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Frühlingserwachen (Winterwelt Trilogie) (German Edition)

Frühlingserwachen (Winterwelt Trilogie) (German Edition)

Titel: Frühlingserwachen (Winterwelt Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Stoye
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Versteinerte Wald“, antwortete William. „Es ist ein Ort gequälter Seelen, die nach ihrem Tod keine Ruhe gefunden haben.“
    Während ihre Finger auf dem Baum verweilten, musterte Arrow ihren Begleiter. „Ich hatte immer angenommen, dass diese Seelen an den Holunderwald gebunden sind“, entgegnete sie.
    William nickte. „Gepeinigte, die vor dem für sie bestimmten Todeszeitpunkt auf unnatürliche Weise ihr Leben verloren haben, gelangen dort hin. Doch wenn der Moment gekommen ist, den das Schicksal für sie erwählt hat, müssen sie den Holunderwald verlassen. Die Welt der Sterbenden durchwandern sie dabei nicht mehr, sondern betreten Hels Reich direkt hier, von wo aus sie selbst den Weg nach Walhall oder in die Hölle gehen müssen. Einige von ihnen sind unter der Last, sich entscheiden zu müssen, zugrunde gegangen. Manche haben versucht, einen Weg zurück in die Welt der Lebenden zu finden. Und letzten Endes haben sie alle hier Wurzeln geschlagen und sind somit über die Jahre versteinert.“
    „Willst du damit sagen, dass dies hier keine echten Bäume, sondern reale gepeinigte Seelen sind?“, fragte Arrow ungläubig.
    William nickte und lächelte dabei süffisant. „Wie ich es gerade eben schon gesagt habe.“
    Erschrocken nahm Arrow ihre Hand von dem Stamm und folgte William, der den Weg mit einem verschmitzten Lächeln fortsetzte.
    „Fühlen sie noch etwas?“, fragte Arrow, nachdem sie ihrem Begleiter eine ganze Weile schweigend gefolgt war.
    „Wenn sie es zulassen, können sie Gedanken hören“, erwiderte er. „Überwiegend sind sie aber mit sich selbst beschäftig und versinken so mehr und mehr in Verzweiflung.“
    Ehrfürchtig betrachtete Arrow die Versteinerungen auf ihrem Weg. Die Gesichter sahen dermaßen gequält aus, dass sie glaubte, den Schmerz dieser Seelen selbst fühlen zu können. Sie alle sahen sich sehr ähnlich und waren in Geschlecht und Alter nicht voneinander zu unterscheiden. Aber so war es vermutlich mit Seelen, die ihren Körper zurückgelassen hatten – reine Energien, die sich lediglich durch Erfahrungen und Empfindungen voneinander abhoben.
    Als Arrow aus ihren Gedanken erwachte und ihr Blick auf William haften blieb, fragte sie sich plötzlich, warum sie ihm eigentlich so bedingungslos folgte. Bis auf seinen Namen wusste sie nichts über ihn. Weder hatte sie eine Ahnung, woher er kam oder wer er war, noch wusste sie, welche Absichten er hegte. Aber hatte sie eine andere Wahl? Die beiden Karten von Perseis waren nie dafür bestimmt gewesen, sie direkt zu Keylam zu führen. Sie bezweckten lediglich, das Tor zu öffnen. Zweifellos war das gelungen, doch woher sollte Arrow wissen, dass sie auf dem richtigen Weg war?
    Sobald William einen der Bäume streifte und dieser sich kaum merklich schüttelte, ging es Arrow plötzlich durch Mark und Bein. Während sie von der Fratze angestarrt wurde, formte diese die tonlosen Worte „Traue ihm nicht“ mit ihren Lippen.
    Entgeistert ließ Arrow die Laterne fallen. Schnell machte William kehrt und musterte sie betroffen. „Ist alles in Ordnung?“
    Arrow betrachtete ihn ängstlichen Blickes. Mit großer Überwindung gelang es ihr, sich wieder zu fassen und die unbeschädigte Laterne aufzuheben. „Alles bestens“, erwiderte sie gespielt zuversichtlich. „Ich bin nur gestolpert.“
    Als sie den Weg fortsetzten, bestand William darauf, neben ihr zu gehen. Er sagte, dass dies sicherer sei und anderenfalls die Gefahr bestünde, dass sie sich aus den Augen verlieren könnten. Arrow war gar nicht wohl dabei. Der Baum hatte sie gewarnt und William kam ihr ohnehin nicht ganz geheuer vor. Aber vielleicht hatte sie bezüglich der Warnung auch einfach nur halluziniert und tat ihrem Begleiter Unrecht. Immerhin hatte er ihr geholfen, in die Unterwelt zu gelangen, und war bislang stets freundlich und zuvorkommend aufgetreten. Aber was bedeutete das schon? Es sagte rein gar nichts über seine Absichten aus. Vielleicht würde es helfen, wenn Arrow abwartete und schaute, was die Zeit brachte. Andererseits könnte es das Verfahren der Erkenntnis auch beschleunigen, wenn sie ihm einige Fragen stellte.
    „Erzähle mir etwas über dich“, bat sie ganz beiläufig.
    William lächelte charmant. „Du unternimmst eine Wanderung quer durch das Totenreich und möchtest dich dabei unterhalten?“
    „Warum nicht?“, fragte sie. „Es könnte die Reise weniger trostlos gestalten.“
    „Hast du etwa Angst?“
    „Nun ja“, entgegnete Arrow mit Nachdruck,

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