Frühlingserwachen (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
das?“
Ungehalten wandte sie sich ihm wieder zu und antwortete: „Jeder meiner Fragen weichst du aus. Und ich weiß auch gar nicht, ob ich dir überhaupt trauen kann. Ich will dich kennen lernen, doch du gibst mir gar keine Chance dazu.“
Williams Augen verengten sich. Er wirkte, als wäre er ertappt worden. Beschwichtigend legte er seine Hände auf Arrows Schultern und schaute ihr tief in die Augen. „Aber wir kennen uns doch schon seit Jahren“, entgegnete er sanft. „Vielleicht war es dir nicht immer bewusst, doch ich war stets an deiner Seite. Ich kenne all deine Gedanken, deine Wünsche und deine Ängste.“
Zögerlich schaute Arrow ihm in die Augen, welche so klar und voller Unschuld leuchteten. Irgendetwas tief in ihrem Inneren sagte ihr, dass sie ihm glauben konnte. Nur wie weit dieser Glaube gehen konnte, erschloss sich ihr nicht. Aber allein das war schon kein besonders gutes Zeichen. Wie konnte man nur dermaßen zwischen Vertrauen und Misstrauen hin und her gerissen sein? Das war ihr vorher noch nie passiert. Es hatte immer eine gewisse Tendenz gegeben, die sie bisher stets gut geleitet hatte. Doch so ein Mittelding war ihr gänzlich fremd.
„Dieser Ort hier verändert die Leute“, redete William weiter auf sie ein. „Man vergisst Dinge und Gedanken verschwimmen. Tief in deinem Herzen weißt du, dass du mich kennst – viel besser als jeder Andere und viel besser, als ich mich selbst kenne.“
Schweigend musterte Arrow ihn. Was er sagte, klang einleuchtend, und trotzdem stimmte etwas nicht. Sie konnte es fühlen, wusste, dass es eine Lüge war. Doch ihr blieb keine Zeit, um ihm weitere Fragen zu stellen, denn sie hatten Gesellschaft bekommen.
Ein riesiger dunkler Schatten näherte sich zwischen den Bäumen und es roch muffig – wie nach nassem Hund.
„Ist das mein Gegner?“, fragte Arrow mit zitternder Stimme.
„Eigentlich nicht“, erwiderte William nicht weniger ängstlich.
„Und was machen wir jetzt?
„Keine Ahnung. Ich überlege mir was. Bis dahin sollten wir laufen.“
„Und wohin?“, fragte Arrow fast panisch. Doch William brauchte nicht zu antworten, denn als der Hund zu knurren begann, ging es nicht mehr um das Ziel des Weges, sondern nur noch ums Überleben. Und so rannten sie, so schnell ihre Beine sie tragen konnten, davon.
Arrow wollte sich in einen Wirbelsturm verwandeln, doch aus ihr unerfindlichen Gründen funktionierte es nicht. Vielleicht lag es daran, dass sie sich nicht ausreichend konzentrierte, oder aber sie konnte sich in dieser Welt gar nicht verwandeln.
Als sie sich umsah, bemerkte sie, dass der Hund ihr dicht auf den Fersen war. Er war unglaublich groß. Sein Körper hatte ähnliche Ausmaße wie die von Whisper. Das machte ihn auch noch besonders schnell und er hatte mit Sicherheit eine gute Ausdauer. Ihr einziger Vorteil war, dass der Versteinerte Wald so dicht war. Der Hund passte zwar zwischen den Bäumen hindurch, konnte sich aber nicht so flink bewegen wie auf unbewachsenem Gelände. Vielmehr schlich er schnell um die Stämme herum, während Arrow lief, was das Zeug hielt.
Als sie wieder nach vorne blickte, war ihr Begleiter plötzlich verschwunden. „William?“, rief sie keuchend, doch er antwortete nicht. Erst als sie wiederholt seinen Namen rief, reagierte er irgendwann.
„Ich bin hier drüben!“
„Ich kann dich nicht sehen!“
„Folge meiner Stimme! Ich habe einen Plan!“
Und so kam sie Williams Aufforderung nach und lief – in der Hoffnung, dass er schnell handeln würde – seiner Stimme mit letzter Kraft entgegen.
„In Ordnung, das sieht gut aus!“, rief William. „Lass ihn dich jetzt in einem engen Kreis jagen und schlage eine andere Richtung ein, sobald ich es sage!“
Arrow lief ohne nachzudenken immer weiter. Sie wusste, dass dies das Ende ihrer Reise bedeutete, wenn sie jetzt scheitern würde. Allmählich verschwammen die Bäume vor ihren Augen. Nun konnte es nicht mehr lange dauern, bis sie vor Erschöpfung zusammenbrechen würde.
„Jetzt!“, brülle William aus dem Nirgendwo und Arrow verließ den Kreis mit einem letzten großen Sprung. Dann ertöne ein Winseln, gefolgt von einem dumpfen Knall.
Der Sprung hatte Arrow zu Fall gebracht. Heftig nach Atem ringend lag sie am Boden und nahm kaum noch etwas von der Umgebung wahr. Für einen kurzen Moment wurde ihr schwarz vor Augen. Sie drehte sich auf den Rücken und schaute in die Unendlichkeit. An diesem Ort gab es weder Sonne noch Mond oder Sterne. Aber genauso
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