Frühlingserwachen (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
davonliefen als Arrow ihre Hand nach ihnen ausstreckte.
„Du kannst auch Trauben oder Beeren bekommen, wenn du möchtest“, kicherte Perseis. „Unter dem Begriff Früchte versteht man unter dem Meer etwas anderes als an der Oberfläche.“
Erleichtert schob Arrow den goldenen Teller von sich weg. „Wenn das ginge, wäre ich ausgesprochen dankbar.“
Eine Weile später hatte sich die ganze Atmosphäre deutlich entspannt. Arrows Unbehagen war wie eine Last von ihren Schultern gefallen. Ihre Befürchtungen, dass die Göttin ihr möglicherweise nicht wohl gesonnen sein könnte, entpuppten sich als unbegründet.
„Mir ist nicht entgangen, was mit den Urkräften geschehen ist“, sagte Perseis betrübt. „Und ich sehe es auch so, dass niemand davon erfahren darf – jedenfalls solange nicht, wie es sich verbergen lässt.“
Arrow nickte zustimmend. „Nicht auszudenken, wie die Bewohner dieser Welt reagieren, wenn sie erneut feststellen müssen, die wieder gewonnene Freiheit abermals verloren zu haben.“
„Es würde sie zerstören. So viele Jahre haben sie im ewigen Winter gelebt. Nachdem der Sommer endlich zu ihnen zurück gekehrt ist, würden sie kein zweites Mal so geduldig verharren. Dieses Mal ist es ja nicht so, dass der ewige Winter eine ungewisse Gefahr darstellt. Die Wesen hier wissen, was sie entbehren müssen, und dass es allein den Nyriden obliegt, einen Ausweg zu finden.“
„Sie würden mich jagen“, sagte Arrow niedergeschlagen.
„Das tun sie jetzt schon“, entgegnete die Göttin. Und natürlich lag sie damit richtig. Trotzdem bereitete es Arrow großes Unbehagen, in die Zukunft zu blicken, denn sie fühlte sich verantwortlich. Und obwohl dies eine große Bürde war, machte es diese Tatsache auch gleichzeitig erträglicher. Was hatte es ihr genützt, sich gegen all das zu sträuben, was ihr ohnehin von Geburt an vorbestimmt war? Es hat die Sache nur schwieriger und trostloser werden lassen. Vor allem aber hatte es alles hinausgezögert – zwar unwesentlich, aber dennoch unnötig. Deshalb war es an einem bestimmten Punkt auch nicht mehr wichtig gewesen, ob das traurige Schicksal dieser Welt nun ihr Verschulden war oder nicht. Für Arrow stand nur noch fest, dass ein Leben in Angst und Bange nicht mehr in Frage kam. Es musste gehandelt werden, und sie würde einen Teufel tun und Hunderte von Jahren darauf warten, dass jemand anderes entscheiden würde, diesen Weg zu gehen. Außerdem hatte sie zusammen mit ihrer Familie und ihren Freunden schon so viel erreicht. Immerhin hatte es wieder einen Sommer gegeben. Die Leute hatten Aufgaben, die sie aufblühen ließen. Bauern bestellten die Felder und Hirten trieben ihre Schafe und deren kleine Nachkommen auf die Weide hinaus. Vor allem aber gab es seit dem Sommer endlich wieder Nachkommen und diese galt es jetzt zu versorgen.
Verständnislos schüttelte Arrow den Kopf. „Ich weiß einfach nicht, wie so etwas passieren konnte. Es fühlt sich an wie ein Fluch. Zum ersten Mal seit hunderten von Jahren schien es, als hätten wir den Bann gebrochen, und plötzlich – in einem kleinen unaufmerksamen Moment – geschieht etwas, das uns um Meilen zurückwirft. Wie kann das sein?“
Mitfühlend ergriff Perseis Arrows Hand. „Ihr hättet nichts tun können, um das Geschehene zu verhindern. Dieses Mal sind ganz andere Mächte im Spiel – Mächte, von denen selbst ich niemals gedacht hätte, dass sie sich mit einer solchen Angelegenheit befassen. Du musst sehr vorsichtig sein, denn der Feind, dem du gegenüber treten wirst, ist kein greifbarer Gegner. Du kannst ihn nicht töten, denn ohne ihn kann diese Welt nicht sein. Ohne ihn können überhaupt keine Welten existieren. Dessen musst du dir bewusst sein. Finde dich damit ab, dass es dein höchster Triumph sein wird, ihn im besten Fall zu bezwingen. Das ist von größter Wichtigkeit.“
Arrows Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. „Wie meinst du das?“
„Du musst das anwenden, was du in der Weltenbibliothek gelernt hast. Du darfst es nie vergessen!“
Und bevor sich die Göttin von ihr abwenden konnte, hielt Arrow sie zurück. „Was für einen Gegner habe ich in der Unterwelt zu erwarten?“, fragte Arrow mit Nachdruck. „Bitte Perseis, wenn du seinen Namen kennst, dann nenn ihn mir.“
„Das kann ich nicht“, antwortete sie. „Die Zeit dafür ist noch nicht gekommen und es gehört zur Lösung deiner Aufgabe, ihn zu erkennen, wenn er vor dir steht. Außerdem wirst du niemals einen
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