Frühlingserwachen (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
Auf der Wasseroberfläche tanzten zahlreiche Seerosen zwischen den leichten Wellen, die Arrow verursachte.
Viele Kübel standen am steinernen Ufer, deren farbenfrohe Blumen diesem einsamen Ort einen paradiesischen Anblick verliehen. Salzkristalle hingen wie Tautropfen an den Blüten. Regenbogenfische – ob klein wie eine Faust oder groß wie ein Rind – schwammen durch die Luft und glitten dann nahtlos ins Wasser, um ihren Weg dort fortzusetzen.
Seit ihrer Ankunft in dieser Welt hatte Arrow schon so viele wundersame Dinge erlebt, dass sie der Annahme verfallen war, nichts könne sie mehr zum Staunen bringen. Nun aber erkannte sie diesen Irrtum und betrachtete voller Ehrfurcht diesen zauberhaften Ort. Die Luft war angenehm, als sie aus dem Wasser stieg, und der steinerne Boden fühlte sich ganz warm an. Die leuchtenden Kristalle hingen in zahlreichen Stalaktiten von der Decke und schmückten die Wände wie ein riesiges Mosaik. Indem sie die tanzenden Wellen reflektierten, ließen sie die Höhle regelrecht funkeln.
An weißen Marmorsäulen rankten Klettergewächse empor und steinerne Wesen verharrten bewegungslos wie in einem Garten. Vor gar nicht allzu langer Zeit hätte Arrow in ihnen lediglich Statuen gesehen. Mittlerweile wusste sie allerdings, dass es sich bei ihnen um Gargoyles handelte, die im leuchtenden Schein der Kristalle neue Energie tankten. Wie bei allen Geschöpfen, die es verstanden, ihre Identität vor den Augen Unwissender so geschickt zu tarnen. wie es die Gargoyles taten, verrieten sich auch diese Wesen durch ein ganz bestimmtes klitzekleines Indiz – ein stahlblaues Aufblitzen in ihren Augen. Aber das war natürlich nur für jene sichtbar, die darum wussten. Alle anderen erkannten darin lediglich die Verarbeitung eines besonders mineralhaltigen Gebirgssteins.
Staunend wandelte Arrow durch den unterirdischen Garten. Überall schlängelten sich kleine Bachläufe durch die Höhle, aus denen gelegentlich kleine Fische auftauchten und frühlingshafte Liedchen zwitscherten. Fackeln loderten an den Wänden und nur wenige Schritte entfernt erblickte Arrow einen Springbrunnen, vor dem drei Löwinnen ruhten. Eine schöne Frau badete im Wasser des Brunnens und rieb ihren Körper mit einer nach Rosen duftenden Flüssigkeit ein. Ihr langes, rotes Haar hing in wallenden Locken über den Brunnenrand. Kleine Flammen züngelten darin, doch es schien ein Teil von ihr zu sein, denn das Feuer blieb vollkommen unbeachtet, während sie ein lieblich klingendes Liedchen summte. Die Frau war so anmutig, dass Arrow bei ihrem Anblick sofort an die Grüne Lady denken musste. Äußerlich hatten die beiden Frauen rein gar nichts miteinander gemein. Doch bei der ersten Begegnung mit Elaine war es das gleiche Ehrfurcht einflößende Gefühl gewesen wie jetzt.
Als Perseis Arrow erblickte, verstummte das Summen. „Du hast mich also gefunden“, sagte die Göttin mit einer derart wärmenden Stimme, dass Arrow auf Anhieb gefesselt war.
Perseis lächelte und auch dies war eben das gleiche Lächeln, mit dem Elaine sie einst so sehr verzaubert hatte.
„Was ist?“, fragte Perseis umwerfend charmant. „Hat es dir die Sprache verschlagen?“
Völlig verlegen bemerkte Arrow, dass sie die ganze Zeit die Luft angehalten hatte. In dem Versuch, sich zu entspannen, erwiderte sie Perseis‘ Lächeln und rang einen Moment nach Atem, nur um anschließend zu bemerken, dass sie sich erneut verkrampfte. Eigentlich war es nicht so, dass sie sich unwohl fühlte, trotzdem empfand sie die besondere Ehre, von einer Göttin empfangen und noch dazu auf eine derart freundliche Weise begrüßt zu werden, als ein leichtes Unbehagen.
Feuer tanzte über Perseis‘ karamellfarbene Augen – wie bei einem Opal. Sie wirkte überaus ausgeglichen und blühend. Sie war keine der Göttinnen, die nur aus Haut und Knochen bestanden. Allerdings war sie auch nicht beleibt. Sie sah einfach nur schön und gesund aus.
„Komm und geselle dich zu mir“, sagte die Göttin.
Arrow war verlegen. Sie wusste gar nicht, wie sie reagieren sollte. Andererseits war es bestimmt kein guter Start, gleich die erste Aufforderung zu missachten. Und so streifte sie sich die ohnehin durchnässten Kleider ab und stieg zu Perseis in den Brunnen.
Das Wasser war angenehm warm und löste Arrows Verspannungen. Gemütlich lehnte sie sich zurück und beobachtete die Regenbogenfische. Nymphen kämmten Arrows Haar und reichten ihr Saft sowie einen goldenen Teller mit Früchten, die
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