldtaube gurrt. Und wieder scheint dir ach
was du erlittest, wie noch unerlitten.
Der Vogel ruft. Du bist inmitten
des Vogelrufs. Zugleich erwacht und schwach.
    Werke II , 463
    LIEBESANFANG
    O Lächeln, erstes Lächeln, unser Lächeln.
Wie war das Eines: Duft der Linden atmen,
Parkstille hören –, plötzlich in einander
aufschaun und staunen bis heran ans Lächeln.
    In diesem Lächeln war Erinnerung
an einen Hasen, der da eben drüben

im Rasen spielte; dieses war die Kindheit
des Lächelns. Ernster schon war ihm des Schwanes
Bewegung eingegeben, den wir später
den Weiher teilen sahen in zwei Hälften
lautlosen Abends. – Und der Wipfel Ränder
gegen den reinen, freien, ganz schon künftig
nächtigen Himmel hatten diesem Lächeln
Ränder gezogen gegen die entzückte
Zukunft im Antlitz.
    Werke II , 99 f.
    N och fast gleichgültig ist dieses Mit-dir-sein …
Doch über ein Jahr schon, Erwachsenere, kann es vielleicht dem Einen, 
der dich gewahrt, unendlich bedeuten:
Mit dir sein!
    Ist Zeit nichts? Auf einmal kommt doch durch sie
dein Wunder. Daß diese Arme,
gestern dir selber fast lästig, einem,
den du nicht kennst, plötzlich Heimat
versprechen, die er nicht kannte. Heimat und Zukunft.
    Daß er zu ihnen, wie nach Sankt-Jago di Compostella,
den härtesten Weg gehen will, lange,
alles verlassend. Daß ihn schon die Richtung
zu dir ergreift. Allein schon die Richtung
scheint ihm das Meiste. Er wagt kaum,
jemals ein Herz zu enthalten, das ankommt.
    Gewölbter auf einmal, verdrängt deine heitere Brust
ein wenig mehr Mailuft: dies wird sein Atem sein,
dieses Verdrängte, das nach dir duftet.
    Werke II , 165 f.
    DER DUFT
    W er bist du, Unbegreiflicher: du Geist,
wie weißt du mich von wo und wann zu finden,
der du das Innere (wie ein Erblinden)
so innig machst, daß es sich schließt und kreist.
Der Liebende, der eine an sich reißt,
hat sie nicht nah; nur du allein bist Nähe.
Wen hast du nicht durchtränkt als ob du jähe
die Farbe seiner Augen seist.
    Ach, wer Musik in einem Spiegel sähe,
der sähe dich und wüßte, wie du heißst.
    Werke II , 29
    W ill dir den Frühling zeigen,
der hundert Wunder hat.
Der Frühling ist waldeigen
und kommt nicht in die Stadt.
    Nur die weit aus den kalten
Gassen zu zweien gehn
und sich bei den Händen halten –
dürfen ihn einmal sehen.
    Werke I , 126
    D u, der ichs nicht sage, daß ich bei Nacht
weinend liege,
deren Wesen mich müde macht
wie eine Wiege.
Du, die mir nicht sagt, wenn sie wacht
meinetwillen:
wie, wenn wir diese Pracht
ohne zu stillen
in uns ertrügen?
– – – – – –
Sieh dir die Liebenden an,
wenn erst das Bekennen begann,
wie bald sie lügen.
– – – – – –
Du machst mich allein. Dich einzig kann ich vertauschen.
Eine Weile bist dus, dann wieder ist es das Rauschen,
oder es ist ein Duft ohne Rest.
Ach, in den Armen hab ich sie alle verloren,
du nur, du wirst immer wieder geboren:
weil ich niemals dich anhielt, halt ich dich fest.
    Werke VI (Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge), 936
    D u im Voraus
verlorne Geliebte, Nimmergekommene,
nicht weiß ich, welche Töne dir lieb sind.
Nicht mehr versuch ich, dich, wenn das Kommende wogt,
zu erkennen. Alle die großen
Bilder in mir, im Fernen erfahrene Landschaft,
Städte und Türme und Brücken und un-
vermutete Wendung der Wege
und das Gewaltige jener von Göttern
einst durchwachsenen Länder:

steigt zur Bedeutung in mir
deiner, Entgehende, an.
    Ach, die Gärten bist du,
ach, ich sah sie mit solcher
Hoffnung. Ein offenes Fenster
im Landhaus –, und du tratest beinahe
mir nachdenklich heran. Gassen fand ich, –
du warst sie gerade gegangen,
und die Spiegel manchmal der Läden der Händler
waren noch schwindlich von dir und gaben erschrocken
mein zu plötzliches Bild. – Wer weiß, ob derselbe
Vogel nicht hinklang durch uns
gestern, einzeln, im Abend?
    Werke II , 79
    H ier treiben die Büsche und Bäume, nicht mehr

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