Frühlingserwachen (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
jedoch jedes Mal wie von Zauberhand auf den Boden zurück gestoßen. Als wäre Merlin von einer fremden Macht besessen, wälzte er sich von einer Seite zur anderen.
Hilflos schaute Arrow sich nach den Gargoyles um, doch sie waren nicht zugegen. Sie konnte gar nichts tun. Sie war wie gelähmt, denn sie begriff nicht, was da gerade vor ihren Augen passierte.
Plötzlich nahm der Schimmel Notiz von Arrow und schaute ihr tief in die Augen. Sein Maul formte sich zu einem erschreckend schmierigen Grinsen, und er gab ein Keuchen von sich, dass wie unheilvolles Gelächter klang. „Du…“, kam es aus seinem Maul.
Der Schock saß dermaßen tief, dass Arrow zwei Schritte zurück trat und gar nichts mehr von Whispers Versuchen, Merlin anzugreifen, mitbekam.
„…arrogantes, dummes Ding“, spie der Schimmel aus. „Denkst, dass dein schwarzer Begleiter dich beschützen wird, dass er dein Freund ist und du ihm am Herzen liegst.“ Und mit einem weiteren gehässigen Lachen schaute er den immer noch tobenden Whisper an und schrie: „Dabei ist er nur dein Fährmann auf dem Weg zur Hölle!“
Nur halb nahm Arrow wahr, dass sie an der Schulter angerempelt wurde. Jemand stürmte an ihr vorbei und schrie: „Halte den Rappen zurück!“ Dann verschwand die unsichtbare Barriere, und im letzten Moment erfasste sie die Worte und richtete die Fackel gegen ihren Perseiden. Noch immer sprang Whisper wie wild von einer Seite zur anderen. Offenbar lag es in seiner Absicht, Merlin zu töten.
Arrow konnte nicht sehen, was hinter ihr geschah, doch sobald ein schrilles Heulen ertönte, das sich langsam in der Ferne verlor, wurde Whisper wieder ruhig und wandte sich ab.
Unfähig, sich umzudrehen, verweilte Arrow wie angewurzelt in ihrer Position.
„Alles in Ordnung“, hörte sie die Person sagen. „Er ist noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen.“
Als Arrow sich umdrehte, sah sie, wie Harold neben dem schnell atmenden Merlin kniete und sich die blutverschmierten Hände an einem Stofffetzen abrieb. „Verdammter Nachtmahr!“, fluchte er. „Er hätte gar nicht ins Schloss kommen dürfen!“
„Wird er wieder gesund?“, fragte Arrow mit zitternder Stimme. Wenn sie dazu in der Lage gewesen wäre, hätte sie geweint. Doch in diesem Moment stand sie derart neben sich, dass sie unfähig war, eine normale Reaktion von sich geben zu können.
Harold nickte. „Der Befall war harmlos. Wir haben schnell genug reagiert. Allerdings sollten wir auf der Hut sein. Beim nächsten Mal wird er nicht so glimpflich davon kommen.“
„Beim nächsten Mal?“, fragte Arrow erschrocken.
„Ich habe keine Ahnung, wie dieses Vieh hier rein gekommen ist. Der Schutz gegen diese Art von Dämonen wird regelmäßig geprüft und rund um das gesamte Schloss erneuert. Irgendwo muss es eine undichte Stelle geben, und wenn ein Mahr dieses Schlupfloch findet, wird sie auch vor den anderen nicht verborgen bleiben. Mahre sind klug, aber vor allem sind sie hartnäckig.“
Aus seiner Tasche entnahm Harold eine kleine Dose mit einem schwarzen Puder darin. Eine geringe Menge gab er in seine Handfläche, vermischte es mit Merlins Blut und malte dem Schimmel ein Sternförmiges Hexagramm auf die Stirn. Dann murmelte er einige Worte, die Arrow nicht verstand. Einen Augenblick später war Merlin eingeschlafen.
Als Harold sich Arrow wieder zuwandte, entglitten ihm die Gesichtszüge. Wie in Trance klammerte sich sein Blick auf ihre Füße. Zitternd ging er auf sie zu und hob etwas vom Boden auf. Arrow erschrak. Ihr Medaillon musste sich in dem Durcheinander von selbst geöffnet haben. Schwer atmend reichte Harold ihr die leuchtend gelbe Schlüsselblume und schaute dabei so verstört, dass sie es mit der Angst zu tun bekam.
Eingeschüchtert nahm sie ihm die Blume ab, tat diese in ihr Medaillon zurück und versteckte es wieder unter ihren Kleidern.
Verstört musterte er sie, und einen Augenblick später war er darum bemüht, seine Fassung zurück zu erlangen. „Es ist an der Zeit, dass du dich jetzt schlafen legst“, murmelte er aufgelöst. „Geh nach oben und ruhe dich aus. Wenn sich das Tor heute Abend öffnen sollte, musst du bei Kräften sein.“
„Nein“, entgegnete Arrow nervös. „Ich werde hier bleiben. Ich schlafe bestimmt besser ein, wenn ich in seiner Nähe bin und auf ihn aufpassen kann.“
Langsam ließ sie ihren Blick von Harold zu dem armen Tier schweifen, das direkt vor ihren Augen so knapp dem Tod entronnen war. Plötzlich vergass sie den
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