Frühlingserwachen (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
daran so komisch sein sollte“, sagte sie beklommen. „Immerhin hat sie gerade vor unseren Augen die magische Fessel Gleipnir zerstört, von der es heißt, dass nicht einmal der mächtige Fenriswolf selbst über sie triumphieren könne.“
„Acedia, du bist ein Trottel!“, sagte der violett schimmernde Superbia, mit einem roten, gehörnten Begleiter im Schlepptau. „Was das Mädchen um ihren Körper getragen hat, war keineswegs Gleipnir, sondern nur ein ganz gewöhnlicher Faden!“
„Dann sollten wir erst recht Vorsicht walten lassen“, sagte die hellblaue Acedia. „Wer weiß, was sie mit der magischen Fessel angestellt hat. Das Mädchen könnte sie gegen uns verwenden.“
„Wenn du nicht ständig so träge in deiner Ecke sitzen würdest, könntest du sehen, dass der Fenriswolf sie noch immer trägt!“
Der Wolf, der etwa einen halben Meter größer war als Arrow, zupfte an seinem Fell und riss sich mühelos die Fessel vom Körper.
„Da wäre ich nicht so sicher“, entgegnete Arrow triumphierend, als sie in die schockierten Gesichter ihrer Gegner blickte. „Gehe ich richtig in der Annahme, dass ihr alle miteinander verwandt seid? Besonders klug erscheint ihr mir nämlich keiner von euch. Das Trottelige scheint euch gewissermaßen im Blut zu liegen...“
Arrow grinste höhnisch. Sie hatte sich schon immer gefragt, wie es sich wohl anfühlen mochte, seinem Gegner gegenüber mit arroganter Überlegenheit zu begegnen. Jetzt wusste sie es und fand Gefallen daran.
Der Fenriswolf stand dicht hinter ihr und gab ihr Rückendeckung. Während Acedias Zähne vor Angst klapperten und sie sich völlig in den Schutz des Schattens flüchtete, blieben die anderen wie angewurzelt stehen. Sogar die gefräßige Gula bekam in diesem Moment keinen Bissen herunter, obwohl ihr mit Kuchen verschmierter Mund weit geöffnet stand.
„Wie hast du das angestellt?“, fragte der rote Ira mit einer tiefen Donnerstimme.
Unbeeindruckt zuckte Arrow mit den Schultern. „Manchmal erreicht man mit Güte und Vertrauen mehr als mit Angst und Misshandlungen. Aber davon dürftet ihr nicht allzu viel Ahnung haben.“
„Du hast den Fenriswolf befreit?“, grollte Ira aufgebracht. „Hast du überhaupt eine Ahnung, was du damit ausgelöst hast?“
„Ehrlich gesagt ist mir das herzlich egal“, entgegnete Arrow kühn.
„Du törichtes Ding!“, schrie Gula sie an. „Der Fenriswolf kann alle anderen Götter vernichten! Damit würde er die Unterwelt zerstören!“
„Hätte, würde, könnte, sollte“, erwiderte Arrow gelangweilt. „Habt ihr nicht mehr auf Lager als ermüdenden Eventualitäten?“
„Dieses Mädchen“, sagte Invidia betont arrogant, „ist weit weniger schüchtern und hilflos, als es uns zugetragen wurde.“
„Sie hat doch nur so eine große Klappe, weil sie den Fenriswolf im Rücken hat!“, entgegnete Superbia verärgert.
„Kann gut sein“, erwiderte Arrow und ging, mit dem Messer in der Hand, in langsamen Schritten auf ihren violetten Widersacher zu. „Um es kurz zu machen – mich kümmert es ausgesprochen wenig, was mit eurer Welt geschehen könnte, wenn mein guter Freund hier auf die Götter losgehen sollte. Was mich allerdings sehr interessiert, ist mein eigenes Wohlergehen sowie das meiner Welt und meines Volkes, welches sich nicht nur in Gefahr befinden könnte, sondern zum Untergehen verurteilt ist, seitdem ihr Keylam hier gefangen haltet. Und wenn euch etwas an eurem Leben liegt, dann solltet ihr ihn lieber rausrücken. Anderenfalls kann ich nicht länger garantieren, dass der Fenriswolf meinen Bitten weiterhin gehorchen wird.“
„Deine Arroganz ist ebenso so offensichtlich, wie deine Dummheit“, sagte ein gelblich schimmernder Mann, der wohl Avaritia sein musste. „Du kannst uns nicht töten. Niemand kann das. Als deine und alle anderen Welten erschaffen wurden, hat jeder Stein, jeder Baum und jedes Lebewesen einen Teil unsererselbst mit auf den Weg bekommen. Wir waren noch vor dem Anfang da und ein jeder trägt uns in sich – sogar du. Und indem du alle deine negativen Gefühle und Eigenschaften offenbarst und wachsen lässt, machst du uns mächtig!“
Arrow hielt inne. Die Göttin Perseis hatte ihr gesagt, dass sie selbst bestimmen würde, wie mächtig ihre Gegner in der Unterwelt sein würden, und jetzt schien das einen Sinn zu ergeben. Obwohl sie mit diesen Kreaturen sprach, waren sie nicht viel mehr als Schatten, die davon lebten, sich wie Parasiten in jemanden einzupflanzen und von
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